Stellt euch vor, ihr seid der FBI-Chef. Natürlich ist das ein politischer Posten. Man kam dahin, weil man im FBI groß geworden ist und die Machtkämpfe im Haus überlebte und möglicherweise auch nicht komplett kompetenzfrei war. Und irgendwann war man weit genug oben, hatte zufällig das richtige Parteibuch (oder ist zumindest nicht als Republikaner-Sympathisant aufgefallen) und wurde zum FBI-Chef nominiert. Man steht 36.000 Leuten als Chef vor. Über einem ist recht wenig. Dem "Department of Homeland Security" ist man nominell untergeordnet, aber als Chef der Bundespolizei geht man oft selbst im Weißen Haus ein und aus.
Und dann kommt diese Ermittlung und entweder direkte Anweisung "von Oben" - oder indirekter Druck - das so zu drehen, dass Hillary Clinton da mit weißer Weste raus kommt. Der FBI-Chef hat an sich nur zwei Möglichkeiten:
1.) Kündigen.
2.) Befehl ausführen.
Problem bei Kündigung: Die Polit-Schranzen suchen sich dann im FBI jemand anderen, der macht, was man von ihm will. Irgend einer wird sich finden. Der Stellvertreter? Nummer Drei in der Führungsspitze? Der Pressesprecher? Ganz egal. Comey wird "krankheitsbedingt beurlaubt" und ein anderer hochrangiger Beamter des FBI trägt die gewünschten Ergebnisse vor und bekommt hinterher dafür eine schöne Beförderung in den anstehenden Personal-Rochaden und Bonus-Punkte.
Problem bei "Befehl ausführen": Angenommen Comey stellt sich hin und sagt "Wir haben mal geschaut. Haben aber nichts gefunden.", dann pisst er 36.000 hoch motivierten Mitarbeiten ans Bein, von denen tausende für mehr als ein Jahr in dem Fall ermittelt haben. Und er macht sich und die Seinen lächerlich. Der Schaden für das FBI (sowohl intern als auch extern) dürfte verheerend ausfallen. Kein Chef rammt freiwillig und sehenden Auges seine eigene Behörde in Grund und Boden, der er mehrere Dekaden angehört hat. Seit mehr als einem Jahr geht durch die Presse, was sowieso schon alles gefunden worden ist. Lecks gab es genug. Nicht nur aus dem FBI, sondern auch von anderer offizieller Seite wie dem Inspector General der Geheimdienste, welcher als oberste Gutachter-Instanz zu entscheiden hatte, welche Email welche geheimdienstliche Einstufung hatte.
Comey hat sich für eine dritte Option entschieden. Er führt den Befehl in einer Weise aus, die maximalen Schaden für die Probanden anrichtet.

Er sagte selbst am Anfang seiner Rede, dass er tiefer ins Detail gehen würde, als er das bei ähnlichen Pressekonferenzen machen würde. Und erklärt haarklein, was sie wie ermittelt haben. Er listet alle Straftaten und Vergehen von Clinton, ihrem Stab und ihrer Anwälte auf. Dass da eine regelrechte Vertuschungs-Aktion mit Hausputz und allem drum und dran stattfand. Und das FBI dennoch genug zusammen puzzeln konnte, um in erheblichem Umfang belastendes Material zu finden. Er zeigt jene Stellen auf, bei denen Clinton gelogen hat (vor einem Senats-Untersuchungsausschuss!) ohne sie direkt der Lüge zu bezichtigen. Er präsentiert der Öffentlichkeit und den Medien alle Vergehen Clintons im Rahmen der Email-Affäre, so dass sich jeder selbst ein Bild machen kann. Sieht man nur diesen Teil, so kann es keinen Zweifel geben, dass hier strafwürdiges Verhalten vorliegt.
Dann zum Ende der Rede halt die Aussagen, die wohl von Oben gewünscht sind: "Kein *vernünftiger* Staatsanwalt würde Anklage erheben. Wir geben dem Justizministerium die Empfehlung, die Sache einzustellen."
Frage: Gibt es unvernünftige Staatsanwälte? Wie muss man sich die vorstellen? Das sind ja weisungsgebundene Staatsdiener. Die unterstehen dem Justizministerium von Loretta Lynch, die wiederum nur Präsident Obama untersteht. Ein unvernünftiger Staatsanwalt wäre jemand, der seinen Job macht und sich nur dem Gesetz - und nicht der Politik - verpflichtet sähe. Und die wird man halt weder in Washington D.C. noch in Berlin noch sonst wo finden. Der einzige Unterschied zwischen Washington und Berlin dürfte sein: In den USA ist man halt schon 'n ganzes Stück dekadenter und überheblicher und denkt, man kommt auch damit durch.
Warten wir es mal ab. Das wird noch richtig schmutzig. Falls das so gelaufen ist, wie ich mir das denke? Mal drauf achten, wie lange der FBI-Chef noch im Amt ist. Vielleicht rutscht er ja auch bald in der Dusche aus. Ab besten, bevor er im Senat zur Sache angehört wird. Allan B. West hat nicht Unrecht: Danke, Comey! Sauber hingebogen!