Herr Rossi hat geschrieben:
"Mit einer Flasche Whisky wird Königin Elizabeth II. den neuen Flugzeugträger der britischen Marine auf ihren Namen taufen. Doch die HMS "Queen Elizabeth" muss die ersten Jahre ohne Kampfjets auskommen."
Erst die alte Kiste inkl. Flieger verschrotten, dann ein gigantisches neues Schiff bauen, aber keine Kohle für die Flugzeuge haben... manchmal ist die Welt doch gerecht! :PPP
Ich verfolge das auch schon seit Jahren und kratze mir dabei am Kopf. Die Sache ist die: Die Briten hatten traditionell immer mindestens zwei möglichst baugleiche Träger. Mach Sinn, denn einer ist dann doch immer längere Zeit in Überholung. Also wurden zwei neue Träger ausgeschrieben. Man wollte CATOBAR-Träger (also mit Katapult). Geht aber nur, wenn die Antriebe genügend Dampf produzieren. Die bisherigen Katapulte (Beispiel: USA) arbeiteten halt mit Dampf. Da man aus Kostengründen aber beim Antrieb auf Gasturbinen setzte (die keinen Dampf erzeugen), ging das nicht. Also mussten es dann wieder Träger "mit Sprungschanze" sein. Allerdings wollte man explizit die Möglichkeit offen halten, später mal Katapulte nachzurüsten. Die Werft sagte "In Ordnung", allerdings machten die Politiker den Fehler, das nicht genauer ins Pflichtenheft schreiben zu lassen. Die Amis haben dann für ihre neuesten Träger Elektromechanische Katapulte entwickelt. Die wollten die Briten dann einkaufen und bekamen von den USA auch die Erlaubnis. Preis pro Träger für alle Komponenten: 200 Mio USD.
Nun sagte die Werft aber: Das kostet 1 Milliarde Pfund extra. Pro Träger bitteschön. Die Preise der Träger hatten sich da aber bereits von 3 Milliarden auf 6 Milliarden verdoppelt.
Warum sollten die Katapulte jetzt soviel mehr kosten? Ganz einfach: "Einbau ist möglich" (von Werft zugesichert) und "wir bauen den Träger dann mal so, dass das hinterher einfach nachzurüsten ist", sind halt zwei paar Schuhe. Natürlich KANN man nachrüsten. Aber man hatte nicht dafür vorgesorgt und nichts vorbereitet. Also hat man gesagt: "Gut, vergessen wir das mit den Katapulten."
Das hatte natürlich auch Auswirkungen auf die Flieger, die man mitführen kann. Da man aus Kostengründen die alten Träger vorzeitig verschrottete, machte es keinen Sinn, die Harrier so lange an Land zu stellen. Also weg mit ihnen. Als neues Trägerflugzeug ist die F-35 in der Senkrechtstarter-Variante angedacht. Die wird halt von den USA in 3 Versionen gebaut:
- F-35A: Ein konventionell startendes und landendes Flugzeug . Z.B. für die US Airforce.
- F-35B: Ein Kurzstartflugzeug mit Senkrechtlandekapazität (STOVL) für das US Marine Corps.
- F-35C: Eine trägergestützte Variante für die US Navy für Katapultstarts und mit einklappbaren Flügeln.
Die B-Variante hinkt in der Entwicklung am meisten hinterher und kann am wenigsten. Geringe Nutzlast, geringe Reichweite, weniger Sensoren und höllisch komplex in Konstruktion, Betrieb und Wartung.
Mit Katapulten hätte man auf die früher verfügbare und leicht billigere F-35C setzen können. Man hätte sogar tolle Auswahl an deutlich "billigeren" Fliegern haben können: Von der Rafale über die F-18 bis runter zu Altertümchen wie der A-4 Skyhawk, wie sie z.B. von Brasilien für deren Träger in einer total modernisierten Version (von Israel entwickelt) genutzt wird. Man hätte dann auch erstmal was leasen können und ggf. später die F-35C beziehen. Der andere Gag ist: Trägerflugzeuge ohne träger-gestützte AWACS? Macht wenig Sinn. Awacs gibt es aber nicht als Senkrecht-Starter. Mit Katapult hätte man die EC-2 Hawkeye nehmen können. Jetzt bosseln die Briten halt an einem eigenen "kastrierten" AWACs auf Hubschrauber-Basis rum. Aber davon nur 4-6 Stück anzuschaffen lohnt auch nicht wirklich und verursacht dann enorme Entwicklungs- und Betriebskosten. Da ist dann jedes Ersatzteil eine Sonderanfertigung.
Ohne Katapulte bleibt dann halt auch nur Harrier weiter nutzen (zu spät: verschrottet und als Ersatzteil-Spender an die USA verschenkt), auf die F-35B warten oder erstmal nur Hubschrauber draufzupacken.
Man hat sogar überlegt, den zweiten Träger abzubestellen. Aber die Werften haben sich solch happige Vertragsstrafen in die Kontrakte schreiben lassen, dass es besser ist, weiter zu bauen und dann einen einzumotten, zu verscherbeln oder zu verschenken.
Es bleibt zudem abzuwarten, ob die F-35B im Jahr 2020 oder 2022 fertig wird. Die B-Variante steht sowieso auf der Kippe und es gibt genügen Stimmen in den USA, die mittlerweile das ganze F-35 Programm in die Tonne kloppen wollen. Es ist halt eine eierlegende Wollmilchsau, die nichts so richtig gut kann. In Tests und Simulationen wurden die F-35 bereits von allem anderen Gerät der USA in Grund und Boden geflogen und konnten nur gegen 30 Jahre alte F-15/F-16/F-18 bestehen, wenn sie von F-22 eskortiert wurden. Von denen es keine 200 Stück gibt und auch keine mehr gebaut werden. Von der F-35 wollen die USA alleine 2400 Stück anschaffen und dann alle älteren Modelle (bis auf F-22) ausmustern. Auf Grund der extrem mageren Leistung der F-35 (gerade im Bezug auf Generation 4.5 und Generation 5 Flieger der Russen und Chinesen) ist das nicht mehr sonderlich clever.
Think-Tanks haben dann mal die letzte Übung der USA mit Taiwan hochgerechnet. Janes hatte einen langen Artikel darüber und hielten das Ergebnis für sehr plausibel und alarmierend. Szenario: VR China greift Taiwan an. USA verteidigen. In der ersten Angriffswelle kam China mit 700 Flugzeugen. Die USA verloren in den ersten Stunden 4 AWACS, 7 Tanker, zwei Sentries und 130 Kampfjets. Schossen dafür die Hälfte der angreifenden Maschinen ab. Im Laufe des simulierten Konflikts schossen die F-22 im Schnitt pro F-22 Verlust jeweils 25 Chinesen-Flieger ab. Nach wenigen Tagen waren die wenigen F-22 "inoperabel", da entweder abgeschossen, beschädigt oder in mehrtägige Wartung verstrickt und die komplexeren Ersatzteile wurden knapp. Die F-35 kam dann ohne Geleitschutz auf ein Kill-Verhältnis von 1:3. Aber nur, wenn F-15 ihnen unter steigenden eigenen Verlusten die neueren China-Flieger vom Hals hielten und sie es selbst nur mit mit dem 30-40 Jahre alten "Kroppzeug" der Chinesen zu tun hatten. Selbst das nahm aber rapide ab, da man mittlerweile kaum noch AWACS und Tanker hatte und auf Basen in Japan ausgewichen werden musste. Der simulierte Konflikt endete nach rund 20 Tagen mit einer "decisive victory" für die Volksrepublik China und einer gehörigen Dezimierung der US Airforce. "Klasse statt Masse" geht halt nur auf, wenn die Leistungsdaten stimmen. Das bisschen Stealth der F-35 entschuldigt dann nicht, dass man durch die Bank schlechtere Leistungsdaten hat, als Flieger der vorletzten Generation. Vor allem dann nicht, wenn man noch (mehr oder minder) die gleichen Waffensysteme drunterhängt, die mittlerweile auch dem Gegner in entsprechender Qualität zur Verfügung stehen.
Wie auch immer: Die neuen britischen Träger sind der reinste Schildbürger-Streich und ein prima Ergebnis, was passieren kann, wenn sich die Politik von der Rüstungsindustrie über den Tisch ziehen lässt. Und wenn man halt noch Empire-Ambitionen hat, auch wenn mittlerweile der Schuldengeier kreist. Je 12 F-35B pro Träger, die aber für je 40 Jets ausgelegt sind? Eine Runde Mitleid mit den Insel-Bewohnern.
Apropos Rüstungsprojekte: Neben G36, Drohnen, den neuen Fregatten, dem kastrierten Tiger Kampfhubschrauber, der Fata-Morgana A400M und dem flügellahmen Eurofighter fliegt der Bundesregierung demnächst nochwas um die Ohren: Der NH-90 Transporthubschrauber.
Die Holländer haben mal zwei explizit als Fregatten-Hubschrauber georderte Exemplare des NH-90 nach rund 300 Flugstunden im maritimem Umfeld zerlegt und analysiert. "Absoluter Schrott" trifft es noch milde. Die Dinger sind dermaßen verrostet, dass ein weiterer Einsatz vorerst wenig Sinn macht. Der NH-90 ist weitgehend aus Verbundstoffen gefertigt. Aber wegen Fertigungsmängeln, falschem Material, unsachgemäßem Einbau und Abnutzung kommt es überall zu galvanischen Reaktionen zwischen den unterschiedlichsten Materialien. Das lässt sich nicht "mal eben so" bei der nächsten Inspektion fixen. An sich müsste das Ding zurück aufs Reißbrett, oder es hat auf See nichts mehr verloren. Und es ist nicht so, als ob das der erste Helikopter ist, der jemals auf See geflogen ist. Andere Firmen können das schon seit 50 Jahren besser als die Amateure von NH Industries.
Der andere Gag ist: Vom NH-90 sind knapp über 20 Varianten geplant. Für so Sachen wie U-Boot-Bekämpfung und Pilotenrettung, SAR bis hin zu schnöden Transportaufgaben. Nachdem jetzt die ersten Vorserienmuster und die ersten "Mission Ready" Maschinen ausgeliefert werden, stellt man fest: "Hmm. Wenn wir die Gerätschaften mitführen, die wir für unsere Aufgaben brauchen, dann haben wir nur die halbe Einsatzdauer, als wenn wir mit 'er 40 Jahre alten Sea King fliegen." Für die U-Boot-Jagt und SAR ist der NH-90 sogar komplett ungeeignet. Im Boden-Effekt müsste er für das Absenken und Einholen des Tauchsonars oder das Ab- und Aufseilen von Personal mindestens 60% Leistungsreserven haben. Ist in der Zivil-Luftfahrt zwingend so vorgeschrieben. Damit man halt bei Triebwerksausfall noch vor dem Aufklatschen reagieren kann. Die NH-90 in der U-Jagt-Version hat noch keine 15% Reserve und das ist bevor man die Torpedos dranhängt. Die SAR-Version zur Luftrettung hat in der Kabine nicht genug Platz, um all das Gerät mitzunehmen, was man an sich bräuchte. Sollte man es wirklich schaffen, 12 voll ausgerüstete Soldaten in die Transport-Version zu quetschen, brechen die Sitze zusammen bevor alle Platz gefunden haben.
Man hätte Milliarden sparen können, wenn man direkt die Blackhawk gekauft hätte. Stattdessen wird für die geplanten 82 deutschen NH-90 Steuergeld ohne Sinn und Verstand im Rachen der Rüstungslobby versenkt und man bekommt dann fast komplett unbrauchbares Material.
Hier mal ein Link zum Report der Holländer (in Englisch) mit schönen Bildern:
http://www.defensie.nl/binaries/defensi ... _NH-90.pdf