Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben

Nachrichten und Diskussionen aus dem prallen Leben.

Moderator: Moderatoren

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2250
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 30.03.2015, 22:00

Rhyem hat geschrieben: Wie viel Meter Autobahndecke (ohne Brücke unten drunter) kann man damit neu machen?

Ich vermute mal viel weniger als nötig.
Da ist ja nicht nur die Maut. Da sind ja noch die Einnahmen aus der Kfz-Steuern und den Mineralöl-Steuern. Davon kommen dann bestenfalls Promille beim Substanz-Erhalt an. Ansonsten hätten wir nicht so viele baufällige Autobahnbrücken im Bundesbesitz. Einige stehen vermutlich nur noch, weil in den 60'ern halt nicht von osteuropäischen Subunternehmern unter babylonischen Sprachenwirrwar gebaut wurde. Man fährt halt seit der Wiedervereinigung auf Verschleiß und das wird sich auch ohne Katastrophe nicht wieder ändern.
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Herr Rossi
Geschäftsmodell
Beiträge: 2786
Registriert: 10.03.2008, 13:07

Beitrag von Herr Rossi » 31.03.2015, 07:09

Zufällig war mein Vater in den 60ern auf solchen Baustellen aktiv und ich fürchte leider sagen zu müssen, dass das nicht besser war... denn es wurde geklaut ohne Ende, gerne Beton, wofür man dann etwas mehr Sand nahm. Das Ergebnis kannst du dir ja sicher vorstellen... dafür stehen die Eigenheime aus der Zeit um so stabiler. :P

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2250
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 31.03.2015, 10:08

Jau, so Stories kenne ich auch zur Genüge. So sagte man bei uns: "Wenn alles, was bei der Firma XYZ geklaut wurde sich - von jetzt auf gleich - in Luft auflöste, würden in 40km Umkreis ganze Ortschaften zusammen fallen." Mittlerweile dürfte man das auf 100km ausdehnen können. :hehehe:

Pfusch am Bau und Materialklau hat es (und wird es) immer geben. Der typische Facharbeiter fühlt sich immer unterbezahlt und bessert seinen Verdienst in "Naturalien" auf. Der Unterschied zu früher mag halt sein: Damals wurde noch 'n Tick solider geplant (Schwund inklusive) und die Arbeit wurde halt irgendwie doch erledigt. Man hat man auch noch nicht auf Teufel komm raus "optimiert" und Bauwerke so fragil gebaut, um von vorneherein jede Schippe Zement zuviel noch auf dem Papier einzusparen.

Es wird viel über das "Deutsche Handwerk" geschimpft - und das auch oft mit voller Berechtigung. Überkommene Strukturen, Klüngeleien und Pfründe-Wirtschaft ... alles richtig und leider vorhanden. Ich hab jetzt mal 'ne ganze Passage mit eigenen Erfahrungen in Auslandseinsätzen in der Industrie rausgelöscht. Driftet zu sehr ins OT. Unsere dreieinhalb Jahre duale Ausbildung in Lehrberufen (Lehre in Betrieb und Berufsschule) mag so manche Skurilität beinhalten. Von der Meister- oder Techniker-Ausbildung mal nicht zu reden (hab ich beides hinter mir). Aber wenn man das mit dem Ausland (auch in der EU) vergleicht: Es bringt ganz deutliche Vorteile in der Qualität der so ausgebildeten Facharbeiter. Selbst in Frankreich, wo man unser System ein wenig kopiert, fällt man damit voll auf die Nase. Das dürfte im Straßen- und Brückenbau auch nicht anders sein: Auch da wird es sicherlich einen Höllenunterschied machen, ob der "billigste Anbieter" (und seine Subunternehmer) wirkliche "Facharbeiter" bringt, oder nur Hammerwerfer und Hilfsarbeiter. Und selbst wenn die genug Berufserfahrung haben: In unserem klassischen Handwerken lernst du in der Ausbildung halt doch ein paar Dinge wie Improvisationstalent, selbständiges Arbeiten sowie diverse Grundlagen und Praktiken, die andere sich erst mühsam selbst erarbeiten müssen.

Ein Kumpel von mir ist Polier für einen Bauunternehmer und der hat mir auch zwei Jahre lang nach Feierabend beim Hausbau geholfen. Der sagt auch: Seit den späten 90'ern ist jede Großbaustelle ein Höllentrip. Da laufen dann zwanzig Ingenieure auf und der Bauträger aus DE/AT/CH. Die scheuchen dann gemeinsam 200 Mann von 30 Subunternehmern durch die Gegend, die Nummernschilder von Polen und Rumänien bis in die Ukraine an ihren Baustellenfahrzeugen haben. Und dann wundern die sich, dass es nicht rechtzeitig fertig wird, fünfmal soviel kostet und ständig abenteuerlichster Mist gebaut wird.

Das sind halt auch die Stilblüten des Turbo-Kapitalismus: Wir müssen sparen (und holen Sub-Unternehmer aus Absurdistan) - koste es, was es wolle. Da braucht man sich dann auch nicht wundern, dass seit 20 Jahren kein Infrastruktur-Projekt mehr auch nur annähern im Kosten- oder Zeitplan geblieben ist. Wenn es sich denn überhaupt verwirklichen lässt! Es könnte ja sein, dass auf der Baustelle ein seltener Lurch sein Zuhause hat, oder im vierten Jahr des Planfeststellungsverfahrens noch auf ein abschließendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zu einem Bürgerbegehren gewartet werden muss.

Die Kuh bekommt man aber nicht wieder vom Eis. Fängt ja schon "im Kleinen" bei jedem von uns an. Wer lässt sich denn heutzutage noch die Fließen im Bad vom zertifizierten Fachbetrieb legen, wenn es andere für ein Drittel des Preises machen? Die Preise begründen sich aber nicht nur in der Qualität der Ausbildung, sondern vor allen in der 78% effektiven Steuerlast hierzulande und der total auswuchernden Bürokratie. Die hat ein Schwarz-Arbeiter oder "Unternehmer" aus dem Ausland halt eher weniger am Bein.
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Benutzeravatar
Waterhouse
Geschäftsmodell
Beiträge: 5382
Registriert: 03.09.2002, 15:26
Wohnort: Lakehurst

Beitrag von Waterhouse » 31.03.2015, 11:40

Das Problem ist doch systembedingt: wenn Ausschreibungen den billigsten Anbieter (für die sog. gleiche Leistung) zuteilen müssen, dann ist klar, was man am Ende bekommt. Den billigsten eben. You get what you pay for!
Optimismus ist nur ein Mangel an Information. (Heiner Müller)

Benutzeravatar
ftn|smokin'
sie nannten ihn viagra
Beiträge: 2571
Registriert: 28.06.2003, 15:09
Wohnort: NRW

Beitrag von ftn|smokin' » 31.03.2015, 11:42

BildBildBild

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2250
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 31.03.2015, 17:10

Waterhouse hat geschrieben:Das Problem ist doch systembedingt: wenn Ausschreibungen den billigsten Anbieter (für die sog. gleiche Leistung) zuteilen müssen, dann ist klar, was man am Ende bekommt. Den billigsten eben. You get what you pay for!
Leider wahr. Und wenn Bund und Länder ausschreiben, muss das halt Europaweit sein, weil die EU das so vorgibt.
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Benutzeravatar
tequilio
Geschäftsmodell
Beiträge: 2131
Registriert: 24.06.2005, 19:06

Beitrag von tequilio » 02.04.2015, 10:18

Ich lasse da mal als Ausländer gerne mal den Hammer fallen.
Ich bezahle das gerne!
Wir in Ö haben das, wie ihr sicher wisst, schon seit geraumer Zeit (mitte 90iger). Wir haben aber auch ziemlich viel Durchreiseverkehr (Brenner, Tauern...)

Ihr seid das einzigste Land wo man noch fahren darf wie man will, und das alles umsonst? Naja das spielts beim heutigen Verkehrsaufkommen einfach nicht mehr.
Bei uns gehen die Einnahmen zu 100% in den Strassenbau und das merkt man! Wir haben trotz hohem LKW-Aufkommen richtig gute Autobahnen, leider darf man das nur beschränkt nutzen (Begrenzung!) :vomit:
Dafür versenkt unsere Politik alles andere an Geld, aber die Autobahnen sind top :D 8)

Wenn man sich die Autobahn MUC-SBG anschaut, wo man 300 brettern darf und die Autobahn nicht einmal einen Standstreifen hat :lol: unde ziemlich marod ist.
Das ist schon alles ein Wahnsinn wenn man darüber nachdenkt.
Wie gesagt, wenn es zu 100% in den Straßenbau geht, ist es letztlich eine gute Sache.

Zur Info bevor ihr euch denkt was das mich als Ausländer angeht/interessiert:
Ich wohne direkt an der Grenze zu Bayern und bin sehr oft in München (und nicht nur zur Wiesnzeit). Deshalb brauche ich definitiv eine Jahresvignette.

Zum Bewegungsprofil: Brauchen die gar nicht, die Facebook Kollegas machen ja eh Dauer-Selfies mit Orterkennung :wink:
Bild

Herr Rossi
Geschäftsmodell
Beiträge: 2786
Registriert: 10.03.2008, 13:07

Beitrag von Herr Rossi » 02.04.2015, 10:57

tequilio hat geschrieben: Ihr seid das einzigste Land wo man noch fahren darf wie man will, und das alles umsonst? Naja das spielts beim heutigen Verkehrsaufkommen einfach nicht mehr.
Bei uns gehen die Einnahmen zu 100% in den Strassenbau und das merkt man! Wir haben trotz hohem LKW-Aufkommen richtig gute Autobahnen, leider darf man das nur beschränkt nutzen (Begrenzung!) :vomit:
Wenns um Kostenbeteiligung geht, dann steht man doch mit der LKW-Maut auch in Deutschland gut da. Das ist der Teil des Verkehrs, der mit Abstand die Straßen am stärksten belastet.
Und die Autobahnen sind ja eigentlich auch nur ein Teil des Kernproblems Infrastruktur. Da sieht es in den anderen Bereichen, wie Stromnetze, Telefonnetze, etc. auch nicht viel besser aus.

Benutzeravatar
Lord_Vader
Geschäftsmodell
Beiträge: 4909
Registriert: 14.10.2002, 10:02
Wohnort: Duisburg
Kontaktdaten:

Beitrag von Lord_Vader » 02.04.2015, 12:02

Die LKW zahlen Maut als größter Schadensverursacher.

Das Kernproblem ist aber das die KFZ Steuer, die Mineralölsteuer, etc. nicht Zweckgebunden sind. Man könnte die Straßen locker mit den Einnahmen auf einem Top Zustand halten.
Nur wird das Geld woanders versenkt.

Man kann also, will aber nicht.

Die Frage ist also, ist die PKW Maut eine Steuer oder eine Abgabe. Wenn sie als Steuer käme, würde es an der Infrastruktur rein garnichts ändern. Schäuble hätte nur mehr Einnahmen.
<~>
Meine Threema ID: 9CATSS5P

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2250
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 02.04.2015, 17:32

Lord_Vader hat geschrieben:Nur wird das Geld woanders versenkt.
Wir wissen ja, wo das Geld nicht versenkt wird. Bundeswehr, Polizei, Schulen und Unis, Verkehrswege und Infrastruktur? Scheint doch seit 15 Jahren alles nur noch auf Substanzerhalt geschaltet zu sein. Dagegen hört man jedes Jahr von neuen Rekordeinnahmen von Gollum Schäuble.

Tja, wo gehts denn hin? Außer Spesen nichts gewesen?

Das mit "Steuern" vs. "Abgaben" ist ein guter Punkt: Wenn man mit der Vignette zur Ader gelassen wird und weiß, es geht in den Straßenbau, dann schluckt man das ggf. einfacher. Wenn es einfach im "großen schwarzen Loch" verschwindet und kein Feedback über die Verwendung kommt, dann ist das nicht sonderlich motivierend.
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Benutzeravatar
cubi
Administrator
Administrator
Beiträge: 6225
Registriert: 22.11.2002, 00:38
Wohnort: vs-villingen.... Alter: 50

Beitrag von cubi » 02.04.2015, 22:02

Es geht doch nicht primär um eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur! Es geht um Privatisierung von Daseinsvorsorge und Umverteilung von Steuergeldern! Ein Großteil der Einnahmen des bescheuert komplizierten Überwachungssystems geht an die privaten Betreiber! Und die Rechten in der Regierung wollen darüber hinaus Stasi3.0-Infrastruktur. Gäb es eine Vignette wie anderswo, wäre ich dabei.
cu cubi
Bild
"Wohltätigkeit ist das Ersaufen des Rechts im Mistloch der Gnade!" Pestalotzi

Antworten