Ich hab hier noch ein paar interessante (unblutige) Videos zum Thema Ukraine, die vielleicht interessieren. Interessant sind sie deswegen, weil es da um Video-Clips geht, welche die Russen selbst ganz hochoffiziell ins Netz gestellt haben und *wollen*, dass wir die sehen. Da sollte man eigentlich annehmen, dass sie sich von ihrer besten und stärksten Seite zeigen. Doch das Gegenteil ist der Fall und da kann man nur die Hände über dem Kopf zusammen schlagen, weil das ein ziemliches Propaganda-Fail ist.
Im ersten (längeren) Video analysieren
Ward Carrol und Justin Bronk einen Video-Clip.
Ward Carrol ist ein ehemaliger F-14 RIO der US Navy, Autor und recht unterhaltsamer Kommentator auf Youtube. Justin Bronk ist Analyst des Royal United Services Institute (RUSI) in London/UK. Das ist Englands ältester militärischer "Think Tank".
In dem Video geht es hauptsächlich um die russische Luftwaffe. Da sind Schnipsel von Maschinen, die auf Flughäfen rollen, starten, oder gewartet werden. Und interessante Bilder aus verschiedenen Cockpits oder was vom HUD abgefilmt.
Das Fazit hier: Die Russen haben keine oder nur wenig Abstandswaffen und setzen diese dann wohl auch nur aus sicherem Luftraum heraus ein. Sie setzen bei Bodenangriffen Su-30 ein, wo eigentlich Su-34 prädestiniert wären. Weil denen wohl zu viele Su-34 rungegefallen sind. Sie setzen NUR Flieger, ein, die wingtip-mounted Electronic Warfare-Pods haben. Und wie jede Luftwaffe der Welt haben auch sie davon zu wenig, um alle Maschinen auszustatten. Aber sie stufen die Bedrohungslage wohl so ein, dass der Einsatz der EW-Pods unverzichtbar ist. Witzig ist auch: Die Russen sind generell immer mit R-27 (AA-10 "Alamo") und R-73 (AA-11 "Archer") Luft-Luft-Raketen geflogen. Weil die sind recht robust und vertragen es gut, jahrelang an Maschinen gehangen, in der Gegend rumkutschiert zu werden, wieder abgehangen und in die Ecke gewuppt zu werden. Die R-77 (AA-12 "Adder") dagegen ist empfindlicher und wurde daher nur selten "nur zum Spaß" in der Gegend rumgeflogen.
Im Video sieht man eine Su-35 beim Start, die vier R-77 und außer EW sonst nichts trägt. Die Abwesenheit von R-73 suggeriert hier ganz klar: Man sucht keinen Luftkampf auf kurze Distanz und wird wohl auch nicht in den ukrainischen Luftraum eindringen, sondern bestenfalls aus der Distanz draufhalten, falls man was findet.
Auch interessant sind die zwei Videos-Schnipsel, in denen russische Jets Kh-35E (AS-20 'Kayak') verschießen. Das sind *eigentlich* Anti-Schiff Waffen aus den frühen 1970'ern. Die "E"-Variante ist aber die einzige Waffe der Russen gegen Radarstellungen - analog zur HARM der USA. Nur ist die halt in *jeder* Hinsicht schlechter. Nicht nur hat sie eine kürzere Reichweite. Nein, der Sucher ist auch Kacke. Der muss
ab Werk (!) auf die Bedrohung eingestellt werden, die man bekämpfen will und das kann im Feld oder gar im Flug nicht geändert werden. Der kann z.B. Patriot oder Hawk bekämpfen, aber dann keine Radare russischer Bauart. Steht da auf einmal eine Buk und man kommt mit einer Kh-35E, die auf das eine oder andere NATO-Radar kalibriert ist, dann sieht die Rakete halt nichts. Die Frage ist hier jetzt auch: Wie viele Kh-35 mit Kalibrierung auf in der Ukraine vorhandene Flugabwehr-Radare hatten die Russen eigentlich auf Lager? Vermutlich nicht viele, weil das ja noch nicht so lange Thema ist und die Lagerbestände vermutlich größtenteils auf NATO voreingestellt waren.
Interessant ist, dass im ersten Video-Schnipsel eine russische Maschine gleich zwei Kh-35E verschießt und an der HUD-Symbolik klar ist: Das Ding hat keine Zielerfassung und schießt die Raketen blind. Es KANN zwar sein, dass die nach dem Start vielleicht in ihrem kleinen Erfassungsbereich des Suchers noch ein Radar erkennt und das dann bekämpft, aber das ist dann Glückssache. Vermutung ist eher: Das waren sowieso "die falschen" Sucher (NATO) und man hat die einfach verballert, damit die Ukrainer den Kopf unten halten und mal für ein paar Sekunden nervös werden.
UND DAS IST EIN AUSSCHNITT, DEN UNS DIE RUSSEN SEHEN LASSEN WOLLEN!
Trent Telenko hat hier auf Twitter noch was feines. Er kommentiert da ein russisches
Propaganda-Video, dass Rob Lee gefunden hat. Das zeigt eine russische Artillerie-Stellung in der Ostukraine. Mit Haubitzen und Grad MLRS. Das zeigt auch ein Zelt mit 122mm Raketen-Kisten und wie die Grad-Launcher damit bestückt werden. Da fällt einem das Essen aus dem Gesicht: Auf der Ladefläche eines LKW werden da die Zünder mit 'nem Schraubenschlüssel reingedreht, die Raketen von Hand in die Startröhren gepusht und wieder mit einem Schraubenschlüssel wird da was angeschraubt, bevor geschossen werden kann. Alles richtig gute alte Handarbeit.
Wie gesagt: PROPAGANDAVIDEO. WIr sollen das sehen. Die schießen dann aber nur ein Viertel der Kapazität an Raketen, welche die Grad verschießen kann und filmten das aus verschiedenen Perspektiven, damit es nach mehr aussah. Man sieht dabei aber deutlich, dass das Zelt mit dem Munitionsstapel jetzt nur noch ein klägliches Häufchen an Raketen übrig hat. Wenn überhaupt.
Ah, keine Munition mehr da? Schade aber auch!
Und
SO hier sieht es aus, wenn wenn ein NATO MLRS oder HIMARS nachgeladen wird. Die Munition kommt im Transport-Container. Fix und fertig mit Zünder und allem drum und dran. Mit dem Kran, der im Werfer eingebaut ist, wird der ganze Container in die Abschuss-Halterung gehoben, fixiert und ist dann feuerbereit. Da braucht keiner 20 oder 40 einzelne Raketen aus Kisten auszupacken und dann bei jeder verdammten Rakete den Zünder reindrehen und die dann einzeln von Hand in die Abschussrohre zu schieben, um dann auch noch ein Zündkabel von Hand zu befestigen.
Trent sagt es recht deutlich: Als MLRS 1980 eingeführt wurde, war es ein "Game Changer". Die Logistik wurde extrem vereinfacht und das Nachladen geht schneller, ist sicherer und man braucht weniger Leute und die Munition ist auch zuverlässiger, weil sie geschützter transportiert wurde und nicht von irgendwelchen Hammerwerfern dreimal fallen gelassen wurde. Seit 42 Jahren wissen auch die Russen das. Die hatten genug Gelegenheit, MLRS und HIMARS in Aktion zu sehen, sich die Pläne zu besorgen, das zu kopieren oder die Ideen daraus in eigene Systeme zu integrieren. Stattdessen haben kommen sie heute noch mit Grad an, die bestenfalls eine leicht modernisierte "Stalin-Orgeln" aus dem 2. Weltkrieg sind. Und das einzige, was moderner ist, ist vermutlich der LKW, auf den es montiert ist.
Zur Vorbereitung der Siegesparade 9. Mai haben die Russen auch große Propaganda-Tafeln aufgehangen, welche die eigenen Truppen glorifizieren sollen. Momentan streiten sich die Geister, ob da ein Praktikant bei der Bildersuche einfach achtlos was bei Google/Yandex abgegriffen hat, oder ob der russische Grafik-Designer da absichtlich Putin trollen wollte: Das erste Bild zeigte einen US Marine 1944 auf Guam, das zweite Bild einen finnischen Soldaten im Winterkrieg und das dritte Bild eine He-111-Besatzung der Luftwaffe.