Jain, schau dir mal den Wikipediartikel an, den ich oben zum BIP verlinkt habe. Dort ist noch eine zweite Tabelle mit dem BIP angepasst nach Kaufkraftparität. Das versucht sowas tatsächlich in einem gewissen Maße zu bereinigen. Dort ist schon beeindruckend, dass Russland ein 2,5 mal so hohes BIP erreicht.Toska hat geschrieben: ↑27.05.2022, 23:28Natürlich bläht auch der Westen seine Zahlen auf, bzw. es werden Dinge wegfaktoriert. Ich erinnere mich an einen Bäcker, der neulich in einer Talkrunde aufbrauste und sagte: "8% Inflation?!? Wenn ich mir die Zahlen in unseren Betrieb anschaue, dann sind das bei uns alleine 28% Preissteigerung - in drei Monaten." Gut, Preissteigerung an sich ist nicht gleich Inflation - ist klar. Dennoch: Man kann das russische BIP neben das des Westens stellen und vergleicht dann keine Äpfel mit Birnen.
OK, nehme ich erstmal so. Kann ich nicht beurteilen. Ich schaue mir das dann rückblickend anhand der Zahlen in 1-2 Jahren an. Mehr kann ich mit meinem Wissen nicht tun. Zahlen gibt es aber wahrscheinlich nach gerade mal drei Monaten noch nicht oder? Hat irgendwo ein Land Bestellungen storniert oder Verträge aufgekündigt? Indien habe ich gerade mal selbst etwas nachgelesen. Die haben wohl schon im letzten Jahrzehnt ihre Bestellungen zurückgefahren, um sich breiter aufzustellen.Toska hat geschrieben: ↑27.05.2022, 23:28Ja, ich verfolge das derzeit mit. Es wird keiner mehr freiwillig russische Waffen kaufen. Es sei denn, er kann aus politischen Gründen nicht woanders einkaufen. Oder er bekommt den Kram quasi geschenkt. Der Ukraine-Krieg hat eines nochmal ganz deutlich gezeigt: Ein Kampfflugzeug, Hubschrauber, Panzer, Artillerie-System, Drohne oder auch ein Schiff sind WaffenSYSTEME. Da müssen Mobilität, Eigenschutz, Wirkmittel und Sensorik alle auf einem zeitgemäßen Stand sein und ineinander greifen. Da kann mal die eine oder Kategorien nicht so toll wie das Zeugs vom Gegner sein, aber in der Summe sollte sich das irgendwo aufwiegen. Entweder in Qualität oder Quantität. Und das ist bei Russen-Kram halt nicht der Fall.
Was wird denn davon exportiert? Wird nur der T-90 nicht exportiert, aber die T-80 schon?Toska hat geschrieben: ↑27.05.2022, 23:28Die Russen haben lange den Eindruck erweckt, ihrer Technik aus den 70'ern und 80'ern mit Upgrades und Modernisierenen "neues Leben" eingehaucht zu haben. Alles Augenwischerei. Russische Panzer? T-72, T-80, T-90 (letztere bislang so gut wie nicht exportiert) sind alle rollende Krematorien, die sofort platzen, wenn sie mit AT-Waffen beschossen werden, die in den letzten 40 Jahren entwickelt wurden. Die russischen "Verbesserungen" am Eigenschutz der Panzer? Egal ob KONTAKT, ERA, neue Panzerungstypen oder Käfige? Alles für die Füße und es nützt halt nichts, wenn die Besatzung noch immer nicht vernünftig nach draußen kucken kann, sobald die Luken zu sind. Oder wenn man schnell aus der Kampfstellung zurücksetzen will und der einzige Rückwärtsgang erlaubt maximal 6 km/h. Weil: ANGRIFFSPANZER - der kann nur Vorwärts.
Das mit den unglaublich vielen Drohneneinsätzen kriege ich auch in den russischen Kanälen mit. Die holen allerdings davon durchaus welche runter, allerdings natürlich mit einem Kosten/Nutzenaufwand, der irgendwann zu Gunsten der Drohnen ausgehen muss.Toska hat geschrieben: ↑27.05.2022, 23:28Flugabwehr: Die S-300 der Russen war ja ein toller Exportschlager und wurde in alle Welt exportiert. Und alle wollten auch die S-400 und nur die Türken haben bislang mal dran lecken dürfen. Stellt sich raus: Die vielgepriesene S-400 ist ein relativ zahnloser Tiger, der selbst die Bayraktar-Drohnen in 35.000 Fuß auf nachweislich 48km Entfernung nicht sehen kann! Das ist unakzeptabel. Was man nicht sehen kann, kann man nicht bekämpfen. Neulich erst hat ein Ostblock-Land (Rumänien? Habs vergessen) seinen Bestand an S-300 dadurch vergrößert, dass sie chinesische HQ-9 (S-300 Klon) gekauft haben. Und anders als die Russen haben die Chinesen sich nach der Bestellung überschlagen und neuwertige HQ-9 quasi sofort per Luftfracht ausgeliefert. Sind vor 2-3 Wochen angekommen.
Aber mal generell: Hat der Westen mit seiner NATO Technik so einen Krieg schon mal geführt? Was kann die westliche Technik in Hinblick auf ein solches Setting und gibt es dazu Praxiswerte? In Afghanistan und im Irak habe ich einen so dermaßen umfangreichen Drohneneinsatz der gegnerischen Seite jedenfalls nicht mitbekommen.
[Rest zur russischen Waffentechnik und deren Schwächen]
Wie immer sehr interessant und evtl. hast du mit den Folgen (kein internationaler Absatz mehr) auch Recht. Ich habe da etwas Zweifel, denn wenn Kriege sowas wie Waffenshows sind, dann haben z.B. die Amerikaner in ihren verlorenen Angriffskriegen eher schlechter überzeugt. Ergänzend dazu frage ich mich dann auch, warum russische Technik nach der massiven Niederlage in Afghanistan überhaupt noch nachgefragt wurde, denn schon dort hatte man ein ähnliches Szenario bei dem die großen Waffensysteme der Russen (Panzer, Flugzeuge) durch kleine / billige teilweise schultergestützte Systeme im großen Umfang bedroht und zerstört wurden.
Die russiche Zentralbank spielt die Karten aus, die sie hat. Natürlich sind die durch die Maßnahmen des Westens limitiert. Aber wieso sollte so etwas Manipulation sein? Rohstoffgedeckte Währungen sind nun wahrlich keine neue Erfindung. Aufgehoben wurde das eigentlich im großen Umfang erst durch die Amerikaner beim Dollar. Als Weltreservewährung und natürlich auch durch das gesamte Geschäftsmodell der USA war eine solche Golddeckung hinderlich, da es die Geldmenge limitiert. Das hohe Leistungs- und Handelsbilanzdefizit der USA funktioniert nur mit einem freien Dollar.
Genau das hat Russland jedoch nicht. Sie haben aber nach dem Rausschmiss aus dem Dollar und EUR ein hohes Interesse daran, dass ihre eigene Währung als stabile "Wechsel" für ihre Rohstoffgeschäfte anerkannt wird. Was liegt da näher als die Währung mit Rohstoffen zu decken? Sie brauchen keinen Rubel, dessen Menge sie ständig ausweiten können. Somit ist das durchaus eine geschickt gespielte Karte, auch wenn diese sicherlich nicht ganz freiwillig gespielt wird.
Manipulation wäre es übrigens, wenn Russland das angebotene Gold nicht hätte oder schlussendlich sich weigern wird es auch wirklich auszuzahlen. Sollten sie das jedoch tun, dann dürfte der Rubel implodieren.
Wie vieles in dem Video und in diesem Fall wird es ja auch mehrfach betont, das sind alles Spekulationen. Dass sie solche versteckten Reserven haben will ich jedoch gar nicht anzweifeln, das ist durchaus eine sinnvolle Maßnahme, um die eigenen Reserven zu schützen, aber ob es wirklich die vermuteten 110 Mrd. Dollar sind?Toska hat geschrieben: ↑27.05.2022, 23:28Laut dem Video haben die Russen wohl noch 110 Milliarden USD oder Euro im Ausland versteckt und nutzen das, um Verbindlichkeiten zu bezahlen und eigene im Ausland befindliche Staatsanleihen billig zurück zu kaufen. Kann ich nicht abschätzen, wäre aber vernünftig.
Russland hat seit 2014 übrigens seine Auslandsverschuldung von ca 730 auf knapp 450 Milliarden US Dollar verringert. Das haben die immerhin unter einem aktiven Sanktionssystem geschafft, während parallel der Westen seine Schuldenberge massiv ausgeweitet hat. Und ja, natürlich versucht man Russland mittels dieser Schulden in einen Zahlungsausfall zu zwingen. In den USA läuft dieser Versuch bereits sehr aktiv.
https://www.dw.com/de/usa-forcieren-zah ... a-61930136
Es geht wohl um knapp 40 Milliarden Dollar. Wir werden dann ja sehen können, ob die 110 Milliarden wirklich existieren und ob sie schnell genug "flüssig" gemacht werden können. Langfristig halte ich das Handeln der USA übrigens für Schädigung der Eigeninteressen, denn hier wird komplett an den eigenen Regeln vorbei gespielt und das werden sicherlich viele Länder mit sehr viel Interesse verfolgen.
Ich habe nicht gesagt, dass Sanktionen nicht wirken! Ich habe gesagt: Sie führen zu keinem "Regime Change" und sie beenden auch keinen Krieg. Sie schaden jedoch im großen Umfang der Bevölkerung eines Landes und kosten dort ganz konkret eine Menge Menschenleben, auch Menschenleben, die sogar eigentlich das eigene Weltbild teilen. Und ich habe auch nicht behauptet, dass Russland einen "Reibach" mit Asien macht. Es geht um Schadensbegrenzung, nicht um Erfolg. In Sache Schadensbegrenzung habe ich im Moment nur den Rückblick ab 2014 und ein Versuch der Bewertung der Gegenmaßnahmen, die Russland ergreift. Mehr haben wir nicht.Toska hat geschrieben: ↑27.05.2022, 23:28Dass Sanktionen nicht wirken? Der langfristige Schaden für das BIP eines Landes und seine Möglichkeit, sich nach den Sanktionen wieder zu erholen wird das schon beeinflussen. Weißrussland hatte eine Ökonomie, die doppelt so stark wie die der Ukraine war. Das haben die sich durch den Schulterschluss mit Russland verkackt. Dass die Russen großartig Reibach mit Asien machen und das dadurch kompensieren können? Das mag sein, aber sichtbar ist davon derzeit noch wenig. Muss man abwarten.
"Appeasement" spielt mal wieder mit der Hitler Karte. Sorry, aber Putin ist kein Hitler. Oder siehst du bei ihm eine ähnliche Ideologie von Raum und rassischer Überlegenheit, die ihn zur Eroberung der Welt beauftragt? Er hat über ein Jahrzehnt gegenüber dem Westen / der NATO klar kommuniziert, was aus seiner Sicht die Sicherheitsinteressen Russlands sind und wo er Grenzen sieht. Das rechtfertigt keinen Angriffskrieg, ist aber eine vorhersehbare Eskalation.Toska hat geschrieben: ↑27.05.2022, 23:28Aber ich denke Henry Kissinger (der neulich auch wieder auf "Appeasement" drängte) liegt falsch. Mal wieder. Man kann den Russen gegenüber nicht nachgeben. Nicht jetzt und auch nicht so lange die noch einen Quadratmeter Ukraine besetzt haben. Unterm Strich muss es in Russland (und Weißrussland) Tabula Rasa geben und da müssen neue Leute ans Ruder, die keine Amokläufer sind. Dass insbesondere die Russen danach auf Jahrzehnte stinkig sein werden? Ist klar. Insbesondere auch dann, wenn sie dann sehen, dass Weißrussland und Ukraine dann vom Westen Billiarden an Hilfe bekommen und sie mal wieder nur Heuschrecken und die kalte Schulter.
Und was meinst du denn wo die Billiarden in der Ukraine bleiben werden? Das Land ist hoch korrupt. Und wo hat in den letzten Jahrzehnten in der Breite die Bevölkerung in Schwellenländern von westlicher Kapitalflut profitiert?
Ich wüsste im Moment eher Gegenbeispiele wie z.B. Griechenland innerhalb der EU. Man gibt ihnen ein Jahrzehnt Aufschwung und danach lässt man sie tief in schwerste Armut zurückfallen, immer schön mit dem Duktus oben drauf: Ihr seid halt zu faul, zu korrupt und zu unfähig, habt ihr halt verdient.
Und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Allein aus egoistischen Gründen hoffe ich darauf, dass Weißrussland und Russland nicht vom Westen und seinen Heuschrecken überrannt werden, denn das würde weitere Jahrzehnte in einer unipolaren Welt unter den Regeln der USA und dessen Milliardären bedeuten. Bitte nicht! Und für die Welt würde es wahrscheinlich weitere ausgedehnte Angriffskriege der USA gegen jedes Land, welches nicht mitspielt, bedeuten. Dann lieber doch Systeme, die sich gegenseitig in Balance halten. Das führt zwar auch nicht zu einer viel besseren Welt, aber es verhindert immerhin zu große Exzesse.