Strompreistreffen von Bund und Ländern

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cubi
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Strompreistreffen von Bund und Ländern

Beitrag von cubi » 21.03.2013, 23:19

Audiokommentar
http://www.tagesschau.de/multimedia/aud ... 03588.html

Wegen der bescheuerten Depublizierung bei den ÖRs, hier das ganze Transkript.
Gipfel der Verlogenheit


Von Jürgen Döschner, WDR-Wirtschaftsredaktion

Eine Selbstverständlichkeit, kein Eingriff in die Förderung bestehender Ökostromanlagen. Das war das einzig konkrete Ergebnis. Ansonsten war dieser "Strompreisgipfel" eine durch und durch verlogene Veranstaltung zu einer durch und durch verlogenen Debatte. Das fängt bei der Altmaier-Billion an, die die Energiewende angeblich kostet, und hört bei der sogenannten "Strompreisbremse", die uns angeblich vor höheren Energiekosten bewahren soll, längst noch nicht auf.

Schon allein die Tatsache, dass es diesen Gipfel gab, ist ein Beleg für die Verlogenheit. Wäre es der versammelten Entscheider-Elite wirklich darum gegangen, die gebeutelten Verbraucher vor immer weiter steigenden Preisen zu schützen - warum gab es dann bislang keinen Benzinpreisgipfel, keinen Heizöl-, Erdgas oder Mietpreisgipfel? In all diesen Bereichen steigen die Preise seit Jahren ebenfalls, zum Teil viel stärker als beim Strom.

Auch das Gejammer und Geschrei über die "unbezahlbare Energiewende" und die um sich greifende "Energiearmut" ist verlogen. Abgesehen davon, dass Bundesbürger im Schnitt gerade mal zwei Prozent ihres Einkommens für Strom ausgeben, also wesentlich weniger als für Heizung oder Miete - wenn die Politik wirklich die Stromverbraucher entlasten wollte, dann würde sie den Strompreis endlich von solchen Abgaben befreien, die mit Energie oder gar Energiewende überhaupt nichts zu tun haben.

Beispiel Stromsteuer: Mit den jährlich über sieben Milliarden Euro aus den Taschen der Stromkunden werden in erster Linie Arbeitgeber entlastet, die dadurch niedrigere Rentenversicherungsbeiträge bezahlen müssen. Die Stromsteuer gehört nicht verringert, wie von SPD und Grünen gefordert, sie gehört abgeschafft!
Unternehmenssubventionen haben im Strompreis nichts zu suchen

Dasselbe gilt für die zahlreichen Vergünstigungen für energieintensive Unternehmen. Das sind Unternehmenssubventionen, die im Strompreis nichts zu suchen haben. Wer Aluminiumhütten vor globaler Konkurrenz schützen will, wer Arbeitgebern die Lohnnebenkosten senken und Straßenbahntickets billig machen will, der sollte dies über die Steuern finanzieren. Das ist transparenter und vor allem gerechter. Denn Steuern sind nach Einkommen gestaffelt, wer viel hat, zahlt viel. Beim Strom dagegen zahlt jeder gleich viel, egal, ob Hartz IV-Empfänger oder Millionär.

Das ist der Hebel, an dem die Politik ansetzen sollte: Streichung von Stromsteuer, Netzentgeltbefreiung und EEG-Befreiung für energieintensive Unternehmen. Stattdessen - wenn es denn sein muss - Finanzierung dieser Unternehmenssubventionen durch Steuern. Das würde den Strompreis nicht nur senken, sondern auch ein ganzes Stück gerechter machen.

Doch dazu fehlte den in Berlin Versammelten offenbar nicht nur der Mut, sondern auch der Wille.


http://www.tagesschau.de/inland/komment ... el100.html

Erstaunlich klare Worte! Bloß wie wird man das feige und korrupte Pack nachhaltig los, welches uns permanent verarscht? Und wie macht man es denen klar, die das nicht raffen und diesen Lügnern nach wie vor Glauben schenken?
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Toska
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Re: Strompreistreffen von Bund und Ländern

Beitrag von Toska » 22.03.2013, 03:24

Ja, da ist was dran, Cubi.

Hier auch ein interessanter Artikel in "Welt.de": Ein Interview mit Herrn Anzengruber, Chef von Österreichs führendem Stromunternehmen. Hier mal eine kurze, aber prägnante Aussage aus dem Interview:
Anzengruber: Unsere Kaltreserve wird von den deutschen Netzbetreibern gebraucht. Wenn jetzt starker Wind weht, drückt das große Angebot den Spotmarktpreis auf 30 Euro pro Megawattstunde. Gaskraftwerke im Wettbewerb gehen aus dem Markt, der Versorgungsengpass kommt, die deutschen Netze müssen Stützungen abrufen. Wir liefern dann um 120 Euro pro Megawattstunde den Strom.

Die Welt: Und das zahlt jetzt der Verbraucher?

Anzengruber: Genau. Das wird über das Netz sozialisiert.

Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/article11 ... aende.html
Einfach nur geil. er sagt auch ganz klar, woran das deutsche System krankt. Der Strommarkt wurde zwar dereguliert, aber dann teilweise wieder (durch das EEG) komplett reguliert: "Anzengruber: Ein bisserl schwanger geht nicht: Entweder Sie haben einen regulierten oder einen freien Markt. Man kann nicht einen Teil der Anbieter der Nachfrage unterwerfen, während ein anderer Teil, Wind und Sonne, davon ausgenommen sind. Die erhalten Garantiepreise, sogar wenn man deren Strom aufgrund der Verbrauchslage nicht braucht."
cubi hat geschrieben: Erstaunlich klare Worte! Bloß wie wird man das feige und korrupte Pack nachhaltig los, welches uns permanent verarscht?
Hanfstrick. Mehrfach verwendbar und ökologisch abbaubar. Oder Guillotine. Alle 60-200 Jahre muss die mal wieder aus dem Keller geholt werden. :lol:
cubi hat geschrieben:Und wie macht man es denen klar, die das nicht raffen und diesen Lügnern nach wie vor Glauben schenken?
Das geht nur extrem langsam und vermutlich erst, wenn es jedem einzelnen ans Eingemachte geht. Dann ist es aber zu spät.

Hatte heute längere Gespräche mit der Familie in Deutschland und nach dem üblichen Bla-Bla wo man sich nach Hund, Katze und Tante erkundigt und fragt, wie das Wetter ist, sprach man über allgemeine Dinge. Brachte sowohl meinem Vater als auch meinem Onkel gegenüber das Thema auf Zypern und fragte nach ihrer Meinung. Mein Vater ist 63, seit 38 Jahren Unternehmer im Fahrzeugbau. Der Onkel (58 Jahre) arbeitet im oberen Drittel der Hierarchie bei Metro, ist vom Bildungsweg her Akademiker.

Beim Vater ging die Tage eine größere Überweisung von Deutschland an einen spanischen Lieferanten wegen angeblich "inkorrekter IBAN" nicht durch (Daten waren von der letzten erfolgreichen Überweisung im Online-Banking gespeichert) und auch die Bank hat ihn telefonisch deswegen hingehalten. In der Bank selbst musste er am Schalter dann lange warten, weil viel los war. Darunter auch größere Abhebungen von einigen Kunden, von denen sich einer sogar den Akten-Koffer vollmachen ließ, da die Bank nur kleine Scheine hatte. Kein Draht und kein Bezug, nichtmal ein Anfangsverdacht, dass das ggf. was mit Zypern, Bankruns oder Kapitalverkehrskontrollen zu tun haben könnte. O-Ton: "Zypern ist weit weg und ich sehe nicht, dass das irgend eine Rolle spielt." Er liest jeden Tag die Zeitung, in der Werkstatt läuft den ganzen Tag das Radio, er schaut abends Nachrichten. Er ist also durchschnittlich bis gut informiert und daran kanns nicht liegen.

Der Onkel, weit gereister und hoch intelligenter Akademiker. Zum Thema Zypern hielt er nicht nur eine Enteignung der zypriotischen Kleinsparer für absolut richtig, er bedauerte sogar, dass sie nicht durchgegangen sei. Er schloss sogar im Gegenzug komplett aus, dass sowas mal in D-Land passieren könnte. Halt wegen Merkels Garantien. Er war auch der festen Überzeugung dass Zypern keinerlei Einfluss auf die Stabilität des Euros, oder die weitere politische oder wirtschaftliche Entwicklung der Eurozone als Ganzes hat und sah auch keine Demokratiedefizite in der EU. Im Gegenteil: Er sag die Bestrebungen Englands (seine beiden Söhne leben da) als separatistisch und "gefährlich" an und hofft, dass eine neue Regierung die Engländer irgendwann mal wieder auf EU-Kurs bringt. Da hab ich dann das Thema wieder auf neutralere Themen gewechselt.

Dachte an sich, meine Familie wäre ein wenig abgeklärter und aufgeweckter. Nur die Oma ist auf Zack. Sie hat schon letztes Jahr die Sparbücher geplättet, da sie den Banken und "ätt dull Merkel" (Westerwälder O-Ton) nicht mehr traut.

Sechzig Jahre öffentlich-rechtliche Berieselung, 40 Jahre Propaganda zu Montanunion, EWG und EU. Politikverdrossenheit - ja klar. Hoffnung dass "die da oben es schon richten" und man "sowieso nichts dran ändern kann".

Das sind wohl die Resultate davon und dagegen kommt man als einzelner nicht an. Stellt man die Ö-R Berichterstattung in Frage oder stellt ggf. mal düstere Prognosen auf, wie das sich entwickeln könnte, dann kommt gleich die Frage, welches Kraut man gerade geraucht hat. :wink:
Grüße,

Toska
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Beitrag von Lord_Vader » 22.03.2013, 06:58

Der durchschnittliche Deutsche ist halt immer noch ein braver Untertan. Nach oben buckeln und nach unten treten.
Das kann er gut, das hat sich seit Kaisers Zeiten bewährt.
<~>
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Beitrag von cubi » 22.03.2013, 09:23

@Toska

Daseinsvorsorge gehört nicht in die Hand Profit orientierter Organisationen! Punkt!


Was der österreichische Herr der Springerpresse in die Feder Diktiert, ist nur wahr in diesem verkorksten System. Hätte Kohl damals nicht die Bürger enteignet und Rot-Grün den Sack zu gemacht, wären 2005 im Münsterland nicht die Strommasten umgefallen, denn die Milliarden Subventionen für die Instandhaltung sind in die Taschen der Aktionäre von RWE geflossen! Das Privatisierung alles günstiger und effizienter macht ist ein Ammenmärchen und 1000fach widerlegt! Ich bin für Nonprofitunternehmen die verpflichtet sind, Überschüssen in Investitionen, Mitarbeiter und Verbraucher zu stecken, statt die Finanzmärkte zu füttern und den Superreichen die Zinsen zu finanzieren.
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Re: Strompreistreffen von Bund und Ländern

Beitrag von Herr Rossi » 22.03.2013, 09:27

Toska hat geschrieben:
Der Onkel, weit gereister und hoch intelligenter Akademiker. Zum Thema Zypern hielt er nicht nur eine Enteignung der zypriotischen Kleinsparer für absolut richtig, er bedauerte sogar, dass sie nicht durchgegangen sei. Er schloss sogar im Gegenzug komplett aus, dass sowas mal in D-Land passieren könnte. Halt wegen Merkels Garantien. Er war auch der festen Überzeugung dass Zypern keinerlei Einfluss auf die Stabilität des Euros, oder die weitere politische oder wirtschaftliche Entwicklung der Eurozone als Ganzes hat und sah auch keine Demokratiedefizite in der EU. Im Gegenteil: Er sag die Bestrebungen Englands (seine beiden Söhne leben da) als separatistisch und "gefährlich" an und hofft, dass eine neue Regierung die Engländer irgendwann mal wieder auf EU-Kurs bringt. Da hab ich dann das Thema wieder auf neutralere Themen gewechselt.
Schönes Beispiel und mir hinlänglich bekannt. Ich denke es hat ein wenig damit zu tun, dass man in den oberen Einkommensschichten / Mittleren Management jahrzehntelange Erfahrung im betriebswirtschaftlichen Denken gesammelt und. Nicht selten gehe ich aus solchen Gesprächen mit dem Eindruck herraus, dass die schlichtweg das gesamte Leben in ihre betriebswirtschaftlichen Regeln / Gesetzmäßigkeiten gießen.
Der Fehler dürfte sein -und das implizierst du ja auch-, dass man mit betriebswirtschaftlichen Ansätzen in der Makroökonomie nicht weit kommt bzw. diese sich teilweise sogar widersprechen. Nehme ich einem Lohnempfänger 10% seines Einkommens weg, dann wird er das schlucken oder halt kündigen. Tut man das allerdings auf Ebene der Volkswirtschaften, dann kann es -wie man am Beispiel Zyperns sieht- das gesamte System zum Einsturz bringen, weil die Leute en masse ihre Konten plündern und sich dieser Effekt dummerweise im gesamten Währungsraum ausbreiten kann. Für deinen Onkel ist das weit weg, weil für ihn Zypern halt nur eine andere "Firma" ist... wäre schön, aber ist blöderweise zu kurz gedacht.

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Beitrag von Toska » 22.03.2013, 15:15

Hallo allerseits,

Ja, ich denke, eure letzten drei Nachrichten fassen das alles recht gut zusammen. Dem ist an sich nichts hinzuzufügen.
Grüße,

Toska
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