Edit: Noch ein Artikel dazu.Roland von Gilead hat geschrieben: ↑18.10.2022, 08:46Tja, KnowHow abziehen - das Erfolgsmodell der Chinesen. Dürfen ehemalige Militärs das überhaupt, Wissen preisgeben, in der BRD gilt ja das Verschwiegenheitsgesetz nach dem SG...
Edit 2: Ward Caroll (ex US Navy F-14 RIO) hat gerade auch ein interessantes Video und seine Analyse dazu veröffentlicht. Seinen Youtube-Kanal kann ich sowieso nur empfehlen.
Das ist sicherlich in jedem Land und jedem Militär leicht anders geregelt, aber im Prinzip wird es darauf hinauslaufen, dass es streng verboten ist und ernste Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Ich bin da mit der Gesetzgebung in den US-Streitkräfter etwas vertrauter, als mit denen in der Bundeswehr. Das dürfte international aber relativ analog sein: Als Kampfpilot (US und anderswo) hat man mit Material verschiedener Geheimhaltungsstufen zu tun. Manche Handbücher und Dokumentation über die eigenen Fluggeräte und Waffen sind frei zugänglich, andere unterliegen verschiedenen Stufen der militärischen Geheimhaltung. Bei Einsatzvorbereitungen werden halt auch klassifizierte Dokumente und Handbücher aus dem Safe geholt und es gibt in der Staffel dediziert einen, der die Einhaltung der Vorschriften mit diesen Dokumenten täglich prüft und gegenzeichnet. Z.B. wer wann was ausgeliehen und zurückgebracht hat. Geheimdokumente dürften zudem den ausgewiesenen Sicherheitsbereich nicht verlassen. Verstöße gegen die Vorschriften im Umgang mit klassifizierten Materialien ziehen dann fix schwere disziplinarische Strafen nach sich.
Wenn da einer 10 oder 15 Jahre Flugerfahrung auf einem Modell hat, kann der sicherlich irgendwann die komplette NATOPS-Dokumentation (Blue, Yellow, Red, Black - Stufen der Geheimhaltung) seines Fliegers mit Appendix auswendig runter rattern. Ähnliches gilt für die Doku der taktischen Einsatzplanung, die auch sehr nach Schema abläuft. Die unterliegt aber ständigem Feintuning, aber gewisse Prinzipien sind relativ statisch.
Hier scheint es wirklich darum zu gehen, die Chinesen mit taktischen Einsatzverfahren des Westens vertraut zu machen, so dass diese dann die entsprechenden Gegenmaßnahmen und Gegenmanöver entwickeln können. Die NATO hat da gewisse standardisierte Verfahren, die oft von den USA entwickelt wurden und ggf. hat jedes Land halt noch so sein eigenen Feinheiten eingeflochten. Die Luftwaffe hat damals mit ihren MiG-29 zum Beispiel extra Ostblock-Verfahren gelernt, um in Manövern als "Adversary" für die NATO wie Russen zu fliegen. Dabei haben sie dann meistens den Arsch versohlt bekommen. Und dann haben sie mal die bestehenden NATO-Taktiken leicht für die Gegebenheiten und Besonderheiten der MiG-29 umgestrickt und ein US Air Force Colonel sagte nach der Übung in etwa: "Our worst nightmare came true: Germans in MiGs and they kicked our asses!" Bei den Eurofightern ist es ähnlich. Die haben im Vergleich zur z.B. F-15 ein paar Vor- und Nachteile und die Luftwaffe hat auch da ganz eigene "Moves" entwickelt, um diese Vorteile auszunutzen und die Nachteile zu relativieren.
Gerade im Luftkampf mehrere gegen mehrere ist es wichtig, schon frühzeitig den "Move" des Gegners zu erkennen, um dann hat man bessere Chancen, diesen mit der richtigen Maßnahme zu kontern. Nur ein Beispiel: Ein uralter Trick ist halt, bis zu einem gewissen Punkt in enger Formation zu fliegen, um für den Gegner nur ein Radarziel darzustellen. Wenn man dann in etwa weiß, ab welcher Distanz welches Gegner-Radar das in Einzelziele auflösen kann? Dann macht man den "Split" (die Auflösung der Formation) einen Tick vorher und einer oder mehrere fliegen lateral zum Gegner-Kurs, um Radar-Returns zu unterdrücken und tauchen dann plötzlich auf anderem Vektor und/oder Höhe als separates Ziel für den Gegner quasi "aus dem Nichts" wieder auf. Auch frühzeitige BVR-Schüsse lassen sich damit ggf. in die Irre führen. Je nach dem, wie der Gegner dann reagiert, haben die gesplitteten Elemente der eigenen Formation dann mehr Optionen, defensiv oder offensiv auf den Gegner einzuwirken und der hat dann sofort deutliche taktische Nachteile.
Wenn man diese "Spielchen" kennt, kann man entsprechend trainieren und die passenden Taktiken dagegen anwenden. Oder wenn man selbst in Teilaspekten (z.B. Technik oder Mobilität) Überlegenheit hat, kann man diese in neue Gegen-Taktiken einbinden.
Rechtlich gesehen müssen Piloten, die ohne Erlaubnis Streitkräfte im Ausland ausbilden mal mindestens mit Strafen wegen Geheimnisverrat rechnen, bis hin zu Verstößen gegen das Militär- und Zivil-Strafrecht. Ein US-Bürger, der im Dienst eines fremden Militärs steht kann auch die US-Staatsbürgerschaft aberkannt werden. Insbesondere dann, wenn dieser Staat den USA feindlich gesinnt ist.