...über die Gleichschaltung der Medien...

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Yefi
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...über die Gleichschaltung der Medien...

Beitrag von Yefi » 08.07.2012, 22:38

mit Erlaubnis des Autors aus forum.grenzwissen.de kopiert:

Hiermit eröffne ich den Presse-Bashing-Club, weil mir zu den Zuständen in der deutschen Presselandschaft langsam nichts mehr einfällt. Der folgende Screenshot illustriert nach dem Motto "ein Bild sagt mehr als tausend Worte", warum intellektuelle Notwehr in diesem, unserem Lande Gebot der Stunde geworden ist:

Bild

Im Bild der Einlauf der vier Grazien, ein Stilleben des deutschen Qualitätsjournalismus, das - wie man sieht - unter Mitwirkung der Suchmaschine Google heute, am Sonntag dem 8. Juli 2012, um 6:30 entstanden ist.

Gesucht wurde, aufgeschreckt durch eine alarmierende Meldung in Springers Welt, wo es hiess, der Iran drohe mal wieder Israel auszulöschen, und zwar offenbar mittels eigens dafür entwickelter Raketen vom Typ Shahab-3 (ich zitiere: "Iran beweist mit umstrittenen Raketentests Stärke. Kein Tag ohne beunruhigende Nachrichten aus Teheran: Das iranische Regime hat zu Wochenbeginn eine Reihe von Boden-Boden-Raketen getestet. Die so genannte "Shahab 3" kann mit einer Reichweite von bis zu 2000 Kilometer Israel sowie US-amerikanische Basen im Nahen- und Mittleren Osten erreichen."), nach eventuellen Fakten.

Beunruhigt tippte ich "Schahab 3 PressTV" in das Eingabefeld, und erhoffte mir davon, die bedrohliche Meldung im Original aufgelistet zu bekommen. Was ich stattdessen fand, spottet jeder Beschreibung. Vier gleichlautende Artikel, die als jeweils vier Tage alt gekennzeichnet sind, und darunter das Original der darin kolportierten Meldung, immerhin vier Jahre alt, dicht gefolgt von einem Wikipedia-Artikel zur iranischen Rüstung, der die sattsam bekannte Rakete samt technischer Daten enthält.

Nach längerem Suchen fand ich dann auch den PressTV-Artikel zu den diesjährigen Maneuvern der iranischen Streitkräfte, die - wie könnte es anders sein - alljährlich zur selben Zeit stattfinden. Wen wundert, daß Israel darin mit keiner Silbe erwähnt wird, äusserte doch der vom Spiegel zitierte Hossein Salami seine infame Idee, eventuelle Angriffe Israels mit den genannten Raketen beantworten zu können, bereits im Jahre 2008.

Spiegel-Leser wissen mehr, wenn auch manchmal um Jahre verspätet oder Monate zu früh, oder mal nicht oder doch, wenn die Clusterjournalisten mit ihren Vermutungen zu weit daneben schiessen, sodaß sie im Monatstakt ihre Mutmassungen wiederholen müssen, bis sie denn eines Tages auch zufällig stimmen, oder die Redakteure an Altersschwäche versterben.

Immerhin kann der Spiegel die beunruhigten Leser der Welt beruhigen, droht doch in der lustigen Politpostille der Iran den Feinden Israels mit Vergeltung:

Bild

Und immer wenn Du denkst...

http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... aerke.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/i ... 42344.html
http://www.worldministries.org/prophecy ... _iran.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Streitkräf ... tenarsenal
http://edition.presstv.ir/detail/186550.html
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cubi
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Beitrag von cubi » 08.07.2012, 22:56

In was für lustigen Foren du unterwegs bist! :wink:
Ich empfehle dir dringend die DVD "Die Mondverschwörung"! Die Doku kommt zwar auch Online raus, aber ohne die Outtakes! Die sind der eigentliche Hit und erfordern echt harte Nerven!
Das aber nur nebenbei.


Ich verstehe den Post nicht. Geht es darum das Springer behauptet, die Dinger fliegen 2000 km weit und die andern sagen nur 1300? Oder das suggeriert wird, die Dinger sind brandneu? Worüber soll ich mich empören?
cu cubi
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Roland von Gilead
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Beitrag von Roland von Gilead » 09.07.2012, 05:30

schliesse mich cubis letztem Absatz an !?
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Beitrag von Waterhouse » 09.07.2012, 07:31

... dass es sehr gleichgeschaltet anmutet, wenn sämtliche Medien in Deutschland ein riesiges Fass aufmachen, weil vor 4 Jahren eine Mittelstreckenrakete getestet wurde. Das klingt halt sehr nach Kriegspropaganda. Damit sich die Bev. schon mal drauf einstellt, wer die wirklich, wirklich abgrundtief Bösen im nächsten Konflikt sind.
Optimismus ist nur ein Mangel an Information. (Heiner Müller)

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Beitrag von Yefi » 09.07.2012, 09:26

1. 4 gleichlautende, also offenbar mehr oder weniger ungeprüfte Artikel bei 4 großen (online) Medien.
2. Die Meldung ist 4 (!) Jahre alt, suggeriert aber neues. (Die Raketen haben heute wohl rund 2000 km und nicht mehr nur 1300 km Reichweite)
3. Die "Raketentests" sind ein reguläres, jährlich stattfindendes Manöver.


Ich finde sowas bedenklich. Woher soll ICH den wissen, wer da was sagt, was stimmt..., wen alle Medien die selbe Meldung einfach übernehmen. Ohne deren Wahrheitsgehalt zu prüfen.
Wie soll sich da der mündige Bürger denn eine Meinung bilden können?

Da fällt mir spontan ein: "Der Irak hat Massenvernichtungswaffen!"
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Beitrag von [FtN|GT] Bob Sacamano » 09.07.2012, 09:51

Du sagst es ja selbst... hatten wir alles schon und das Prinzip kennen wir.

Operation Mass Appeal
Und hier wird sehr gut erklärt, warum Medien selbst ohne Einfluss der Regierung Propaganga betreiben:
Freedom next time
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Beitrag von JeansJoe » 09.07.2012, 11:33

Solche Meldungen liegen nicht an einer Angleichung der Medien an die Politik sondern einer Angleichung der Medien an die Medien.
Will sagen, Reuters oder DPS hauen Meldungen raus die dann ohne viel zu prüfen abgedruckt werden - von kleinen Zeitungen sogar oft 1:1 kopiert und mit Überschrift versehen werden die dann auch noch Fehler hat.
In Deutschland können wir noch froh sein über unsere Medienlandschaft - im Vergleich zu anderen Ländern stehen wir noch richtig gut da.
Was mir immer wieder aufstößt ist flapsige Berichterstattung in Tagesschau und heute Nachrichten. Da werden oft Informationen ausgelassen, unnötig auf die Tränendrüse gedrückt (teilweise schon Bilder mit Ton untermalt?!!!), brutale Bilder gezeigt um Stimmung zu machen, die Wortwahl ist in seltenen Fällen ein bisschen unüberdacht...
Da wundert man sich noch warum es ein Wort wie "Dönermorde" gab. Aber wurscht. Im Nachhinein warns die Andern und man entschuldigt sich trotzdem mal stellvertretend dafür was die Andern gemacht haben.

In Sachen Syrien, Eurokrise, Iran kann man den Nachrichten sowieso nicht viel glauben. Das sind einfach komplexe Themen die fürs Volk gerne mal in einfachen Schemata in einem Fünfzeiler verpackt werden.
Aber letztendlich - was hab ich denn für einen Einfluss darauf ob im Iran Krieg sein wird? Gar keinen. Auf den Irakkrieg konnte ich auch keinen Einfluss nehmen.
Die Idee die gerne verbreitet wird dass dort sowieso alles Taliban und Terroristen sind reicht dann für die Bildzeitungsleser als Rechtfertigung eines vorweggenommenen Verteidigungskrieges auf fremdem Territorium. Mir reicht das leider nicht als Begründung... und auch nicht dass Israel Angst hat.
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Toska
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Beitrag von Toska » 17.07.2012, 06:17

Ich hab' vor der deutschen Medienlandschaft schon vor Jahren resigniert.

2001 war ich zwei Wochen in England auf einem Lehrgang meines damaligen Arbeitgebers. Da man nach Feierabend dort "nichts zu schippeln" hatte (am Arsch der Welt) schaute man halt TV oder blätterte in den Zeitungen. Egal welche britische Zeitung oder Magazin man las, der Unterschied zu deutschen Medien war frappierend: Britische Truppen waren in Afghanistan und im Irak in Kampfeinsätze verwickelt. Keine Tageszeitung brachte pro Tag weniger als fünf bis sechs Seiten zu dem Thema. Berichte von "embedded journalists", die mit irgend einem Zug auf irgend einer Patroullie waren, Berichte über Versorgungs- und Ausrüstungsmängel der Truppen, politische Analysen, home stories über die Familien der Truppen, Interviews mit Soldaten und vieles mehr.

Da las man dann auch, dass ein in Afghanistan stationiertes britisches Torndado-Geschwader deutsche Austauschpiloten der Bundeswehr hatte und neulich ein BW-Pilot auf dem Rücksitz eines britischen Tornados einen Kampfeinsatz geflogen war, bei dem er als Bombenschütze fungierte und scharfe Waffen einsetze. Der Artikel hatte den passenden Aufmacher "Achtung! A 'Jerry' behind you!" (oder ähnlich) und bezog sich halt drauf, dass der Deutsche hinter einem britischen Piloten im Cockpit saß.

Zur gleichen Zeit waren deutschen Medien Berichte aus Afghanistan höchstens 2-3 Zeiler wert, die irgendwo unter "ferner liefen" rangierten. Größere Aufmacher gab es nur, wenn sich mal wieder hohe Polit-Prominenz auf Werbe-Tour "vor Ort" einfanden, oder es mal wieder laut genug geknallt hatte und man mehr Zinksärge brauchte.

Die britische Berichterstattung ging da wirklich sehr weit. Dem Leser wurde erklärt, welche Einheiten wo im Einsatz sind, wie deren Ausrüstung ist und was der allgemeine Auftrag sei. Auch wie die "Feindlage" vor Ort ist und welche Fortschritte es gab.

Man vergleiche das mal mit der schlicht nicht vorhandenen Berichterstattung deutscher Medien und frage sich, warum es für Deutsche Leser nicht von regelmäßigem Interesse sein soll, was seine "Bürger in Uniform" unter schwierigsten Bedingungen im Ausland leisten? Auch heute - 10 Jahre Später - ist das kein Thema.

Klar, man kann damit argumentieren, dass in D-Land halt oft nur von DPA und anderen Tickern abgeschrieben wird. Das trifft sicherlich oft genug zu. Oder man mit Unterschichten-News und Promi-Stories abgewatscht wird, obwohl es genug andere berichtenswerte News gäbe.

Jedes Nachrichten-Studio oder Redaktion trifft halt jeden Tag eine Auswahl über die Flut der hereinkommenden News und präsentiert uns das, was man für berichtenswert oder "newsworthy" hält. Ich glaube nicht, dass da bewusst zensiert wird, aber leider scheint sich in der deutschen Berichterstattung generell eine "freiwillige Selbstkontrolle" eingeschlichen zu haben, die zu einer erschreckenden Verseichung geführt hat. Liegt sicherlich auch an der zu starken Verquickung von Politik, Werbewirtschaft und den Medien selbst. Kaum einer traut sich, mutiger, frecher oder kritischer zu sein, als gewisse 'Leitmedien'. Und wenn, dann streckt man nur zwischen den Zeilen den Zeh ins heiße Wasser und schaut dann, wie die Reaktion ist, bevor sich mal einer etwas weiter vorwagt. Man könnte ja bei der nächsten Interview-Anfrage an die Politik-Prominez den kürzeren ziehen, beim Presseball ausgeladen werden, oder wichtige Anzeigenkunden verlieren. Im gleichen Maße, wie unsere Politiker 'die Eier verloren haben', sind die auch bei der Presse verschrumpelt. Wir haben halt keinen Wehner oder Franz Josef Strauss mehr in der Politik und auf der Presse-Seite keinen Augstein oder Springer mehr. Nur noch deren weichgespülten Nachwuchs.

Gerade beim 'Sturmgeschütz der Demokratie' (Eigenwerbung 'Der Spiegel') hat es in den letzten 20 Jahren mehrere Paradigmenwechsel geben. Legendäre Skandal-Artikel wie 'Bedingt Einsatzbereit' (über die desolate Lage der Bundeswehr in den 60'ern) oder die Serie über die Starfighter-Verluste wären heute undenkbar. Man müsste sich zwischen zu viele Stühle setzen und der Wille dafür ist eindeutig nicht da. ESFSF und ESM würden genug Aufhänger dafür bieten - ebenso wie so manches andere.

Ich kann mich noch gut an manche Spiegel-Artikel aus den 80'ern und 90'ern erinnern. Es gab eine klare Trennung zwischen gesicherten Fakten, Meinungen und Spekulationen. Dem Leser wurden die Fakten geliefert, damit er sich selbst ein Bild machen konnte und dann erst wurden diese Analysiert und Prognosen oder Spekulationen geliefert. Teilweise war schon die Art und Weise der Präsentation der Fakten meinungsmanipulierend, aber das kann man unter redaktioneller Freiheit abhaken. Heute bekommt man einen schon start gefilterten Mix aus Fakten, die stark manipulativ sind. Meinung und Fazit werden als Fakten deklariert gleich mitgeliefert. Man denke an den Spiegel-Aufmacher vor einigen Wochen, in denen über die (allseits bekannte) nukleare Kapazität der Israelischen U-Boote berichtet wurde. Das war so ein typischer "WTF?"-Artikel, bei dem man sich echt nur fragen kann, was das sollte, zumal zum gleichen Zeitpunkt in Brüssel die Hütte brannte und es von der Seite her genügend anderen Stoff für eine Titel-Story gab.

Bei politischen Parteien weiß man in etwa, wie sie zu gewissen Themen stehen. Bei Medien ist das oft nicht der Fall. Selbst wenn "unabhängig und überparteilich" unter dem Logo steht (wie bei der 'BILD'-Zeitung), so ist das noch keine Garantie, dass dem auch so ist. Aber erkläre mir mal einer, wo mein Haßobjekt 'Der Spiegel' oder andere Medien stehen, wenn es z.B. um die Europa-Politik geht. Berichterstattung zu dem Thema findet nur statt, wenn sich die Staats- und Regierungschefs mal wieder zum Schachern auf einem Gipfel eintreffen. Aber wie die Demokratie in Europa in funktioniert und was im EU-Parlament abgeht, darüber wird generell nur in den seltensten Fällen berichtet, auch wenn die Vorgänge dort und die dort getroffenen Entscheidungen uns alle betreffen. Wenn man dem Pöbel nicht erklärt, was da abgeht (und warum!), dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn er es weder versteht, noch akzeptiert.

Kennt hier jemand 'Nigel Farage' von der Britischen Independence Party UKIP? Nein? Schade. Er hat dutzende der aufsehenserregenden Reden gehalten, die es je im EU-Parlament gab. Warum ist er in Deutschland so unbekannt? Ganz einfach: Er wird von unseren Medien totgeschwiegen. In den USA und Russland und selbst auf Al-Jazeera ist er oft gerngesehener Gast in Talkshows und wird dort als Kenner und Fachmann der EU-Krise geladen und seine sehr offene und kritische Meinung bildet einen starken Gegenpol zum normalen Polit-Sprech der offiziellen Linie.

Sucht man z.B. im Suchindex des Spiegels nach seinem Namen, so findet man fast nichts. Neun Artikel, keiner davon aus diesem Jahr, keiner nach August 2011:

http://www.spiegel.de/suche/index.html? ... iff=Farage

Und das ist trotz - oder gerade WEGEN - Reden wie diesen (http://www.youtube.com/results?search_q ... gel+Farage) nicht berichtenswert? :eek:

Wir reden immer wieder stolz von unserer Pressefreiheit - aber wo und wann werden die wirklich relevanten Fragen in de Medien gestellt oder überhaupt zugelassen? Über den Sinn oder Unsinn der Europäischen Union, über den Euro, die Hintergründe der Globalisierung - über all diese wirklich auf den Nägeln brennenden Schicksalsfragen hat es in den Medien - und damit auch in der Öffentlichkeit - keine große Debatten gegeben. Kann es ein klareres Versagen der Medien geben, als dieses?

Ein deutliches Zeichen dafür sind auch die Foren und Kommentarfunktionen unter den Artikeln der Online-Medien. Sofern man noch Kommentare zulässt, sind diese heftigst moderiert. Und dennoch: Unter jedem Pro-EU oder Pro-EURO Artikel tut man sich schwer, auch nur einen positiven Kommentar zu finden, der an der Politik oder der Berichterstattung darüber ein gutes Haar lässt. Zu Recht, sage ich dazu.

Im gleichen Maß, wie die Politik versagt hat, haben sich die Medien zur Maulhure des Mainstreams gemacht. 'Zensur findet nicht statt' - dafür aber Volksverdummung.

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Beitrag von Herr Rossi » 17.07.2012, 07:39

Alles nicht ganz verkehrt, wobei es mich schon ein wenig wundert, dass du gerade die britischen Medien so positiv darstellst. In Sachen Niveau nach unten kennen die fast noch weniger Grenzen als die hiesigen Medien.
Das Problem mit unseren Medien ist davon ab wohl schlichtweg, dass die Großen in den Hände weniger Eigentümer liegen und man sich halt bewusst sein muss, dass sie demnach auch deren Interessen verfolgen. Da ist es nur logisch, dass bestimmte Themen so gut wie gar nicht behandelt werden und wenn dann nur sehr einseitig. Es gibt aber im Randbereich durchaus auch noch Alternativen, die einen wirklichen Zugewinn bedeuten. So finde ich z.B. immer mal wieder erstklassige Wirtschaftsartikel in der "brand eins".

In Sachen Berichterstattung über die Bundeswehr spielen meiner Meinung nach aber auch zwei wichtige Themen mit rein: Erstens ist Deutschland da nach wie vor historisch vorbelastet und zweitens war der Einsatz in Afghanistan wohl etwas weniger "spannend", da man sich stationär in einem eher ruhigen Teil des Landes aufgehalten hat. Insgesamt fand ich es aber eigentlich auch gar nicht so wenig.

Ansonsten spar dir doch einfach den ganzen Medienkram und hol dir die Infos direkt an der Quelle bzw. halt aus Blogs. Es dürfte wohl niemals einfacher gewesen sein als heute und am Ende kannst du auch behaupten dir wirklich deine eigene Meinung gebildet zu haben. Klar ersetzt das keineswegs alle Bereiche des Journalismus, aber in den Bereichen, in denen es möglich ist, ist die Qualität und die Tiefe, mit der Themen behandelt werden, weitaus umfangreicher als das, was uns täglich von der professionellen Presse vorgesetzt wird.

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Beitrag von Waterhouse » 17.07.2012, 07:39

tldr, sorry.
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Beitrag von cubi » 17.07.2012, 09:26

@Toska

Deutschland kann nicht im Krieg sein! Das würde den Verteidigungsfall bedeuten und immense politische Konsequenzen haben.
Was die Medienlandschaft hier angeht, die ist nach wie vor stramm auf neoliberalen Kurs. Bertelsmann sei Dank.

Ansonsten agree!
cu cubi
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Beitrag von JeansJoe » 17.07.2012, 12:45

Waterhouse hat geschrieben:tldr, sorry.
Was heißt denn "tldr"? fnord
Hinter dir! Eine dreiköpfige Kaffeetasse des Todes!

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Beitrag von BobbyShaftoe » 17.07.2012, 14:30

das heißt "ich bin ein notorischer nörgler und erleide grauenhafte schmerzen, wenn ich nicht an jedem dritten posting herumkritteln muss".
und "too long; didn't read"
Fuck the pope (but use a condom).
Man kann vor vielem davon laufen, aber nicht vor seinen eigenen Füßen.

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Beitrag von Waterhouse » 17.07.2012, 16:00

Hmmm, Moment... 1..., 2 uuhuuund 3: Da bin ich wieder. Toskas Artikel ist so lang - der könnte glatt eine eigene Kolumnensektion bekommen. Ist ja nicht so, dass Bobby nicht auch schon die Länge des ein oder anderen Postings bemängelt hätte.
Optimismus ist nur ein Mangel an Information. (Heiner Müller)

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Beitrag von Toska » 19.07.2012, 06:06

Herr Rossi hat geschrieben:Alles nicht ganz verkehrt, wobei es mich schon ein wenig wundert, dass du gerade die britischen Medien so positiv darstellst. In Sachen Niveau nach unten kennen die fast noch weniger Grenzen als die hiesigen Medien.
Klar, es gibt in den UK Zeitungen, die in Sachen Niveau deutlich unter BILD-Niveau liegen. Alles in allem mag die Qualität der britischen Medien auch gelitten haben. Aber ich beziehe mich hier explizit auf die Berichterstattung Irak und Afghanistan in 2001. Bei uns war da tote Hose, während die britischen Medien das Thema zum großen Aufmacher machten und bis ins Detail auf mehreren Seiten berichteten. Als Leser fühlte ich mich da sehr gut informiert, was ich bei der deutschen Presse generell vermisse.
Herr Rossi hat geschrieben: In Sachen Berichterstattung über die Bundeswehr spielen meiner Meinung nach aber auch zwei wichtige Themen mit rein: Erstens ist Deutschland da nach wie vor historisch vorbelastet und zweitens war der Einsatz in Afghanistan wohl etwas weniger "spannend", da man sich stationär in einem eher ruhigen Teil des Landes aufgehalten hat. Insgesamt fand ich es aber eigentlich auch gar nicht so wenig.
Selbst wenn sich der Großteil des BW-Kontingents zunächst in "Camp Warehouse" und später im "Camp Marmal" die Eier schaukelte und den selbstfabrizierten Papierkram verwaltete, gab es genügend Aufreger, die berichtenswert gewesen wären - auch in 2001. Ob das politisch nicht gewollt war, von der BW-Führung verhindert wurde, oder die Medien selbst das nicht für berichtenswert hielten? Keine Ahnung. Ein guter Kumpel von mir (ein Sani) ist seit 2001 fast jedes Jahr in A-Stan stationiert gewesen. Von so manchem "Knaller" hat man hier in der Medien nichts gehört oder gelesen. Oder es wurde gleich die verharmlosende offizielle Linie veröffentlicht, die von der Hardhöhe vorgegeben war. Die Realität sah dann doch etwas anders aus.

Ich hab mir gerade 'nen Wolf gesucht, um das Link zu finden, was ich zum "Karfreitags-Gefecht 2010" bei Isa Khel hatte. Über den Vorfall wurde damals in den Medien berichtet, jedoch hat sich kaum eines der staatstragenden Medien wirklich mal die Mühe gemacht, tiefer in die Materie einzutauchen, als die Meldungen vom DPA-Ticker abzuschreiben und zusammenzufassen. Lediglich der NDR hat sich der Sache später mal mit der nötigen Kritik angemommen. Auf der Seite, die ich suchte, hat einer vom daran beteiligten Fallschirmjägerbatallion mal aus dem Nähkästchen geplaudert, was alles schiefgelaufen ist und was organisatorisch und vom Material her nicht gepasst hat. Da hätte man Knochen kotzen können. Aber ich finde aber nur das hier (erstes Link) und die WDR-Reportage mit Begleittexten (zweites Link):

http://www.ag-friedensforschung.de/regi ... ote20.html
http://soldatenglueck.de/2011/09/22/633 ... and-video/
Karola Rosendahl, Mutter eines getöteten BW-Soldaten hat geschrieben: “Und im Nachhinein weiß ich auch definitiv, dass an dem Tag (Karfreitag) in Kunduz keine Munition mehr war und nicht einmal ein Hubschrauber zur Verfügung stand, so dass ein Fahrzeug nach Masar-i-Scharif gefahren ist, um Munition zu holen. Und da frage ich mich, wie kann eine Gruppe von 80 Aufständischen die Soldaten über 10 Stunden fesseln – und es wird keine Unterstützung herausgeschickt, weder Luft – noch Bodenunterstützung, keine Hubschrauber, keine Artillerie. Wie ist so etwas möglich?”
Wie gesagt: Der NDR hat das zu einer recht guten Reportage verwurstet, die im TV lief. An sich hätte nach diesem Vorfall die Presse "die Sau durch die Straßen treiben müssen", bis die Sache von der Politik aufgegriffen und bereinigt worden wäre. Doch Fehlanzeige. Guter Journalismus würde da durchaus für ein bischen mehr Transparenz sorgen, die Situation der Jungs und Mädels vor Ort verbessern und auch für ein besseres Verständnis dessen, was die da leisten. Aber entweder rededet keiner von der Presse mit A-Stan Rückkehrern Tacheles, oder es wird nicht publiziert. Dauerhafte Medien-Präsenz vor Ort? Auch Fehlanzeige. Ich halte das für bedauernswert und durchaus bedenklich. Weil somit auch der Druck von den Verantworlichen genommen wird, die nötigen Konsequenzen zu ziehen.
Herr Rossi hat geschrieben: Ansonsten spar dir doch einfach den ganzen Medienkram und hol dir die Infos direkt an der Quelle bzw. halt aus Blogs.
Jau, mache ich seit einigen Jahren so. Natürlich sollte man nicht alles unkritisch aus solchen Quellen übernehmen, aber die offiziellen Medien sind auch nicht gerade ein Musterbeispiel an Glaubwürdigkeit.

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