Dann können wir die Palästinenser gerne diskutieren. Religion spielt da zwar auch eine große Rolle, aber nehmen wir einfach mal an, die Palästinenser wären keine Moslems, sondern Zeugen Jehovas oder Scientology.Herr Rossi hat geschrieben:Toska, an sich diskutiere ich ja ganz gerne mit dir, aber wenn es irgendwie Richtung Islam geht, dann endet das eh immer gleich und ich fürchte das wird auch hier wieder passieren.
Können es ja dennoch versuchen.
Die "Doofheit" der Palästinenser zeichnete sich erst nach Oslo I ab. Gehen wir mal zurück in die frühen 90'er Jahre, VOR Oslo I. Arafat im Exil. seine PLO auf der Terrror-Liste fast aller zivilisierten Staaten. Erst 1988 erkannte Arafat Israel (indirekt!) an und im Jahr darauf strich er die Passagen aus der PLO-Charta, die zur Zerstörung Israels aufriefen. Dann hat er sich mehrmals richtig dumm angestellt: 1990 sympathisierte er offen mit Saddam Husseins Einmarsch in Kuweit. Die Golf-Staaten froren daraufhin die Hilfen für die PLO ein und Kuweit warf von heute auf morgen 450.000 Palästinenser aus dem Land. 1991 - noch während der Putsch gegen Gorbatschow lief - sympathisierte er offen mit den Putschisten. Folge: Russland hat seitdem keinen einzigen Rubel mehr an die Palästinenser geschickt.Herr Rossi hat geschrieben: Mal zu deiner ersten These: Wie kann es sein, dass tatsächlich mit der Regierung Jitzchak Rabin sowas wie ein ernsthafter Friedensprozess zustande kam, wenn die Palästinenser doch eigentlich nur zu "doof" sind und per se die Israelis nur ins Meer zurückjagen wollen? Das war übrigens Oslo und natürlich war das nur der allererste Schritt, es zeigt aber sehr deutlich, dass die Israelis diesen Konflikt massiv beeinflussen können und zwar Richtung Lösung.
Erst der komplette Verlust der ehemaligen Unterstützer (Golf-Staaten und andere arabische Länder sowie Russland) führte dazu, dass Arafat sich 1993 zu den Friedensgesprächen in Oslo bereit erklärte. Oslo I, 1993. Erstmalige volle gegenseitige diplomatisch Anerkennung zwischen Israel und der PLO. Autonomie über Gaza und Westjordanland wurde an die Palästinenser übertragen.
Es folgten die "Pariser Protokolle" und das "Gaza-Jericho-Abkommen", in dem diplomatische Beziehungen und Übergabe von Gebieten an die Palästinenser geregelt wurde. Oslo II führte das einen Schritt weiter, jedoch wurde Rabin wenige Tage nach der Unterzeichnung erschossen. Im Dezember 99 wurde Netanjahu von der Knesset entmachtet, weil er die Abkommen mit den Palästinensern nicht schnell genug umsetzte. Ehud Barak führte dann die Verhandlungen weiter und es folgten Wye II (Scharm-el-Scheich) und Camp David.
Zu Camp David: Das war das letzte Treffen zwischen Ehud Barak, Jassir Arafat und Bill Clinton. Clinton hat sich danach bitterlich über Arafat beschwert, weil dieser auf einmal alle getroffenen Abkommen in Frage stellte, keine Kompromisse zuließ und nur noch Maximal-Forderungen stellte, von denen er sich keinen Zentimeter abbringen ließ. Wenige Tage nach Scheitern von Camp David inszenierte Arafat dann die Aktionen, die zur "zweiten Intifada" führten.
Der Knackpunkt hier ist der Sommer 2000, in dem Camp David endete und die zweite Intifada begann.
Die Israelis haben sich so weit aus dem Fenster gelehnt, dass einer ihrer beliebtesten Generäle - Ministerpräsident Rabin - ermordet wurde und sie haben seinem Nachfolger Netanjahu wegen Verschleppung des Friedensprozesses abgewählt. Rabins Ermordung durch einen radikalen Israeli führte in Israel zu der breit gestreuten Erkenntnis, dass für den Friedensprozess Opfer nötig sind. Ohne Rabins Ermordung hätte sich diese Erkenntnis sicherlich nicht so schnell in alle Lager der israelischen Gesellschaft verbreitet.
In den sieben Jahren der Verhandlungen gab es vier Ministerpräsidenten in Israel und diverse wechselnde Koalitionen in der Knesset. Auf palästinensischer Seite gab es nur Arafat als Repräsentant. Während der kompletten Verhandlungsdauer trieb Arafat ein doppeltes Spiel:
Auf internationalem Parkett spielte er den Friedens-Engel. Daheim in den Autonomie-Gebieten machte er anti-Israelische Stimmung und nutzte internationale Fördergelder, um sich aktiv am Waffenschmuggel für paramilitärische und terroristische Zwecke zu beteiligen. Siehe "Karine-A-Affäre". Sein eigener Sicherheits-Apparat führte Terror-Angriffe gegen Israelische Ziele durch. Die Al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden - eine Splittergruppe der Fatah - wurde quasi durch EU-Fördergelder finanziert und bewaffnet.
Arafat hat sich selbst in die bedeutungslose Ecke gespielt: Als Camp David zum Abschluss stand hatte man sieben Jahre verhandelt. Es lagen Verträge auf dem Tisch, denen er bereits zugestimmt hatte. Jetzt galt es, diese umzusetzen und er lehnte das ab. Das könne er so daheim nicht verkaufen, da ihn sonst die eigenen Leute abmurksen. Hallo? Er hatte sieben Jahre Zeit, die eigene Bevölkerung darauf vorzubereiten. Die Zeit hat er aber für Hassreden gegen Israel genutzt und die Stimmung der eigenen Leute gegenüber Israel noch verschlechtert.
Dieses doppelte Spiel Arafats ist der Grund dafür, dass die Situation heute so ist, wie sie es ist. Und das kann man aus meiner Sicht nur als "dumm", "töricht" und "hirnverbrannt" bezeichnen. Das hat mit Arroganz meinerseits nichts zu tun. Arafat hat viele schlechte Entscheidungen getroffen und das macht ihn zu einer tragischen Witzfigur der Geschichte. Für die Palästinenser ist das traurig. Sie hätten besseres verdient.
Die zweite Intifada, die den Friedensprozess dann endgültig zerstörte und letztendlich zu Arafats "vorzeitigem Ableben" im Jahr 2004 führte, verdient ebenfalls besondere Beachtung:
Sie begann am September 2000 und endete im Februar 2005 nach Arafats Tod und einer Serie von Terror-Anschlägen und militärischer Zerschlagung weiter Teile der palästinensischen Infrastruktur.
Selbst in westlich geprägten Medien wird als Auslöser der zweiten Intifada der Besuch von Ariel Sharon auf dem Tempelberg genannt. Das ist Propaganda vom feinsten. In den Oslo-Abkommen hatte man den Antiken-Bezirk Jerusalems (Tempelberg, Klagemauer, einige Friedhöfe und andere Stätten) vom politischen Tagesgeschäft entkoppelt. Es wurde eine Kommission von Repräsentanten der drei betroffenen Religionen aufgestellt. Geistliche der Moslems, Christen und Juden saßen in dem Komitee und hatten die volle Autorität über die heiligen Stätten und regelten Zugang, Instandhaltung, archäologische Ausgrabungen und andere Dinge.
Im September 2000 sperrten die Moslems den Tempelberg für alle nicht-Moslems. Besucher wurden von "Ordnern" der Moselms am Betreten gehindert und ein wütender Mob machte klar, dass jeder Versuch zu sofortigen Ausschreitungen führen würde. Verhandlungen zwischen israelischer Regierung, Komitee und Autonomie-Behörde brachten keinen Erfolg. Ariel Scharon war damals Oppositionspolitiker und ist dann mit einer "Reisegruppe" auf den Tempelberg, wo es einen Stand-Off zwischen israelischer Polizei und den Besetzern des Tempelbergs gab. Egal ob Scharon dabei gewesen wäre, oder nicht: Israel hatte keine andere Möglichkeit, als die Polizei gegen die unrechtmäßige Besetzung vorgehen zu lassen nachdem jede Verhandlungsmöglichkeit ausgeschöpft war. Schließlich hatten die Palästinenser nicht an die getroffenen Abmachungen gehalten und wollten dort Fakten schaffen.
Das führte zu fünf Jahren bürgerkriegsähnlichen Zuständen, permanentem Ausnahmezustand und fast täglichen Terror-Akten. Jassir Arafat hatte das Schicksal der Palästinenser in der Hand. Es lag in seiner Macht, den Palästinensern einen eigenen Staat verschaffen zu können. Auch für den Tempelberg und Ost-Jerusalem hätte es eine Verhandlungslösung geben können, mit der sowohl Israelis als auch Palästinenser hätten leben können. Dadurch, dass er es sich mit allen Unterstützern verschissen hat, kamen dann erst Fatah und Hammas an die Macht und die PLO spielt seit seinem keine Rolle mehr. Er hat nie dem Terrorismus wirklich abgeschworen und Alters-Senilität (und die Gehirnoperationen nach einem Flugzeug-Absturz) haben sicherlich dazu beigetragen, dass er nicht mehr so ganz richtig in der Birne war. Zudem gab es bei den Palästinensern keinen, der in seine Fußstapfen treten konnte. Friedenspolitiker hatten die Palästinenser keine und Terroristen können nunmal keinen Frieden herbei bomben.
Was den Palästinensern fehlt, ist die Anerkennung von unbequemen Realitäten: Militärisch können sie gegen Israel nicht gewinnen. Mit Guerilla-Krieg oder Terrorismus geht es auch nicht. Die israelische Gesellschaft wird daran nicht zerbrechen, sondern irgendwann geballt zurückschlagen. So wie jetzt. Sie haben es sich mit fast allen Unterstützern verschissen und die wenigen Bekloppten, die noch zahlen (wie USA und EU) tun das nur, solange sie es mit der Gewalt nicht übertreiben. Solange die Palästinenser der Gewalt nicht abschwören und auf eine Verhandlungslösung setzen, solange wird es keinen Frieden geben.
Sie haben 15 Jahre und eine echte Chance auf Frieden verschenkt, weil sie nach wie vor "Tod allen Israelis!" im Kopf haben und auf eine Maximal-Lösung setzen, die absolut und komplett hirnrissig ist.
Sorry, aber ich halte sie für Deppen. Zumindest waren sie bislang in jeder Hinsicht immer politisch äußerst schlecht beraten und bar jeder Anerkennung der unbequemen politischen Realitäten.Herr Rossi hat geschrieben: Deine Draufsicht auf die Palästinenser hat zudem auch was äußert arrogantes an sich. Ich möchte mal deine liberale Aufgeklärtheit sehen, wenn du in einem solchen Krisengebiet in einem faktischen Ghetto aufwächst. Bissel simpel die einfach nur zu doofen Deppen zu erklären.
Schau dir mal in Gatekeeper an, wieviele der Aktionen der Israelis in den Zeitraum der zweiten Intifada (2000-2005) fallen. Aktion und Reaktion. Das legitimiert wenig, aber es macht so manches auch ein wenig verständlicher.Herr Rossi hat geschrieben: Zum Thema Terrorismus: The Gatekeeper fandest du gut, aber die Message kam dann wohl nicht rüber oder?
Es wäre also egal, wenn 1 oder 20.000 Raketen auf Bottrop fallen? Solange die Palästinenser die abschießen und sich die Opfer in Grenzen halten? Kein Staat der Welt muss es hinnehmen, dass die Nachbarn ihn andauern und regelmäßig beschießen. Aber die Israelis sollen sich das das gefälligst gefallen lassen? Der Argumentation kann ich mich irgendwie nicht anschließen.Herr Rossi hat geschrieben: Und ist ja toll, dass du hier mit dicken Zahlen rumwirfst (20.000 Raketen). Wieviele Opfer gab es da? Ich schätze jetzt mal: 50 vielleicht? Scheiße, alle zu viel, aber angesichts der Gesamtopfer dieses Konfliktes muss man die Raketenangriffe wohl eher als psychologische Waffe betrachten.
Rossi, wir können das Problem weder im Sinne der Palästinenser noch im Sinne der Israelis lösen. Das müssen die schon alleine hinbekommen. Man kann das Pferd zum Trog führen, aber saufen muss es alleine.Herr Rossi hat geschrieben: Und dein letzter Absatz ist jawohl mal sowas von Kern des Problems: Genau so argumentiert die Politik ständig. Immer schön mit JA ABER Konstrukten arbeiten. Da sie nicht die Wange hinhalten wirds dann wohl zum Gras vernichten führen. Wie ich ja schon sagte: Das endet noch in einem Völkermord. Hast du argumentativ gerade 1a erläutert und wie es aussieht hättest du dafür dann scheinbar sogar Verständnis... aua!
Nach all dem Scheiß den die Palästinenser bislang gebaut haben, sehe ich keine Möglichkeit mehr. Nicht den Hauch einer Chance. Die Bevölkerung des Gaza-Streifens hat die Hammas mit überwiegender Mehrheit in die Regierung gewählt - und das nicht nur einmal. Spätestens damit haben sie sich in meinen Augen aus der Opfer-Rolle emanzipiert und klar gemacht, dass sie Konflikt und Gewalt als einzige Lösung sehen.
Jetzt machen sie mit den Opfern Propaganda und das böse Israel ist der Aggressor. Sorry, aber da hält sich mein Mitleid aber dermaßen komplett in Grenzen, dass mir die Spucke wegbleibt.
Rossi, ich bin pro-Israel, aber nicht blind. Und das Tragische ist halt auch, das Israel halt Dinge tut, die nicht immer sonderlich schlau sind. Zumindest aus meiner beschränkten Sicht auf die Dinge. Schau dir die Mauer rund um Gaza an, oder um die Autonomie-Gebiete. Fehlen nur noch die Selbstschuss-Anlagen. So manche militärische Aktion war auch nicht die hellste. Sabra und Schatila sind da nur die frühesten allgemein bekannten Beispiele. "Unit 101" oder die Sayeret Matkhal der Israelis? Elite-Soldaten oder Terroristen? Auch da liegt die Grenze zwischen beidem im Auge des Betrachters. Die höchste Auszeichnung der Israelis? Vierzig mal verliehen? Einmal davon an jemanden, der sich unerlaubt von der Truppe entfernte, um die Mörder seiner Schwester zu lynchen und dabei die falschen erwischte.Herr Rossi hat geschrieben: Um das mal vorweg zu nehmen: Ich kann die Israelis und ganz besonders auch die Juden sehr gut verstehen, dass sie nichts passiv hinnehmen wollen, sondern dann doch lieber der aktive Part sind, der halt auch mal zuschlägt. Die haben wahrlich genug eingesteckt und ich bin auch der Meinung, dass die ihren Staat dort behalten sollen. Der historische Hintergrund ist dann allerdings wohl auch Teil des Problems, denn es dürfte nicht zu knapp dazu beitragen, dass man sich auch auf deren Seite ganz besonders schnell radikalisiert und um nichts in der Welt auch nur ein einziges Mal freiwillig irgendeine Wange hinhalten will. Faktisch macht sie das aber am Ende zu Tätern und das ist wirklich bitter angesichts der Geschichte.
Zur Radikalisierung der Gegenseite: Die Palästinenser haben sehr früh begriffen, dass der Westen westliche Maßstäbe an Israel anlegt. Sprengen sie einen israelischen Schulbus in die Luft, gibt das einen fünfzeiler in den News. Mach das mal 'ne Woche lang jeden Tag und du bekommst einen Op-Ed Artikel über "Rückschläge im Friedensprozess im Nahen-Osten" - nein, wie putzig! Rücken die Israelis als Vergeltung mit Panzern ins Westjordanland ein, um das Haus des verantwortlichen Terror-Chefs zu sprengen, dann gibt es seitenweise Artikel mit Bildern und Israel-Bashing und CNN berichtet fünf Stunden am Stück über nichts anderes.
Wenn Verhandlungen nicht zum Erfolg führen, die Situation untragbar ist und sich nicht von alleine erledigt? Dann bleibt nicht mehr viel übrig, als dass Israel irgendwann mal sagt: "Wir machen jetzt mal Tabula Rasa." Was sollen sie den sonst machen? Sich ergeben? Und ich kann mir da echt nicht verkneifen, in Richtung der Palästinenser zu sagen: "Selbst schuld." Wenn du dem Nachbarn oft genug die Scheiben einwirfst, haut er dir irgendwann auf die Fresse. Sorry, aber das ist leider so - auch zwischen benachbarten Staaten.