Ebola ... für die Pharmaindustrie nicht lukrativ genug ...

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Lord_Vader
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Beitrag von Lord_Vader » 22.08.2014, 17:03

Du missverstehst das Icho. Die Wasserversorgung funktioniert durchaus noch, nur die Qualität nimmt ab, modernisierungen des Netzes werden nicht gemacht und die Preise im Gegenzug drastisch erhöht.

Zur Verdeutlichung:
http://de.wikipedia.org/wiki/Water_Makes_Money
http://youtu.be/hjIhnLoxFNE

Die Privatisierung bringt in der Regel steigende Kosten bei sinkender Qualität und ist lediglich für den Anbieter von Vorteil.
Das Beispiel Wasserversorgung dient nur dazu darzustellen warum sich bei kritischer Infrastruktur die beibehaltung staatlicher und damit nicht gewinnorientierter Strukturen lohnt, weil das für die Gesellschaft von Vorteil ist.
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Icho Tolot
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Beitrag von Icho Tolot » 26.08.2014, 16:49

ich verstehe sehr gut.
der gesetzgeber hat die rahmenbedingungen 100%ig in der hand, auch die vorgaben zur qualitätssicherung.
er kann ja sogar eine preisbremse einrichten.
eine pauschale verurteilung von privatisierung trifft also nicht den kern des problems.
wer sich bei einem gesellschaftlichen problem an den unternehmen reibt, beschäftigt sich mit einem symptom und nicht dem krankheitserreger.

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Herr Rossi
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Beitrag von Herr Rossi » 26.08.2014, 22:09

Theorie und Praxis. In der Theorie kann der Staat viel... dummerweise lässt er sich aber in der Praxis eben bei solchen Geschäften fast immer übers Ohr hauen.
Und mal andersrum: Wenn der Staat z.B. vorgeben würden, dass in einem bestimmten Invervall z.B. regelmäßig 10% des Netzes erneuert werden müssten und die Endkundentarife nur in einem bestimmten Rahmen angepasst werden dürfen, meinst du dass sich dann überhaupt noch ein Privater findet? Eines können die nämlich und zwar rechnen und wenn bei der Rechnung rauskommt, dass die das gleiche in Grün zu machen haben, was vorher ein staatliches Unternehmen gemacht hat, sie also praktisch die gleichen Kosten zu decken haben und da auch noch einen Profit rausholen wollen... dann lässt man es bzw. macht das einzig mögliche und kürzt bei den Personalkosten.

Für dein Reglementierungsansatz gibt es übrigens ein 1A Beispiel: Krankenhäuser

Ich bin jetzt mit den gesetzlichen Details nicht vertraut -und es kann mir gerne jemand erzählen, dass ich da falsch liege-, aber ich unterstelle mal, dass das ein Markt ist, der massiv durch Gesetze vom Staat reglementiert ist.
Und was passiert in der Praxis? Das Plegepersonal wird in Subunternehmen ausgegliedert und kriegt mal eben 1/3 weniger Gehalt. Investitionen werden zurückgestellt, Patienten werden auf wenige qm zusammengeschoben und -das ist die Krönung- die Kosten gehen dennoch nach oben. All das auf der Negativseite führt dann tatsächlich zu einem Profit. Wo ist da der Nutzen für die Gesellschaft?
Überhaupt... ich finde es einfach nur pervers, dass wir mit unseren Sozialbeiträgen die Profite einiger weniger Investoren mitfinanzieren. Wenn man mit dem Kram wirklich Gewinn erwirtschaften kann, dann soll das gefälligst in eine Reduzierung der Beitragssätze fliessen oder eben für vernünftige Gehälter der Angestellten verwendet werden.

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Icho Tolot
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Beitrag von Icho Tolot » 29.08.2014, 16:15

ich behaupte hier frech, dass falsche ergebnisse bei der regulierung von märkten durch dilletantismus und/oder erfolgreiche lobbyarbeit zustande gekommen sind.

aber warum wir hier diesen schlenker überhaupt machen:
beschwerden über gesellschaftliche nichtverantwortung sind nun an der richtigen adresse – beim gesetzgeber und nicht beim unternehmen.

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[FtN|FH] Galli
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Beitrag von [FtN|FH] Galli » 29.08.2014, 16:59

Warum ständig diese General-Amnestie für Unternehmen, warum nicht bei beiden "beschweren" die Politik die sowas möglich gemacht hat sowie die Unternehmen die durch sowas profitieren/ sowas ausnutzen.

P.S. Profitmaximierung über alles kotzt mich einfach nurnoch an, früher gabs noch sowas wie Sittlichkeit und moralische Werte die es galt zu wahren...
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Beitrag von Herr Rossi » 29.08.2014, 17:31

Wo gab es die denn Galli? Schau dir den Kapitalismus Ende des 19ten und Anfang des 20sten Jahrhunderts an. Ist das für dich eine bessere Zeit gewesen? Der "sittlichere" Kapitalismus, den wir danach schrittweise bekommen haben, war kein Ergebnis moralischer Einsicht der Unternehmer, sondern von gesetzlicher Reglementierung und Kontrolle.
Die wir passenderweise momentan schrittweise wieder aufgeben...

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[FtN|FH] Galli
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Beitrag von [FtN|FH] Galli » 29.08.2014, 18:48

Herr Rossi hat geschrieben:Wo gab es die denn Galli?
80-90? Klar da gabs nen paar Krisen aber...

Wie du schon sagst wir geben Errungenschaften schrittweise wieder auf, also muss es hiervor etwas besser gewesen sein, denn moderne Sklaventreiberrei (Zalando/Hermes etc.), Zeitarbeit, Privatisierungen die nie hätten sein dürfen und Finanzbetrug im so großen Stil das sie Rezessionen auslösen, kann nicht der Weg sein.
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Beitrag von Herr Rossi » 30.08.2014, 06:05

Da stimme ich dir ja zu, aber ich glaube nicht, dass es an den besseren Unternehmern lag. Es war einfach gesetzlich mehr geregelt und die Gewerkschaften waren recht stark.

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Beitrag von Icho Tolot » 31.08.2014, 16:28

Es gibt allerdings auch einen Trend der zunehmenden Verantwortungslosigkeit, da Shareholder Value über Nachhaltigkeit steht. Wenn jemandem ein Unternehmen selbst gehört und das womöglich über mehrere Generationen sind meist auch Werte in der Unternehmenführung verankert. Einem Vorstandsboss, dem alle halbe Jahre die großen Anteilseigner mit 10% Rendite im Nacken sitzen, muss das schnuppe sein.

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Beitrag von Toska » 01.09.2014, 03:07

Herr Rossi hat geschrieben:Da stimme ich dir ja zu, aber ich glaube nicht, dass es an den besseren Unternehmern lag. Es war einfach gesetzlich mehr geregelt und die Gewerkschaften waren recht stark.
Dass Gewerkschaften heute kaum noch was zu sagen haben haben sie selbst verschuldet. Da musst du schon lange suchen, bis du einen Gewerkschafts-Fuzzi findest, der nicht durch und durch korrupt ist. Und da die das seit mehr als 50 Jahren nach dem gleichen Schema machen, sind irgendwann die Arbeitnehmer aufgewacht und bleiben den Gewerkschaften fern. Dass man dann so Faxen wie Leiharbeit und Kurzzeit-Verträge hat einführen lassen, tat dann sein übriges dazu.

Starke Gewerkschaften dagegen sind auch kein Segen. Schau nach Frankreich. Die Gewerkschaften haben die Rettung von Michelin verhindert, weil sie die 35-Stunden-Woche nicht aufgeben wollten. Der neue Französische Wirtschaftsminister ist auch schon wieder bei den Gewerkschaften betteln gewesen, dieses unbrauchbare Relikt 35h Woche aufzugeben. Hat sich 'ne Abfuhr eingeholt.
Grüße,

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Beitrag von Herr Rossi » 01.09.2014, 07:50

Klar sind Gewerkschaften nicht pauschal die Lösung und wenn man sich Deutschland anschaut, dann kann man eigentlich auch gleich auf sie als Interessensvertretung der Arbeitnehmer verzichten.

Frankreichs Schwäche allerdings an den Gewerkschaften fest zu machen greift deutlich zu kurz. Frankreich leidet genauso wie der Rest Europas an Deutschlands Handelsbilanzüberschüssen. Ob 35h oder 40h Woche spielt dabei keine bedeutende Rolle. Allein dadurch, dass Frankreich sich ziemlich strikt an die 2% Inflationsmarke des EUR gehalten hat, bringt denen dummerweise bereits einen deutlichen Nachteil gegenüber Deutschland. Der Oberwitz dabei ist, dass man nun vorschlägt Frankreich solle eine eigene Agenda 2010 Politik auflegen... ein zweites alles kaputt exportierendes EUR Land... das brauchen wir haha!

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Beitrag von Toska » 02.09.2014, 06:24

@Rossi:

Klar, Frankreich hat nicht nur ein Problem mit den Gewerkschaften, aber es dürfte stark zum Problem beitragen. Die haben so gut wie keinen Mittelstand. Zumindest nicht so wie bei uns. Da sich die Jobs dann in den größeren Betrieben konzentrieren, haben auch die Gewerkschaften einen besseren Stand. Wenn die sich dann durchgehend an die 35h Woche halten, hast du auf einmal eine komplett unproduktive Volkswirtschaft. Die paar Ausnahmen, die 40, 48 oder 70h pro Woche rödeln, reißen das dann auch nicht mehr raus. Während bei uns der Mittelstand und kleine und mittlere Betriebe die Melkkuh der Nation sind, haben große Firmen hüben wie drüben halt ganz andere Möglichkeiten zur Steuervermeidung, als jeder kleine Krauter. Das ist dann auch Geld, dass den Franzosen fehlt.

So kommt dann eines zum anderen. Frankreich war schon immer auf Schmuse-Kurs mit dem Sozialismus. Und der funktioniert halt bekannterweise nur, solange die Regierung mit beiden Händen das Geld anderer Leute ausgeben oder umverteilen kann. Egal ob Agenda 2010, mehr Steuern oder Inflation und/oder Abwertung des Euro: Den Franzosen würde am ehesten helfen, wenn ihre eigene Wirtschaft mal in Schwung käme und die überbordenden Sozialleistungen und der Beamten-Wasserkopf abgebaut werden könnte.

Ob die das können *und* wollen, steht auf einem anderen Blatt. So "Deutsch" wollen die möglicherweise dann auch nicht werden. Wer kanns ihnen verübeln?

Um hier nochmal den Bogen zur Verstaatlichung der Pharma-Firmen zu bekommen:

Sobald etwas verstaatlicht wird, geht nach gewisser Zeit automatisch die Innovativität verloren. Es lohnt sich nicht mehr großartig, Produkte zu verbessern oder was radikal neues aufzulegen. Weder für den einzelnen Mitarbeiter noch für die Organisation als Ganzes zahlt es sich aus, überdurchschnittliche Leistung an den Tag zu legen. Da ist keine Job-Angst, so gut wie kein Konkurrenzdruck und in der Privatwirtschaft wird man möglicherweise sogar noch besser bezahlt. Die schlauen Köpfe wandern ab und die Erbsenzähler und Sachverwalter bleiben. Zum Schluss hat man dann sowas wie die alte Bundespost oder VEB Automobilwerk Zwickau.

Icho Tolot hat da nicht Unrecht, wenn er sagt, dass die Staaten es ja in der Hand haben, das entsprechend zu regulieren. So dass keine Phantasie-Preise für Medikamente möglich sind. Das wäre vermutlich der bessere Weg, als da ein VEB draus zu machen.
Grüße,

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Beitrag von Herr Rossi » 02.09.2014, 07:26

Frankreich mag wirtschaftlich anders aufgestellt sein, aber die haben durchaus eine leistungsfähige Wirtschaft. Das BIP pro Kopf ist z.B. ziemlich genau auf dem Level Deutschlands.
Frankreich hat mit dem EUR dummerweise das gleiche Problem, was viele andere EUR Länder mit Deutschland haben: Ohne Ende angewachsene Handelsbilanzdefizite: http://de.statista.com/statistik/daten/ ... rankreich/

Davon geht ein Großteil auf Deutschland (ist glaube sogar unser größter Handelspartner).
Klar kann man sich jetzt über Gewerkschaften, 35h Wochen, etc. Gedanken machen, aber das Kernproblem bleibt ein nicht einheitlicher Wirtschaftsraum, der mit einer Währung nicht funktionieren kann. Besonders die unterschiedlichen Inflationsration kumulieren sich über Jahre/Jahrzehnte hinweg zu gigantischen Ungleichgewichten.

Aber ja, im Grunde genommen wird Frankreich wahrscheinlich Deutschlands Agenda nachäffen, denn sie haben keinerlei Möglichkeit anders ihre Handelsbilanzdefizit abzubauen. Friss oder stirb...
Das ganze gilt für viele andere EU Länder genauso.
Das ist eine gigantische Spirale bergab und lässt halb Europa langsam ausbluten. Und das als Ergebnis eines Projektes, welches sich der Erhaltung des Friedens in Europa auf die Fahnen geschrieben hat?

Es ist allerdings wohl zuviel verlangt auf Basis von Einsicht eine Abkehr oder massive Reform des EUR / bzw. der europäischen Wirtschaftspolitik zu erwarten. Es wird wohl eher noch mal richtig knallen. Mal sehen wie lange Italien noch durchhält...

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Beitrag von Toska » 03.09.2014, 03:07

Herr Rossi hat geschrieben:Es ist allerdings wohl zuviel verlangt auf Basis von Einsicht eine Abkehr oder massive Reform des EUR / bzw. der europäischen Wirtschaftspolitik zu erwarten. Es wird wohl eher noch mal richtig knallen. Mal sehen wie lange Italien noch durchhält...
Amen. Das wird kein gutes Ende nehmen und wird nur so lange noch funktionieren, wie die Leidensfähigkeit der Bevölkerung noch mitmacht. Und wenn es dann knallt, sind wieder "die bösen Deutschen" schuld. :roll:

Edit: Gerade auf Zerohedge gefunden: "Does France Need A 21st Century Revolution?" http://www.zerohedge.com/news/2014-08-3 ... revolution
Grüße,

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Beitrag von ftn|smokin' » 03.09.2014, 07:43

Sueddeutsche.de: Warum heute keine Revolution möglich ist.
Einige interessante Gedankengänge hat er.
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