IS, ISIS, Irak, Syrien

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Beitrag von Toska » 23.02.2016, 01:58

Hier mal noch ein geiler Schachzug Putins:

In ein paar Tagen droht die Invasion Syriens durch Saudi-Barbarien und die Türkei such auch nur noch nach einem Vorwand, Armageddon zu inszenieren.

Jetzt haben er und die USA einen Waffenstillstand in Syrien ausgehandelt. Der gilt für alle Parteien, aber nicht für ISIS, Al-Nusra und jene Parteien, die auf der Terror-Liste der UN stehen. Der "Waffenstillstand" soll am Samstag den 26. Feb anfangen:
Sputnik-News hat geschrieben: "We will do whatever is necessary with Damascus, with the legitimate Syrian authorities," Putin said. "We are counting on the United States to do the same with its allies and the groups that it supports."

The two countries will work jointly to determine which groups the ceasefire applies to.

"The main objective now that the Russian and US sides set in their joint statement is to end unnecessary bloodshed in Syria and continue the war on terror, thus facilitating the political settlement in this country," said Kremlin spokesman Dmitry Peskov.

Putin also said he expects Middle Eastern countries to support the plan.

Quelle: http://sputniknews.com/middleeast/20160 ... efire.html
Ich hab mal den wichtigen Teil hervorgehoben. Wenn die Saudis oder die bekloppten Türken jetzt dennoch in Syrien Rabbatz machen wollen, dann sind ihnen gerade mal die Gründe und Vorwände ausgegangen. Denn sie brechen damit die "Waffenruhe" und stören ganz offensichtlich und unvermeidlich den Kampf gegen ISIS. Die sie ja eigentlich unterstützen wollen, aber so tun, als würden sie nicht.

Unterm Strich hilft die Waffenruhe nur den Russen und Assad und die USA bekommen die Türken und die Saudis wieder etwas mehr an die Leine. Die Waffenruhe selbst? Die wird sicherlich keine drei Stunden halten, dann ballern wieder alle auf die üblichen Feinde und ISIS und al Nusra bekommen sowieso weiterhin die Packung.

Nochwas am Rande: Seit die Türken so einen Aufmarsch an der Syrien-Front gemacht haben (2. Armee - wie oben beschrieben): Die Russen haben eine unangemeldete Großübung in Armenien und Aserbaidschan laufen. 120.000 Mann, 900 Panzer und APCs, 200 Kampfflugzeuge und rund 50 Schiffe der Schwarzmeer- und der Kaspischen Flotte nehmen daran teil. Das ist direkt an der Ostgrenze der Türkei und quasi im Rücken der 2. türkischen Armee.

In Sachen Modernisierung der Flotten noch zwei Entwicklungen: Wie von mir vermutet legen die USA endlich neue Marschflugkörper auf, seit sie das Thema seit 35 Jahren verschlafen haben. Damit sollen in erster Linie dann die US-Navy ausgerüstet werden. Geplant ist ein Mach-5 Stealth-Flugkörper mit Anti-Schiff und Landziel-Bekämpfung. Zudem sollen die SM-6 Luftabwehr-Raketen der US-Navy mit einem Modus zur Seeziel-Bekämpfung nachgerüstet werden. Das betrifft in erster Linie AEGIS Einheiten und andere Schiffe, die derzeit SM-2 und SM-4 einsetzen können. Eine SM-6 hat nur 160kg Hochexplosiv/Splitter, aber sie fliegt bis mit zu Mach 3.5 und würde dann noch mit rund Mach 2.5 in ein Schiff einschlagen, welches rund 200 Meilen weit weg sein kann.

Die Russen gehen indessen hin und rüsten ihre zwei verbliebenen Kirov Schlachtkreuzer auf. Das sind nukleargetriebene 28,000-tonnen Schiffe deren Primärbewaffnung bislang 20 Stück P-700 Granit (SS-N-19 Shipwreck) Raketen sind. Als Verteidigung gegen Flieger haben die ein S-300F Luftabwehr-System mit 96 Raketen und SS-N-14 und diverse RBU-Kanister und Torpedos gegen U-Boote installiert. Vier wurden gebaut: Kirov (Reaktor-Unfall in 1990 - ausgemustert), Frunze/Admiral Lazarev (in 1994 ausgemustert, aber eingelagert), Admiral Nakhimov (1999 deaktiviert, aber 2005 reaktiviert und derzeit in der Werft zwecks Modernisierung) und die Die Pyotr Velikiy ("Peter der Große").

Die Pyotr Velikiy geht in Kürze in die Werft und soll wie die Admiral Nakhimov aufgerüstet werden: Die veralteten P-700 Granit fliegen raus und stattdessen werden 10 VLS-Kanister installiert, die jeweils 8-10 Raketen aufnehmen und vertikal starten können. Das S-300 fliegt ebenfalls raus und wird gegen S-400 oder S-500 getauscht. Die 80-100 VLS-Startröhren sollen dann einen derzeit in Entwicklung befindlichen Mach-5 Flugkörper und/oder Kalibr-Cruise-Missiles bekommen. Da bis zu vier Kalibr in einen VLS-Schacht passen, könnten halt bis zu 320 Kalibr-Cruise-Missiles ohne Nachladen verschossen werden. Oder eine Kombo aus z.B. hundert Kalibr und 55 der neuen Mach-5-Rakete. VLS ist generell vielseitiger, da man fast jede Rakete damit verschießen kann, wenn sie in den Kanister passt und die Software kompatibel mit dem Abschuss-System ist. Allerdings wird nicht damit gerechnet, dass die Pyotr Velikiy vor dem Jahr 2020 wieder im Dienst ist.
Zuletzt geändert von Toska am 23.02.2016, 02:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Toska » 23.02.2016, 02:45

2. Nachricht für heute und kurzer Nachtrag zu "Open Skies". Denn da gibt es schon wieder Zoff. Diesmal zwischen USA und Russland:

Die Russen haben in 2013 einen neuen Spionage-Flieger in Dienst gestellt: Die Tu-214ON. Die soll die bislang eingesetzten Altertümchen Tu-154 und An-30 ersetzen. Zu den Fähigkeiten:
Surveillance equipment onboard the reconnaissance aircraft

The Tu-214ON reconnaissance aircraft is equipped with one A-84ON panoramic camera, one AK-111 topographic camera and two perspective AK-112 digital aerial cameras to capture high-resolution aerial photography. Cameras are provided with interchangeable lenses and different focal lengths.

The surveillance system also comprises a set of TV cameras for observation at low altitudes. An infrared line scanning device is installed to perform linear scanning of thermal imaging area in the range of 0.5-1.1 microns and 8-12 microns.

The aircraft also incorporates Ronsard sideways-looking, synthetic aperture radar for aerial observation at different altitudes under difficult weather conditions.

Quelle: http://www.airforce-technology.com/proj ... -aircraft/
Im Prinzip ist das Ding mal mindestens ebenso gut (oder besser - da moderner) als die RC-135 der USA. Der Gag sind halt neben den pfuschneuen Kameras auch das SAR-Radar in den Seiten. Damit lässt sich Millimeter-genau das überflogene Gebiet vermessen und du kannst vermutlich mit dem Radar noch die Prägung der Buchstaben und Zahlen von Nummernschildern an Autos auf 100km lesen.

Die Tu-214ON ist die Tage auch über Syrien geflogen und an der türkischen Grenze entlang. :hehehe:

Jetzt hat man für die Tu-214ON einen "Open Skies"-Flug über den USA angemeldet und die USA bekommen Muffensausen:
Admiral Cecil Haney, commander of US Strategic Command, wrote to Congress earlier this year that "The treaty has become a critical component of Russia’s intelligence collection capability directed at the United States." Robert Work, deputy secretary of defense, echoed these concerns to Congress stating, "We think that they’re going beyond the original intent of the treaty and we continue to look at this very, very closely."

Quelle: http://sputniknews.com/russia/20160222/ ... n-sky.html
Im Endeffekt ist denen der Flieger zu neu und der kann halt mehr sehen, als vom "Open Skies"-Treaty an sich mal angedacht war. Dass die im Flug gewonnenen Daten allen Mitgliedsländern offen stehen, wäre halt für die USA dann auch noch 'ne weitere bittere Pille. Das würde auch nicht den Vorteil aufwiegen, dass sie dann mal die Tu-214ON im Flug durch eigene Beobachter an Bord begleiten dürften.
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Beitrag von Toska » 03.03.2016, 23:44

Falls jemand verwirrt ist, welche Fraktion in Syrien "gut" und welche "böse" ist (falls man das so sagen kann): Das geht noch anderen so. Selbst die fettesten Kriegstreiber in Form der USA tun sich da schon mal schwer. CIA und Pentagon unterstützen jeder für sich Gruppen, die sich auf einmal gegenseitig bekämpfen:
Buzzfeed hat geschrieben: ISTANBUL — American proxies are now at war with each other in Syria.
...

The confusion is playing out on the battlefield — with the U.S. effectively engaged in a proxy war with itself. “It’s very strange, and I cannot understand it,” said Ahmed Othman, the commander of the U.S.-backed rebel battalion Furqa al-Sultan Murad, who said he had come under attack from U.S.-backed Kurdish militants in Aleppo this week.

Furqa al-Sultan Murad receives weapons from the U.S. and its allies as part of a covert program, overseen by the CIA, that aids rebel groups struggling to overthrow the government of Syrian president Bashar al-Assad, according to rebel officials and analysts tracking the conflict.

The Kurdish militants, on the other hand, receive weapons and support from the Pentagon as part of U.S. efforts to fight ISIS. Known as the People’s Protection Units, or YPG, they are the centerpiece of the Obama administration’s strategy against the extremists in Syria and coordinate regularly with U.S. airstrikes.

Quelle: http://www.buzzfeed.com/mikegiglio/amer ... f-in-syria
:roll:
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Beitrag von Toska » 06.03.2016, 03:20

Gerade bei Fefe:
Fefe hat geschrieben:
[l] Habt ihr das auch gehört? Die Russen bombardieren in Syrien lauter Zivilisten tot?

Ja?

Nun, laut eines Nato-Geheimpapiers bombardieren die Russen deutlich effizienter und präziser als die Nato.

Ausgerechnet die Nato allerdings lobt Russland: Der Einsatz sei "präzise und effizient", heißt es - und hätte eine deutlich größere Wirkung als der Einsatz der Nato-Flotte.

Hups.

Gehen Sie weiter, gibt nichts zu sehen hier!

Link zu Focus: http://www.focus.de/politik/ausland/nat ... 36051.html
Link bei Fefe: https://blog.fefe.de/?ts=a825b3b3
Der Focus-Artikel liest sich ja ganz gut und die Russen kommen dabei gut weg. Dann aber der Knaller zum Schluss:
Focus hat geschrieben: Über die bei den Angriffen der alliierten und russischen Luftstreitkräfte getöteten Zivilisten gibt es in dem Geheim-Dokument keine Angaben. Nach Informationen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen seit September 2015 allein bei russischen Luftschlägen mehr als 1700 Zivilisten ums Leben, darunter 423 Kinder.

Quelle: Ebenda
Beim Focus haben die echt die Frechheit, auf Berichte von der "Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte" (arabisch المرصد السوري لحقوق الإنسان, DMG al-marṣad as-sūrī li-ḥuqūq al-insān; englisch Syrian Observatory for Human Rights; SOHR) zu verweisen!

Das ist ein in London ansässiger 1-Mann-Betrieb des Snack-Shop-Betreibers R. Abdulrahman. Der nach eigenen Angaben weder über eine journalistische oder juristische Ausbildung noch über einen höheren Schulabschluss verfüge. Der Typ ist an sich komplett diskreditiert und hat in der Vergangenheit schon reichlich Falschmeldungen abgegeben, die von der westlichen Presse dankbar aufgenommen wurden. Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Syrische_B ... chenrechte
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Beitrag von Herr Rossi » 06.03.2016, 08:50

Die "Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte"... haha, hat man nix, dann hat man die. Es ist unglaublich wie oft die als angeblich seriöse Quelle zitiert wird.
Immerhin ists ein unwiderlegbarer Beleg dafür wie wenig unsere Medien wert auf gute Berichterstattung legen. Schade nur, dass die da wahrscheinlich bei vielen Menschen mit durchkommen, weil steht ja "Menschenrechte" drin...

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Beitrag von cubi » 06.03.2016, 11:39

Aeh, das ist der Locus! "Ficken, Ficken, Ficken!" ?
Der Stürmer der Marktradikalen!

hallo? :lol:


:wink:
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Beitrag von Toska » 07.03.2016, 01:00

Wie Rossi schon sagt: Andere quoten den Sandwich-Verkäufer ja auch schamlos und nehmen ihm alles an Zahlen und Bildmaterial dankbar ab. Klingt halt so furchtbar seriös und die Leser merken es in der Regel nicht.

Aber was will man von der Bildzeitung unter den Nachrichten-Magazinen schon erwarten? Hätte die es schon früher gegeben, dann hätten sie auch die Hitler-Tagebücher gebracht. Und wenn sie die selbst hätten schreiben müssen.

:D
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Beitrag von Toska » 18.03.2016, 07:03

Kurz was zum "Abzug der Russen aus Syrien":

So richtig ziehen sie ja nicht ab. Die Basen bleiben besetzt, die S-400 und der Moskva-Kreuzer bleiben da. Die Komponenten zum Selbstschutz der Einsatzkräfte bleiben da. Und rund 12 Kampfflugzeuge und ein Dutzend Hubschrauber. Die Munition und Ersatzteile werden sicherlich auch dort bleiben und eher noch (wenn auch in bescheidenerem Maße) weiterhin aufgestockt.

Während der aktivsten Phase der Einsätze hat die russische Airgroup in Syrien mit rund 32 Maschinen (später 40) 4-5 Einsätze pro Maschine pro Tag geflogen. Es gab keine Abstürze durch technische Defelkte und auch keine "Hangar-Königinnen", die nach ein paar Einsätzen nur noch als Ersatzteilspender dienen durften.

Im Vergleich dazu: Die US-Koalition hat rund 180 Kampfflugzeuge für Syrien abgestellt und flog im Schnitt 0,15 Einsätze pro Tag pro Maschine.

Die Khmeimim-Airbase hat zudem keine Flugzeugwerft, in der komplexere Wartungsarbeiten durchgeführt werden können, somit dürften die Russen-Flieger nach dem extrem sportlichen Einsatztempo jetzt so ziemlich alle reif für gründliche Nachbeschau und einen A-Check in der heimischen Werft sein. Von daher werden vermutlich nur jene 10-12 Flieger da bleiben, die erst vor vier Wochen eingetroffen sind. Das waren übrigens fabrikneue Su-35, die erst vor 6-7 Monaten an die Streitkräfte Russlands ausgeliefert worden sind. Und da das Einsatztempo in den letzten drei Wochen mangels Zielen zurück ging, macht es nun Sinn, die Pause zu nutzen, alles mal wieder fit machen zu lassen und politisch daraus Kapital zu schlagen.

Zudem haben die Russen diesen Krieg recht "billig" geführt und (bis auf Show-Einlagen) auf teure Smartbomben verzichtet. Angeblich hat sie die Aktion rund 480 Millionen USD gekostet, die zum Großteil aus dem Trainings-Haushalt der Streitkräfte stammen. War sicherlich das beste Training und die beste PR, die man für das Geld bekommen konnte. :roll:

Und falls es wieder ernst wird: Syrien ist nur zwei Flugstunden von Russland entfernt.

Und dann hab ich noch 'ne Nachricht, welche die Tage in den News etwas untergegangen ist: Die Franzosen gaben bekannt, dass man in der Biskaya ein russisches strategisches Atom-U-Boot "gefunden" hat. Die Meldung war (im Original) extra so verfasst, dass klar war: Sie haben es sensorisch erfasst und es war definitiv russisch und strategisch. Also mit ICBMs als Primärbewaffnung und nicht nur mit Cruise-Missiles.

Die Meldung ist aus verschiedenen Gründen ein Hammer:

Bei den in Frage kommenden U-Boot Typen kann es sich dabei also nur um ein älteres Delta-IV Boot handeln. Oder ein Boot der Borei-Klasse. Tippe eher auf Borei und im speziellen auf die Juri Dolgoruki der Nordflotte. Grund dafür später. Biskaya: Macht für russische strategische U-Boote seit den 1960'ern keinen Sinn. Man muss dazu aus den traditionellen U-Boot Gewässern (Gröndland-Island-UK-Lücke im Nordatlantik) zu weit nach Süd-Osten. Die SS-N-23 (der Delta IV) haben eine Maximalreichweite von 8300km. Allerdings auch eine Mindestreichweite. Bei einem Abschuss aus der Biskaya muss so eine Waffe quasi bis nach Belarus fliegen, um überhaupt irgend etwas zu treffen. Europa wollte (und konnte) man damit nicht bedrohen.

Für ein Borei-Boot macht das aber Sinn: Deren SS-N-32 (3M30) ICBMs (haben ähnliche maximal- und minimal-Limits) könnten von da aus die kompletten USA bestreichen. Ebenso wie die neuesten landgestützten Yars-Raketen haben die 3M30's eine sehr kurze Boost-Phase und kommen sehr flach reingeflogen. Dazu haben sie noch ECM, Täuschkörper und sind sehr manövrierfähig und dürften recht schwer abzufangen sein.
Obama hat als eine seiner ersten Amtshandlungen ja die Radar-Basen gestrichen, die auf den Azoren und den Bermudas die Ostküste der USA vor anfliegenden ICBMs aus östlicher Richtung warnen sollten. Erst von Neufundland aus schaut man mit bestehenden Radars in die üblichen U-Boot Gewässer zwischen Grönland, Island und UK nach ICBMs. Die Biskaya wäre also ideal wenn man in die Lücke feuern will und bei dem flachen Anflugwinkel würde man die Raketen erst sehr spät sehen.

Die Boreis haben zudem die Möglichkeit, Kalibr Cruise-Missiles (auch nuklear bestückbar) aus den Torpedo-Rohen abzuschießen. Und mit 2500km Reichweite und bei Schuss aus der Biskaya würde man das in Europa auch erst merken, wenns sowieso zu spät ist. Europa hat halt auch keine integrierte Luftverteidigung und erst recht keine, welche die Biskaya überwacht.

Geschickt eingefädelt: Die Bundesmarine hat zum Beispiel das Thema U-Boot Abwehr quasi in Rente geschickt. Was wir da noch haben, ist komplett für die Füße und mangels einsatzbereiter Marine-Hubschraubern nutzlos. Bei den Nachbarn sieht es ähnlich aus. Luftabwehr? Sogar noch gegen ICBM's oder Cruise-Missiles mit Sprint-Geschwindigkeiten von bis zu Mach 3? In Europa nicht vorhanden.

Ich würd' mich nicht wundern, wenn das Borei explizit den Auftrag hatte, sich finden zu lassen und es wurde sowieso (nach Standard-SOP) von einem russischen Jagd-U-Boot eskortiert. Mit dem Stunt hat man dann sowohl in den USA und in Europa "angeklopft" und denen die eigene technologische Überlegenheit und deren Unzulänglichkeiten demonstriert.

Link zum U-Boot Thema: http://libertyunyielding.com/2016/03/11 ... ff-france/
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Beitrag von Toska » 19.03.2016, 03:15

Am Donnerstag hat Putin in der St. Georg Halle im Kremel einen Empfang für rund 700 Soldaten gegeben, die aus dem Syrien-Einsatz zurückgekehrt sind.

Hier seine Rede im Volltext (in Englisch): http://thenewsdoctors.com/very-importan ... ipt-notes/
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Beitrag von Toska » 29.03.2016, 03:52

Ich bin hier mal auf einen älteren Artikel zu Syrien gestoßen, der auf die Panzer-Verluste der Syrer eingeht. Ich zitiere der Lesbarkeit halber mal inline:

"Before the civil war, Al Assad’s Syrian Arab Army possessed 1,600 T-72s, some 1,000 T-62s, 2,250 T-55s and 2,450 BMPs, according to the U.S.-based Washington Institute for Near East Policy."

Das wären dann so um die 4850 MBT's gewesen - plus 2450 APCs. Das ist ungefähr soviel, wie die Kernländer der NATO in Europa gemeinsam an Panzern haben. Frankreich, England, Deutschland und Italien haben jeweils so zwischen 200-400 Panzer. Nur die Polen halten noch 1000 bereit und die Türken etwas über 2500 Stück.

"In 24 months of brutal combat, Syrian opposition fighters have eliminated a quarter of Pres. Bashar Al Assad’s Russian-made tanks and infantry fighting vehicles, according to estimates. That’s no fewer than 1,800 T-55, T-62 and T-72 tanks plus BMP fighting vehicles exploded, burned, disabled or seized by rebels—with potentially thousands of crewmen also being killed, injured or captured."

:eek:

Wenn man bedenkt, dass die Gegner keine Panzer hatten und bestenfalls tragbare Panzer-Abwehr-Waffen, dann ist das schon ordentlich. Zwischen Oktober 2011 und März 2013 haben die Syrer rund 862 gepanzerte Fahrzeuge verloren (darunter 380 MBTs). Ab März 2013 haben sie dann in 90 Tagen 611 weitere verloren. Der Artikel versucht sich an einer Analyse warum.

Läuft im Prinzip darauf hinaus, dass die Syrier keine Erfahrung im Einsatz kombinierter Waffen-Gattungen haben und hatten. Die haben die Panzer halt ohne Infanterie losgeschickt, oder sie lediglich als mobile Geschütze eingesetzt, die vorfahren, rumballern und dann wieder in Deckung rollen. Das Training lief eher auf Einsatz in offener Feldschlacht oder Punktverteidigung gegen einen vorrückenden konventionellen Gegner. Beim Einsatz im eher urbanen Umfeld sind die dann massakriert worden.

Erst als sowohl Iraner als auch Hezbollah die Infanterie stellten (darunter "Urban Warfare"-Spezialeinheiten des Irans), wurde es besser. Aber Hezbollah kann man bestenfalls als leichte Infantrie werten und die sind mit den syrischen Panzerbesatzungen auch nicht so recht warm geworden. Assad hat der Hezbollah dann rund 75 Panzer geschenkt (T-55 und T-72), damit die ihre eigenen "Combined Arms"-Formationen aufstellen können.

Zur Einordnung: Das war alles noch vor dem Engagement der Russen.

Quelle: https://medium.com/war-is-boring/how-to ... ecd413cb93
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Beitrag von ftn|smokin' » 29.03.2016, 14:47

Toska hat geschrieben: [...]

Zur Einordnung: Das war alles noch vor dem Engagement der Russen.

Quelle: https://medium.com/war-is-boring/how-to ... ecd413cb93
Ich nehme mal an, das wird sich jetzt durch die Russen geändert haben. Was andere Länder so für Armeen haben. Hoffentlich wollen die nicht mal nach Europa...
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Beitrag von Toska » 29.03.2016, 19:14

ftn|smokin' hat geschrieben:Ich nehme mal an, das wird sich jetzt durch die Russen geändert haben. Was andere Länder so für Armeen haben. Hoffentlich wollen die nicht mal nach Europa...
Die Paranoia der Polen ist ja historisch durchaus nachvollziehbar. Wenn das Land gleich mehrmals ganz von der Landkarte verschwunden ist, wird man halt etwas vorsichtiger und hält mal 1000 Panzer in Reserve. Die Türken wurden zwar nie von den Syrern direkt bedroht oder mussten einen Einmarsch der Syrer fürchten, aber auch da machte es durchaus Sinn, lieber vorzubauen, als ein "weiches Ziel" darzustellen.

Lustig ist, dass sowohl Polen als auch Türkei jeweils doppelt so viele Leopard 2 im Bestand haben, als Deutschland. Wir haben am Ende des Kalten Krieges von 3500 MBT's (Leo II und eingelagerte Leo I) auf 230 abgebaut und wollen jetzt wieder 100 Stück extra anschaffen. Zusätzlich haben wir den ganzen Bestand an NVA-Panzern entweder verschrottet, oder so gut wie verschenkt. Das war auch einige Tausende.

Es ist ja nicht nur der Abbau bei MBTs, sondern auch das komplette drum herum: Logistik, Heeresflak, die Rolands, Brückenlege- und Bergepanzer, Arty ... bis auf winzige Restbestände alles weg und nichts davon irgendwo in Depots eingelagert. Wir haben jetzt ein neues Panzerbataillon (gemeinsam mit den Niederlanden) aufgestellt. Die haben gerade mal ein Dutzend Leo 2 dafür zusammen kratzen können, weil die Holländer welche mitbrachten und man irgendwo aus anderen Einheiten welche abzog. Das ist schon armselig.

Andere Länder, andere Sitten: Egal ob Türken, Polen, Syrer (vor dem Knall), oder Israelis: Die haben aktive Einheiten mit all dem modernsten Zeug und Vollausstattung. Diese Einheiten sind dann 40-80% Personal versorgt. Und in den Depots steht dann zusätzlich noch der ganze alte Kram für die Reserve-Einheiten. Werden die Reserven mobilisiert, rücken sie direkt in die Depots ein und "ziehen" sich den Kram, den sie brauchen.

Mal exemplarisch am Beispiel Israels. Deren Panzer-Truppe hat vier aktive Einheiten:

- 7th Armor Brigade "Sa'ar" (Northern Command)
- 188th Armor Brigade "Barak" (Northern Command)
- 401st Armor Brigade "Ikvot HaBarzel" (Southern Command)
- 460th Armor Brigade "Bnei Or" (Central Command und Panzer-Schule)

Alle mit Merkava IV ausgestattet. Dazu noch 5-8 Reserve-Brigaden an Panzern. Ausrüstung insgesamt:

660 Merkava IV
780 Merkava III
400 Merkava II
180 Merkava I
1040 Magach 7 (Aufgemotzter M60 Patton)
560 Magach 6 (Aufgemotzter M60 Patton)
200 Magach 5 (Aufgemotzter M60 Patton)
350 Centurion

Die Magach's sind in der Verschrottung, bzw. werden teilweise zu militärischen Nutzfahrzeugen (Brückenleger, APCs, SPGs, MLRS-Trägern, etc.) umgebaut.

Wenn du nur die Merkava zählst, kommst du auf 2020 Stück. Und der Gag? Die haben auch die ganz alten Kisten der Generation I und II größtenteils mit dem gleichen Selbstschutz (reaktive Panzerung und aktive Abwehr ballistischer Projektile) ausgerüstet. Bei der Bundeswehr hat man es noch nicht mal geschafft, die 230 Leo II im Bestand auf den neuesten Stand aufzurüsten, der von KMW angeboten wird. Da sind halt noch viele A4 und A5 dabei, die in Sachen Selbstschutz weitgehend auf dem Stand der späten 80'er oder frühen 90'er stehen geblieben sind.

So manche Nation haben halt gelernt: Ein alter Panzer ist besser als keine Panzer zu haben. Und mit wenig Investition lässt sich so eine eingelagerte Flotte halt auch lange Zeit brauchbar halten. Wenn wir früher die Leos für die Depots eingepackt haben, dann konntest du die auch Jahre später noch "ziehen" und innerhalb von Stunden liefen die wieder.

Es würde langfristig sicherlich Sinn machen, vom geplanten Leo 3 mindestens 400 Stück anzuschaffen und die Leo 2 dann komplett einzulagern. Ein Land von der Größe Deutschlands sollte (auch wenn alle Nachbarn friedfertig sind) durchaus mal die paar Kröten in die Hand nehmen und das Thema Landesverteidigung ein wenig ernsthafter angehen. Und durchaus nichts gegen eine gemeinsame Armee aus verschiedenen Nationen. Nicht solche Trachtengruppen wie die deutsch-französische Alibi-Brigade, sondern eher in der Art wie die neue Kooperation mit den Niederlanden in Sachen Armee und Marine.
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Beitrag von Toska » 31.03.2016, 21:16

Auf Spiegel Online:
Abgeschossener Kampfjet: Türkei verhaftet mutmaßlichen Mörder des russischen Piloten

Der Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei hatte im November massive Spannungen ausgelöst. Die türkische Polizei nahm nun einen Verdächtigen fest, der den russischen Piloten getötet haben soll.

Der Verdächtige Alparslan C. wurde mit einem Dutzend weiterer Verdächtiger in einem Restaurant der Küstenstadt Izmir festgenommen, berichtete die Nachrichtenagentur Dogan. Zudem stellte die Polizei demnach ein Schnellfeuergewehr, zwei Pistolen und Munition sicher.

Russland wirft C. vor, am 24. November den russischen Piloten Oleg Peschkow erschossen zu haben, als dieser nach dem Abschuss seiner Sukhoi-24 an der türkisch-syrischen Grenze mit einem Fallschirm zu Boden glitt. Der andere Pilot wurde bei einem Einsatz russischer und syrischer Spezialkräfte gerettet. Der Abschuss des Jets durch die türkische Luftwaffe führte zu einer schweren diplomatischen Krise zwischen Russland und der Türkei, die bis heute anhält.

Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/t ... 84910.html
Ach, in der Türkei. Na soooooooo ein Zufall. Und das haben die jetzt so auf einmal gemerkt? Klarer Fall von "Hmmm!" :roll:
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Beitrag von [RdOT]Koenig » 01.04.2016, 03:31

Klingt eher nach "Der weiss Zuviel" :-|

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Beitrag von Toska » 01.04.2016, 07:06

Ich dachte da eher an das Opferlamm, dass zur Schlachtbank geführt wird. Der Tor hat seine Schuldigkeit getan .... :roll:
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