GermanWings

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Icho Tolot
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Beitrag von Icho Tolot » 07.04.2015, 09:14

Toska hat geschrieben: Mich kotzt das an, dass da Leute Nachrichten machen, von denen ich am McDrive nicht unkontrolliert den Beutel entgegen nehmen würde, weil sie offensichtlich zu doof sind, einen Eimer warme Pisse umzutreten ohne dabei nass zu werden. Es gibt keine journalistischen A-Teams mehr. Das sind alles nur noch Praktikanten ohne Ahnung und Plan und Getriebene auf der Suche nach "knalligen Bildern" und perfiden Aufmachern.
nun ja, was würden die paranoiden daraus machen, wenn es immer nur heißen würde: "keine ahnung, wir müssen erst einmal genau recherchieren"? hast du nicht selbst schon fabuliert, bevor irgend etwas genaus fest stand? und haben die einschlägigen seiten nicht genau aus der abwesenheit von informationen wieder an der großen verschwörung gestrickt?

also komm jetzt nicht heuchlerisch mit der forderung nach gutem journalismus.

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Beitrag von Toska » 07.04.2015, 21:37

Icho Tolot hat geschrieben: also komm jetzt nicht heuchlerisch mit der forderung nach gutem journalismus.
Der Unterschied ist: Ich bin kein Journalist. Ich darf spekulieren und meine Äußerungen sind auch klar als solche zu erkennen. Desweiteren stelle ich Fragen, die ich nirgendwo in den "Qualitätsmedien" beantwortet finde. Oder ich hab sie übersehen. Dann wäre ich dankbar, wenn es jemand irgendwo gesehen oder gehört hat.

Ich bin mal so frei, die Timeline des Absturzes, der Ermittlungen und Schlüssel-Nachrichten zu bringen:
2015-03-24 10:27 Reiseflughöhe 38.000 Fuß erreicht.
2015-03-24 10:30 Letzter Funkkontakt mit der Flugsicherung
2015-03-24 10:30:54 Autopilot wird innerhalb von 3 Sekunden auf 100 Fuß eingestellt.
2015-03-24 10:31 Kursänderung von 40° auf 25° eingeleitet, Sinkflug beginnt.
2015-03-24 10:32 Flugsicherung versucht mehrmals Kontaktaufnahme und pollt ADS-B Transponder.
2015-03-24 10:35 Flugsicherung erklärt Distress Phase. Spätestens jetzt wird die Luftverteidigungs-Rotte der Luftwaffe auf der Airbase Orange alarmiert, sowie die Such-Hubschrauber mit Transponder-Peilgeräten.
2015-03-24 10:37 Radar-Primärkontakt verloren. Das nächste ACC-Radar ist rund 80km vom Punkt des Kontaktverlustes entfernt.
2015-03-24 10:40:58 Letzte Transpondermeldung
2015-03-24 10:41 Aufschlag
2015-03-24 10:49 Handelsblatt berichtet über den Absturz und zwei Armee-Hubschrauber steigen auf, um die Trümmer zu lokalisieren.
2015-03-24 11:10 Die Hubschrauber finden den Absturzort.
2015-03-24 11:49 Germanwings postet auf Facebook und Twitter: Man habe noch keine Informationen über den Flug.
2015-03-24 12:09 Vizepräsident Frankreichs informiert die Presse
2015-03-24 12:13 French civil aviation authories say a distess call was received at 1047 local time (Falschmeldung).
2015-03-24 12:20 Frankreichs Präsident Hollande tritt vor die Presse.
2015-03-24 13:10 Germanwings Pressekonferenz
2015-03-24 14:49 Steinmeier und Dobrindt fliegen nach Frankreich
2015-03-24 15:03 Germanwings says team from Lufthansa, Airbus and Germanwings is on the way to the crash site to find out why planed crashed as qucikly as possible.
2015-03-24 15:42 French aviation authority said Germanwings jet did not issue distress call. Controllers declared distress phase. (Berichtigung der Falschmeldung)
2015-03-24 17:56 Französischer Innenminister gibt bekannt: Cockpit Voice Recorder gefunden.
2015-03-25 13:51 Sprecher von BAE-Systems bestätigt, dass die Datenextraktion des Cockpit Voice Recorder erfolgreich war und die Auswertung begonnen hat. He expected to have more analysis of the voices in "a matter of days."
2015-03-25 14:01 Französischer Staatsanwalt sagt auf Pressekonferenz: "The Flight Data Recorder (FDR) has been retrieved, however it appears to be extensively damaged and the memory card that is normally in the recorder is missing and the belief is that it was dislodged due to the impact."
2015-03-26 02:11 New York Times berichtet vom "Pilot Lockout", den man laut Cockpit Voice Recorder festgestellt haben will.
2015-03-29 20:30 Bei Günter Jauch sagt der Lufthansa-Manager Kay Kratky: Der Flugdatenschreiber ist vielleicht so sehr beschädigt worden, dass er kein Signal sendet. Vielleicht wird er nie gefunden." Bitt was? Die hatten den doch schon? Nur ohne Chips. Jetzt auf einmal nicht mehr? Oder hat der Typ keine Ahnung? Nehmen wir letzteres an, da im Management.
2015-03-01 19:47 Bild-Zeitung & Paris Match: "Handy-Video aus Todesflieger zeigt letzte Sekunden"
2015-04-02 05:02 Bekanntgabe, dass der Flugdatenschreiber in der Nacht gefunden wurde. Bilder der verkohlten Hülle werden gezeigt.
2015-04-03 09:08 Französischer Staatsanwalt gibt bekannt, dass Auswertung des Flight Data Recorder die bisherigen Erkenntnisse bestätigt. Die Ermittler aus Düsseldorf geben bekannt, L. hätte im Internet zum Thema Selbstmord und dem Verschlusssystem des Cockpits gesucht.
Lassen wir mal alles andere außen vor. Erst recht solche Verschwörungstheorien wie "Gase im Cockpit", "Fernsteuerung" oder "gezielter Abschuss durch die französische Luftwaffe" (Luftwaffenbasis Orange ist nur 170km vom Absturzort entfernt). Oder was sonst noch so an kruden Thesen und Quatsch zirkuliert und durch keinerlei harte Fakten belegt ist.

Im Gegenteil: Bleiben wir bei den Fakten und der offiziellen Linie, es war Selbstmord/Massenmord durch Co-Pilot nach Cockpit-Ausschluss des Piloten.

Meine Fragen:

Welchen Orden bekommt der Fluglotse, dem es innerhalb von 120 Sekunden nach Kurs- und Höhenabweichung gelungen ist, von einer Anomalie auszugehen? Und der dann sofort den ADS-B Transponder nach der Autopiloten-Einstellung der Germanwings pollte? Das ist nur einer von rund 50 optionalen Parametern, die er hätte abfragen können. Aber diesen pollte er gleich drei mal, nur um dann drei Minuten später den Notfall höchster Stufe auszulösen. Das ist dermaßen fix und so super-korrekt, dass man nur mit den Ohren schlackern kann. In Deutschland würde man das vermutlich nur in der Nähe von Berlin-Mitte oder anderer Flugverbotszonen so fix handhaben. Ansonsten kann da auch gerne mal eine 737-300 ohne Funkkontakt von Holland bis nach Frankfurt/Main fliegen, ohne dass mal einer nervös wird - solange der Flugplan stimmt.

Wie kommt es, dass innerhalb von 32 Stunden nach Auffinden die Presse vom Inhalt des Cockpit Voice Recorder (CVR) weiß? Vor allem, wenn man bedenkt, dass das Ding erstmal nach England geflogen werden musste, um dort die Analyse zu machen. Und von allen Presseorganen weltweit hat just die New York Times als erstes die Info? Wer hat da geplappert? Ein Techniker von BAE-Systems? Wenn nein, dann kann es nur ein gezieltes Leck aus den Kreisen der Ermittler in Frankreich oder Deutschland gewesen sein. Wenn dem so ist, dann war die Preisgabe der Information mit hoher Wahrscheinlichkeit politisch so gewollt. Zumindest auch deshalb, weil bislang nicht bekannt wurde, dass wegen der unautorisierten Preisgabe der Information "gegen Unbekannt" ermittelt wird.

Sowohl CVR als auch Flight Data Recorder (FDR) sind beide in der Regel im Heck eingebaut (allerdings nicht immer) und verfügen über Peilsender. Beide sind ausgelegt, spontane und kurzzeitige 3400 G Verzögerung als auch andauernde Wasserdrücke bis 2000 Bar für mindestens 30 Tage auszuhalten. Der CVR wurde wegen funktionierenden Peilsenders innerhalb von sieben Stunden gefunden und geborgen und das Ergebnis 32 Stunden später gezielt an die Presse gegeben.

Von Flug MH017 hat man sowohl CVR als auch FDR und der Inhalt ist nach wie vor Verschlusssache. Auch bei anderen Flugunglücken sind Inhalt des CVR in der Regel immer Verschlusssache und es werden bestenfalls Transkripte mit Teilausschnitten veröffentlicht. Aber seit Klagen von US-Piloten in den späten 90'ern ist es ICAO-Richtlinie, die CVR-Inhalte nicht in Audio-Form zu publizieren, da kein Pilot sein letztes "Oh Fuck!" als Klingelton in Zirkulation haben möchte. Das zudem ausgewählte Roh-Daten des FDR komplett an die Presse gegeben und im Internet publiziert werden, ist ebenfalls äußerst ungewöhnlich und passiert frühestens (wenn überhaupt) im Abschlussbericht.

Der FDR der Germanwings? Am 2015-03-25 14:01 sagte der französische Staatsanwalt noch, man habe nur das Gehäuse gefunden und die Speicherchips würden fehlen (!). Trotz der Info sagt ein Lufthansa-Manager drei Tage später bei Jauch, dass man den FDR vielleicht niemals finden wird. Am 2015-04-02 05:02 gibt der französische Staatsanwalt bekannt, man habe den FDR "über Nacht" gefunden und zeigt Bilder der verkohlten Hülle. Der Hersteller des FDR BAE-Systems macht sich an die Auswertung der Daten. Dann 25 Stunden später die Bekanntgabe, dass die Auswertung die bisherigen Ergebnisse unterstützt und Veröffentlichung von Auszügen der Rohdaten einiger Parameter im Internet.

In der Geschichte der Luftfahrt hat es noch keine schnellere Auswertung und Veröffentlichung dieser Daten eines Flugunfalls gegeben. Nochmal: So fix hat man noch nie ein Flugzeugunglück als restlos aufgeklärt bezeichnen können. Besonderes Lob muss hier natürlich den Bergrettern der Franzosen gezollt werden, die in der Nacht und im Stockdunklen in unwegsamen und gefährlichen Gelände den FDR (oder seine Chips?) gefunden haben. Zumal am Tag zuvor noch ein CNN Reporter von einer benachbarten Bergkuppe runter filmte und erwähnte, dass die Arbeiten pünktlich zu Sonnenuntergang eingestellt würden, weil die Helikopter Nachts nicht fliegen dürften und es für die Mannschaften am Berg zu gefährlich sei. Falls da einer abgestürzt wäre, hätte man ihn erst nach Sonnenaufgang ausfliegen können. Wenn das Wetter mitspielte.

Ebenfalls erstaunlich: Da hat ein Handy (oder seine Speicherkarte) den Absturz so schadlos überlebt, dass die Daten ohne weiteres extrahiert werden konnten, um just darauf ein Video der letzten Minuten in der Kabine zu zeigen, was dann von Bild und Paris Match veröffentlicht wurde. Noch während der Staatsanwalt sagte, man habe zwar Überreste von Handys gefunden, aber mit der Auswertung noch nicht begonnen. Feststellung: Der für enorme Belastungen von 3400 G ausgelegte und total verkohlte FDR ist zerborsten und hat seine Speicherchips so weit aussgespuckt, dass diese nicht verkohlt wurden und auch nicht gleich aufgefunden wurden. Dennoch war nach dem Fund eine Auslesung in Rekordzeit möglich. Auf der anderen Seite: Das Speicher-Medium eines 08/15 Handy hat anscheinend das gleiche geleistet und flatterte bis auf den Schreibtisch der Bild. Frage: Was für ein Nokia-Modell war das Handy? Oder baut BAE-Systems neuerdings auch Handys?

Spätestens seit MH370 weiß auch die Presse, dass moderne Verkehrsflugzeuge (auch ältere) mit ACARS ausgerüstet sind. Man erinnere sich: Das ist der Satteliten-Funk, der für Voice- und Datenübertragung im Flug genutzt werden kann. Verkehrsflugzeuge übermitteln automatisch und mehrmals die Stunde komprimiert Flugdaten über die ACARS SAT-Verbindung, die an den Triebwerkshersteller und/oder die heimatliche Technik gehen. Ob die Daten da ankommen, hängt natürlich davon ab, ob die Betreibergesellschaft ein Abo bei Anbietern wie Inmarsat hat. Malaysia Airlines hatte das nicht. Da die Triebwerke aber geleased waren, gingen zumindest die Triebwerk-Daten an Rolls Royce, da diese dafür ein Abo hatten.

Als man noch panisch nach dem FDR suchte (oder zumindest nach den Chips) kam dennoch bei der Presse nicht einmal die Frage auf, ob man ACARS-Daten hätte und auch die Ermittler vermieden es, das von sich aus anzusprechen. In Ermangelung der FDR-Daten wäre das die nächst beste Quelle gewesen, um an Erkenntnisse über Flugparameter zu kommen. Selbst nur die reinen Triebwerksdaten hätten wichtige Informationen über den Input von Steuersignalen geliefert und Rückschlüsse über Vorgänge im Cockpit erlaubt.

Auch wird keiner fragen, warum der Bub von Co-Pilot auf seinem iPad im Internet nach dem Verschlussmechanismus des Cockpits gesucht hat. Er hatte doch jederzeit Zugriff auf die komplette technische Dokumentation der A 320, da die auch regelmäßig Bestandteil seiner Open- and Closed Book Prüfungsfragen bei der Scheinverlängerung sind. Was wollte er im Internet aus zweiter und dritter Hand finden, was dort in der bibelgleichen Primärquelle nicht steht?

Auf die Fragen wird es keine Antwort geben und die Fragen wird auch kein "Qualitätsjournalist" stellen. Dabei sind sie allesamt ungefährlich und sachdienlich und hat mit "VT" oder "alternativen Szenarien" komplett nichts zu tun.

Aber wie gesagt: Wenn die Luftfahrt-Experten der Presse nicht mal wissen, was die ICAO ist, dann ist es einfacher, in Montabaur Passanten nach der Befindlichkeit zu befragen. :roll:

Selbst wenn nichts auf einen anderen Tat- und Unglückshergang hindeutet, als offiziell behauptet und die kolportierten Ermittlungs-Ergebnisse 99,999998% deckungsgleich mit der Realität sind:

Warum weicht man vom Drehbuch bei Flugunfallermittlungen ab? Die Vertreter der ICAO, die dem Ermittlungsbehörden da beistanden haben vermutlich Knochen gekotzt, da sie Schnellschüsse in der Regel vermeiden wollen, damit am Ende belastbare Ergebnisse rauskommen. Deren Experten sind es gewohnt, Druck von allen Seiten (Flugzeughersteller, Fluglinien, Politik, Pilotengewerkschaften und Presse) zu bekommen und beraten die Ermittlungsbehörden und Fluglinien, wie sie sich taktisch am geschicktesten vor der Öffentlichkeit präsentieren, um eventuelle Ergebnisse nicht von vornherein zu vergiften. Zumal diese auch für die Flugsicherheit aller Maschinen weltweit von erheblicher Relevanz sind. Die Ermittlung und die Art und Weise wann hier was an die Presse durchgestochen wurde sind äußerst ungewöhnlich und bei allen anderen gezielt durch Cockpit-Crews herbeigeführten Flugunfällen hat man just genau das so lange vermieden, bis alle anderen Möglichkeiten explizit ausgeschlossen waren.

Da stecken meiner Ansicht nach politische Motive dahinter und sowohl in Frankreich als auch in Deutschland wollte man wohl ganz früh klar machen: Einzeltäter. Kein technischer Defekt, nicht religiös motiviert und kein Terrorakt.

Salopp gesagt: Die hatten Panik und wollten mit aller Gewalt vermeiden, dass jemand einen Terror-Akt auch nur im Entferntesten in Betracht zieht. Prost Malhlzeit.
Grüße,

Toska
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Beitrag von Icho Tolot » 22.04.2015, 00:25

Salopp gesagt:
Labern tuen alle viel.
Ich glaube noch nie ist ein Flugzeug direkt vor unserer Hasutür runtergekommen.
Da ist der Schock groß und jeder will sofort Antworten haben.

Vollkommen wurscht, ob da Informationsmanagent betrieben und in die hose gegangen ist oder nicht.
Die Fragen sind doch alle irrelevant aber ordentlich prätentiös.

Natürlich ist es politisch gewollt, schnell einen Schuldigen zu präsentiren.
Und? Doof ist's nur, wenn's nicht stimmt.

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Beitrag von Toska » 22.04.2015, 06:28

Icho Tolot hat geschrieben:Ich glaube noch nie ist ein Flugzeug direkt vor unserer Hasutür runtergekommen.
So ganz stimmt das nicht. Denk mal an die Concorde, die bei Paris runterknallte. Da waren auch viele Deutsche an Bord, die dazu auch noch fast alle aus der gleichen Gegend kamen und zu einer Kreuzfahrt unterwegs waren. Oder in 2002 als in Süddeutschland eine Tu-154 der Bashkirian Airlines und einer DHL Fracht-Maschine vom Typ Boeing 757-200 in der Luft kollidierten. An Bord der Tupolev waren recht viele Kinder. Nur ist es halt das erste mal seit langer Zeit, dass eine Lufthansa-Maschine (bzw. von Tochtergesellschaft betrieben) ein Totalverlust ist und dann quasi "vor der Haustür". Und der offensichtlich Schuldige halt ein "ganz normaler Junge" aus der Nachbarschaft ist. Das fällt dann aus dem Rahmen.
Icho Tolot hat geschrieben:Da ist der Schock groß und jeder will sofort Antworten haben.
Das ist natürlich richtig. Deswegen schlagen halt dann auch sofort die Experten der ICAO auf und sorgen in der Regel dafür, dass sich bei den Ermittlungen an die internationalen Standards gehalten wird. Die haben reichlich Erfahrung darin, den Informationsfluss so zu leiten, dass die Untersuchungen nicht kompromittiert werden und ergebnisoffen und zielgerichtet ermittelt wird. Deren Drehbuch für solche Fälle baut auf einem umfassenden Erfahrungsschatz auf, den man in Jahrzehnten erarbeitet hat.

Davon hat man diesmal nichts gesehen, weil die Franzosen entweder ausreichend Beratungsresistenz hatten, oder aus politischen Gründen ein eigenes Süppchen zu kochen hatten. Der Wahrheitsfindung dient das nicht. Bleibt die Frage, welchen "Teil der Warheit" wir denn jetzt glauben und welchen nicht.
Icho Tolot hat geschrieben:Vollkommen wurscht, ob da Informationsmanagent betrieben und in die hose gegangen ist oder nicht.
Die Fragen sind doch alle irrelevant aber ordentlich prätentiös.
So prätentiös ist das leider alles nicht. Gerade das Mysterium des Flugdatenschreibers (und Auffälligkeiten bei den veröffentlichten Audio-Tracks des Voice Recorders) haben ein "Geschmäckle". Die französischen Ermittler haben ein Händchen dafür, sich Flugunfälle so zu biegen, wie es ihnen in den Kram passt. Air France und Airbus gilt es dabei mit allen Mitteln zu schützen. Schnellschüsse an die Presse sind da oberstes Gebot, um gleich mal die Meinungshoheit zu haben. Und das bleibt halt eher hängen, als die traurigen Wahrheiten aus dem zwei Jahre später erfolgenden Abschluss-Bericht, den sich nur Insider im Detail antun. Und a steht dann oft genau das Gegenteil von dem drin, was die französischen Ermittler anfangs gesagt haben.

Gerade Air France hat eine furchtbare Fehlerkultur und die Piloten dort sind wegen ihrer Überheblichkeit und Snobismus in der Branche verschrien. Zudem hapert es bei denen oft an der Kommunikation im Cockpit. Der Co-Pilot hat die Klappe zu halten und der Captain hat immer Recht. Bei denen angeblich mehr, als anderswo und es hat leider bereits zu mehreren Totalverlusten geführt.

Man denke an Air-France-Flug 447 (1. Juni 2009), der über dem Südatlantik verloren ging. Oder die Concorde (AF4590), die bei Paris runterknallte. Das sind beides "Lehrstücke" in der Hinsicht und die Branche hat sich beide genau angesehen. Du hast sicherlich noch aus den Medien die jeweilige "Unfallursache" im Kopf? Im Südatlantik war die Pitot-Sonde für die Geschwindigkeitsmessung der Schuldige. Und bei der Concorde der Blechstreifen auf der Startbahn, der die Reifen aufschlitzte.

Die offiziellen Abschlussbericht beider Abstürze dagegen? Die hauen Air France dagegen komplett in die Pfanne und lieferte ein absolut vernichtendes Urteil über Wartung, Pilotenausbildung, Ground-Procedures, Cockpit-Prozeduren, laxer Umgang mit Sicherheitsvorschriften und mangelnde Kommunikation zwischen den Mitgliedern der Cockpit-Besatzung. Da bleibt kein Auge trocken. Jede andere Fluglinie würde deswegen zumachen können. Das ist auch der Grund, warum man die Zivilklage gegen Delta Airlines (die hatten den Blechstreifen verloren) zurückgezogen hatte. Ansonsten wäre halt an die große Glocke gekommen, was für einen kapitalen Scheiß Air France da aufgestapelt hatte. So erschloss sich das halt nur den interessierten Insidern und die Allgemeinheit glaubt weiterhin an "den Blechstreifen" als alleinige Ursache. Stattdessen: Was die Crew der Concorde da abgezogen hat, war die reinste Muppet-Show und endete halt leider ebenso tragisch wie vorhersehbar.

Dieser Artikel hier hat zu der Concorde-Geschichte http://www.theguardian.com/world/2001/m ... rose.focus alles nötige kurzweilig zusammen gefasst und langweilt nur mit den Details aus dem Abschlussbericht, die wirklich relevant sind. So eine exzellente Recherche und Aufbereitung findet man in der deutschen Presse leider so gut wie nie. Es würde ja auch den eigenen aufreißerischen Schlagzeilen der ersten Stunden und Tage widersprechen.
Icho Tolot hat geschrieben: Natürlich ist es politisch gewollt, schnell einen Schuldigen zu präsentiren.
Und? Doof ist's nur, wenn's nicht stimmt.
Doof, wenn es nicht stimmt, richtig. Und selbst wenn man alle Verschwörungstheorien komplett über Bord wirft, hat diese Sache schon ganz früh ein Geschmäckle bekommen. Warten wir mal auf den Abschlussbericht der Untersuchungen und schauen dann mal, was da wirklich drin steht. Mich würde nicht wundern, wenn der diesmal Verschlusssache wird und wir bis dahin genügend andere Probleme haben und es sowieso keinen mehr interessiert.

Wir haben ja derzeit sowieso genug Skandale und lässt die Nachrichten sowieso gleich ganz aus. Ansonsten kann man nicht soviel essen, wie man kotzen möchte.
Grüße,

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Beitrag von Iron5 » 24.04.2015, 16:59

Als ich etwa 1 Stunde nachdem der Crash durch die Nachrichten ging die Bilder
der Flugroute gesehen habe, war mein erster Kommentar "erweiteter Suizid".

Für mich gibts an dem Fall kein Geschmäckle und vermutlich auch für sonst
niemanden der weiß was eine Depression bedeutet.
"Zyniker" ist ein Wort das Optimisten erfunden haben um Realisten zu kritisieren.

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