Russland-Themen (allgemein & militärisch)

Nachrichten und Diskussionen aus dem prallen Leben.

Moderator: Moderatoren

Antworten
Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2175
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 25.10.2018, 05:50

Die Überschrift des Topics passt nicht ganz, da es um die Waffen der USA geht, aber ich packe das trotzdem mal mit rein. Längerer Text, weil Langeweile. :hehehe:

F-22:

Die USA haben beim letzten Hurricane böse einen auf die Mütze bekommen: Der Hurricane "Michael" zog auch über die Tyndall Air Force Base, wo die meisten F-22 stationiert sind. Kein einziges Gebäude wurde verschont und der Luftwaffenstützpunkt ist für länger außer Dienst. Alle F-22, die fliegen konnten wurden vorher ausgeflogen. Aber der Hurricane war zu schnell: 72h von der Bildung bis zum Eintreffen auf der Basis. Die F-22 hat notorisch geringe Einsatzbereitschaft (nur 50% aller F-22 sind in der Regel flugbereit und nur 20% voll einsatzbereit) und von den 55 F-22 in Tyndall blieben 17 in Hangars zurück und wurden beschädigt.

Siehe: http://www.thedrive.com/the-war-zone/24 ... ne-michael

Um mal eine Hausnummer zu nennen: Die USA hatten eine F-22 (Seriennummer: 91-4006) frisch ab Endmontage eingelagert. Im Status maximale Konservation wurde das Ding in 2010 präpariert, so dass man es jederzeit wieder reaktivieren konnte. Im August 2017 wurde es nach sieben Jahren Lagerung dann wieder ausgepackt und flugfertig gemacht. Dabei hat man dann auch gleich alle Verbesserungen und Modernisierungen durchgeführt, welche zwischenzeitlich an den aktiven F-22 durchgeführt wurden. Aufwand: 30 Mio Dollar und 70.000 Arbeitsstunden!

Daneben hatte man die Tage noch zwei andere F-22, welche größere Schäden bei Havarien zu sich zogen: Einmal Triebwerksbrand und eine Bauchlandung.

Von den ursprünglich 187 angeschafften F-22 sind bislang nie mehr als 150 aktiv gewesen und davon fallen nun für längere Zeit etwa 20 wegen Schäden durch Hurricane und Flugunfälle aus.

Es gibt immer wieder Stimmen in den USA (und Japan!), die fordern dass die F-22 Produktion wieder aufgenommen werden muss. Japans Premierminister wahr mehrmals deswegen bei Trump und die Japaner wollen am liebsten einen Hybriden: Aerodynamisch und von den Luftkampffähigkeiten her soll es F-22 sein, von der Avionik, Sensorik und Vernetzung her soll alles was Strom braucht und blinkt an die F-35 angelehnt sein. Die Japaner wollen notfalls die Vorfinanzierung für die Entwicklung und Produktion leisten.

Indessen hat eine bislang geheimgehaltene Studie der USA ergeben, dass die Wiederaufnahme der F-22 Produktion und Anschaffung von 75-100 weiteren leicht modernisierten F-22 rund 50.3 Milliarden USD kosten würde.

F-117 <-> Drohnen

Ich bin die Tage auf einen sehr interessanten Artikel von Tyler Rogoway gestoßen, den ich euch nicht vorenthalten will. Da geht es um UCAV's - also unbemannte Kampfdrohnen.

Wen es interessiert: Hier der Origina-Artikel in Englisch und weiter unten meine Zusammenfassung der wichtigen Punkte: http://www.thedrive.com/the-war-zone/38 ... r-vehicles

Vergesst mal Predator und Reaper, die bestenfalls Wegepunkte autonom abfliegen können und bei denen ständig einer im Container daheim sitzt und die Dinger lenkt.

Semi-Autonome Drohnen wie die RQ-4 Global Hawk? Pfft. Uninteressant!

Nein, sowas hier:

Bild

Das war die Boeing X-45. Stellt euch folgendes Szenario vor: Diese beiden Drohnen starten autonom. Nach dem Start bleiben sie im absoluten Tiefstflug bis ins Zielgebiet und steigen dabei nie höher als 300 Fuß über Grund. Bis zum IP (Initial Point vor dem Ziel) fliegen sie Flügel an Flügel in engster Formation und teilen sich dann auf. Tauschen ständig alle Sensordaten untereinander aus. Ihre Zielvorgabe war es, einen Bunker mit einer 2000-Pfund GPS-gelenkten Bombe auszuschalten. Plötzlich registriert eine der beiden Drohnen ein Zielsuchradar und stuft es automatisch als S-300 ein. Meldet es an die andere Drohne. Beide tauschen sich aus und wer von Bombenzuladung, Position und Geschwindigkeit am besten aufgestellt ist, schaltet die SAM-Stellung aus. Die andere Drohe geht kurz auf Höhe und lässt sich - als Ablenkung - vom Radar aufschalten und die andere haut voll drauf. Weiter zum Bunker. Eine schmeisst die Bombe, die andere macht Battle-Damage-Assessment und prüft die Umgebung auf weitere Bedrohungen. Beim Heimflug entdecken sie eine weitere SAM und haben die Wahl, sie entweder zu umgehen, oder ebenfalls platt zu machen und entscheiden sich für den Kill.

Unter Kennern von Angriffsprofilen von Kampfflugzeugen ist so eine Mission der Hattrick und die Krone der "Eisenwerfer" unter den Kampfbombern. Ein gut eingespieltes Team aus Rottenführer und Wingman (und je nach Flugzeugmodell auch deren Waffensystemoffizieren) muss hier extrem eng zusammen arbeiten. So eng, dass ein Grunzen oder "Kurzhand-Befehl" über Funk (oder lediglich ein bestimmtes Schlackern des Fliegers) dem Wingman signalisiert, was zu tun ist. Rottenführer und Wingman müssen sich quasi ohne Worte verstehen, um so eine Mission perfekt hinzulegen und tun das unter extrem hohen Risiko.

Israelische F-4E Phantoms sind solche Einsätze z.B. im Yom-Kippur-Krieg mit 540 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit (1.000km/h) geflogen und haben von Start bis Landung 300 Fuß Höhe (91 Meter) nur beim Pop-Up-Manöver beim Bombenabwurf überschritten. :eek:

Die Amis haben das mit den X-45 Drohnen ebenfalls demonstriert und deren IT und "künstliche Intelligenz" war so schlau, das komplett autonom hinzubekommen. Und das waren nur zwei Drohnen. Man stelle sich mal vor, ein Schwarm von 20, 30, 100 autonomen UCAVs schwirrt herum, tauscht Daten untereinander aus und stimmt sich ab, wer wann was plattmacht. Und der Mensch sitzt nur noch als Zuschauer dabei und justiert die Kill-Parameter ein wenig nach, sofern er nicht auf der Gegenseite das Opfer spielt und keinen Fuß mehr auf den Boden bekommt.

DAS WAR IM JAHR 2002-2005!!!!

Was hattet ihr 2002-2005 für PCs und Handys? Könnt ihr euch noch erinnern? Nein? Doch? Oh. Und die Amis legten damals mit Drohnen und nicht viel besserer Technik so einen Hattrick hin. Was geht denn bitteschön heute?

Was ist mit dieser Technik passiert? Warum hört man nichts mehr davon?

Aus dem X-45 Programm ging das J-UCAS Projekt einher, an dem DARPA, US Airforce und US Marine beteiligt waren. Die Navy hatte schon Northrop an einer Drohne am werkeln (Northrop Grumman X-47A), die Airforce hatte Boeing mit der X-45 am Start und in 2005 stieg DARPA aus dem Projekt aus. In 2006 sagte auch die Airforce: "Nö, lasst mal stecken. Kein Interesse, kein Bedarf."

Die Navy bastelte alleine weiter und das Resultat sind extrem wenig ambitionierte Projekte wie die MQ-25 Stingray oder die neue robotische Tanker-Drohne, die von Trägern aus starten kann und bemannte Jets betanken soll.

Skunk Works

Lockheed Martin: Die "Macher" (Entwickler) von Legenden wie der Constellation, der F-104, C-130, der SR-71, der F-117, F-22 und F-35 sind bislang beim Thema Drohnen eher kaum in Erscheinung getreten. Während Boeing die X-45 in der Mache hatte, kam von Lockheed offiziell nichts. Deren streng geheime Entwicklungsabteilung "Skunk Works" ließ nichts verlauten.

Dann landete auf einmal am helllichten Tag eine bislang unbekannte Drohne auf dem Luftwaffenstützpunkt Kandahar in Afghanistan. Man machte sich nicht mal mehr die Mühe, das Ding zu verbergen, weil es offensichtlich schon ein alter Hut war. Die RQ-170 Sentinel, entstanden bei Skunk Works. Wann genau und wie lange die schon flog? Weiß keiner. Es ist eine recht große Aufklärungsdrohne, welche wie eine verfettete Miniaturausgabe der B-2 aussieht.

Als die US-Marine ihre Ausschreibung für die Tanker-Drohne machte, tauchte Lockheed aus der Versenkung auf und reichte ein Angebot ein, welches wie eine modernisierte und angepasste Nachfolgeversion der RQ-170 aussah. Doch Boeing bekam den Zuschlag der Marine für den wenig ambitionierten Robot-Tanker.

F-117 "Nighthawk"

Dieser Stealth-Bomber der USA hatte eine besondere Nischenstellung in der US-Luftwaffe. Seine einzige Mission war die Penetrierung eines extrem gut verteidigten Luftraums, um dann zwei lasergelenkte 2000-Pfund-Bomben vom Typ GBU-27 in ein Ziel von der Größe eines Fußballtors zu werfen.

In 2008 wurden die F-117 außer Dienst gestellt und so eingemottet, dass man sie bei Bedarf in kürzester Zeit wieder aktivieren kann. Die USA haben kein anderes Flugzeug, welches die Rolle der F-117 übernehmen kann. Die F-35 kann es nicht, die F-22 kann es nicht. Die B-2 könnte es *vielleicht*, aber dann muss man wirklich sicher sein, dass das Ziel den Einsatz und möglichen Verlust von mehreren Milliarden USD wert ist. Bliebe nur noch die B-1 (unter hohem Risiko) oder der Einsatz mehreren Dutzend Kampfjets der 4. Generation (F-15, F-16, F-18 in Kombination mit B-1 und ggf. B-2). Der Wegfall der F-117 ist durch kein anderes bemanntes Flugzeug zu kompensieren.

Dennoch: Aus den Reihen der US Airforce kamen NULL kritische Stimmen, welche den Weggang der F-117 beklagten. Warum eigentlich? Die heulen doch sonst bei jedem potentiellen Fertigkeitsverlust. Es wurde aus nicht-US Militärkreisen verlautet, dass die USA vermutlich Zweifel an der Überlebensfähigkeit der F-117 angesichts modernerer russischer Luftabwehrsysteme hätten. Kann sein, aber möglicherweise auch nicht.

Verdacht:

Die F-117 wurden ausgemustert, weil unbemannte vernetzte Drohnen nach dem Prinzip der X-45 die Aufgabe der F-117 zu einem Bruchteil der Kosten und für null Risiko für die nicht vorhandenen Crews ausführen können. Und diese Drohen gibt es anscheinend bereits seit oder spätestens kurz nach der Außerdienstellung der F-117 im Jahr 2008.

Wenn ja, dann kann man zu 90% Sicherheit darauf tippen, dass die Dinger bei Skunk Works entwickelt und gebaut wurden, weil die für solche innovativen Leuchtturmprojekte prädestiniert sind. Die werkeln seit der U-2 auch in Area-51 rum und testen ihre Neuentwicklungen dort unter Ausschluss der Öffentlichkeit und strenger Geheimhaltung. Bislang war noch fast jedes Lockheed-Produkt der Konkurrenz um einige Nasenlängen voraus und die streng gegeneinander abgeschottete Waffenentwicklung der verschiedenen Anbieter in den USA führt oftmals dazu, dass jemand das Rad neu erfindet.

Warum kein Bilder existieren? Keine Ankündigungen? Zehn Jahre lang gibt es die vermutlich schon? Wozu sollte man es auch an die große Glocke hängen? Es reicht, wenn die Drohnen irgendwo in einem Bunker stehen und regelmäßig gewartet werden, so dass sie auch anspringen, wenn sie denn mal gebraucht werden. Man muss sie nicht unnötig Flugzeugsprit in Lärm verwandeln lassen, um neue Piloten zu trainieren oder die Fertigkeiten von bestehenden Piloten zu erhalten und zu verbessern. Selbst die handvoll "Operator" der Drohnen-Schwärme kann man am Simulator ausbilden und trainieren lassen.

- Man braucht für eine Combat-Wing (3 Staffeln, 72 Flugzeuge) keine 4500 Mann Personal.
- Laufende Kosten? Minimal.
- Anschaffungspreis der Drohnen? Für eine F-35 bekommt man vermutlich vier, fünf oder gar acht Drohnen.
- Drohnen müssen auch nicht (wie Kampfjets) 20-30 oder 40 Jahre halten und +10.000 Flugstunden abkönnen. Man kann sie daher billiger und simpler bauen und neue verbesserte Modelle in Tranchen kaufen.
- Pilotenausbildung? Fällt weg.
- CSAR (Combat Search und Rescue für abgeschossene Piloten)? Kann man sich sparen.


Bei Kampffliegern will man gerne alle auf einem Stand haben. Aus Sicherheitsgründen, vom Training her und zur Vereinfachung der Wartung. Aufrüstungen auf neuen Stand der Technik? Wenn ja, dann die komplette Flotte. Bei Drohen ist das egal. Da werden notfalls ein paar Parameter neu justiert oder die Software aktualisiert und dann schiebt man da neue Sensoren rein oder macht sie fit für neue Waffen oder Gegenmaßnahmen. Die tauschen sich im Schwarm ja sowieso aus, wer was kann und wenn nur jede 10. Drohne den "neuen Sensor" hat, profitieren durch den Datenaustausch während des Fluges alle anderen Drohnen ebenfalls davon.

Luftkampf: Die Königsdisziplin. Kann eine unterschall-schnelle Drohne es mit einer Su-35, einer J-20 oder gar der Su-57 aufnehmen? Nö, sicherlich nicht. Wenn eine Su-35 aber auf einmal 30 Drohnen an der Backe hat, ist es egal, welche Drohne die treffende Rakete abgefeuert hat, denn die Su-35 kann nicht alle 30 Drohnen auf einmal bekämpfen und wird sie selbst bei moderatem Stealth der Dronen erst auf kurze Entfernung zu sehen bekommen, weil sie relativ klein sind und wenig Rückstrahlfläche haben.

Nur eine Spekulation?

Lasst mich mal an einen grottigen Hollywood-Film erinnern: "Stealth" (2005)

IMDB: https://www.imdb.com/title/tt0382992/
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Stealth_(film)
Youtube-Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=0MszRS9YuSw

Der Film floppte mit einem Verlust von 111 Millionen USD an der Kinokasse. Gedreht wurde unter anderem auf den Trägern USS Nimitz and USS Carl Vinson und man muss wissen, dass das US-Militär extrem selektiv ist, was Dreherlaubnisse auf Trägern angeht und dass eine Beteiligung des Militärs an der Produktion nur erfolgt, wenn man mit sowohl mit dem Drehbuch, der "Message" des Films und der Endfassung des Films zufrieden ist. Im Jahr 2005 sah man im US-Militär also deutlich das Potential der Drohnen und wollte diese Message pushen. Doch tatsächlich soll man dieses Zukunftsfeld 13 Jahre lang *nicht* beackert haben? Eine TANKER-Drohne (robotic trash-hauler!) ist das einzige, was man vorzeigt?

Ja nee. Ist klar.

Fakten:

- F-35: Entwicklung startete 1992. Prototyp flog in 2000. Erstflug der ersten "Serienmaschine" 2006. Produktion läuft seit 2018 auf voller Kapazität. Bislang etwas mehr als 320 Stück gebaut, Stückpreis im 11. Baulos zwischen 90-115 Mio USD je nach Modell. Projektkosten bisher offiziell rund 1123 Milliarden USD.
- F-117: Wurde 2008 außer Dienst gestellt.
- F-22: Produktion *sollte* vorzeitig in 2006 eingestellt werden, aber Gerangel im Kongress streckte das bis in Jahr 2011.
- A-10: Sollte 2006 außer Dienst gehen, aber auch da sorgte heftige Gegenwehr im Kongress und bei der US Army dafür, dass sie (noch) im Dienst sind.
- B-3: Neuer Stealth-Bomber. Von der Größenordnung zwischen F-22 und B-1 angesiedelt. Optional bemannt oder autonom. Ewig angekündigt, aber immer weiter in die Zukunft verschoben.
- Nachfolger der F-22 oder irgend etwas nach der F-35 ist noch nicht mal angedacht. Es gibt für die 6. Generation an Fightern zwar Konzepte der Flugzeughersteller, aber kein sichtbares Interesse der US Airforce oder US Navy. In spätestens 5 Jahren müsste man aber anfangen, sich Gedanken zu machen und die Finanzierung dafür organisieren damit in ca. 2035 die Serienfertigung anfangen kann.

Die Überalterung der F-15, F-16 und F-18 Flotten der USA und Außerdienststellung oder ausgesetzte Modernisierung bestehender Flieger reist seit 20 Jahren massive Lücken in die Fertigkeitsliste der USA: SEAD/Wild Weasel, CAS/TIC-Missionen ("Troops in Contact"), Long Range Penetrator-Strike ... geht alles nicht mehr, oder nur noch auf kleiner Flamme mit größerem Risiko, weil dedizierte Flieger dafür nicht mehr da sind oder technologisch veraltet. Selbst bei Nahkampf-Unterstützung von Bodentruppen im Gefecht schickte man zuletzt in Syrien B-1, B-52 und C-130 Gunships, weil nur sie die Reichweite hatten *und* verfügbar waren.

Die Einstellung der F-22 (und ein Einfrieren der Weiterentwicklung der verbauten Systeme) macht auf einmal Sinn, wenn man begriffen hat, dass man für den Preis eines 350 Mio Dollar Wunderfliegers rund 10-15 Drohnen kaufen kann. Die auch im Unterhalt billiger sind und eine deutlich höhere Verfügbarkeit haben.

F-35: Warum macht es Sinn, einen Flieger zu bauen, der zu langsam ist, im Luftkampf keinen Stich macht, kaum Waffen tragen kann, aber ein fliegendes Heimkino an vernetzten Sensoren mit sich bringt? Die Sensoren der F-35 und ihre Möglichkeit des sicheren und schwer zu erkennenden Datenaustauschs mit allen möglichen Plattformen am Boden, in der Luft oder im Orbit sind *zu* gut, als dass es sich für einen Kampfjet wirklich rechnet. Zumal die F-35 trotz ihres Stealth nicht wirklich in gut verteidigten Luftraum wagen kann und wenn doch, kann sie weder ausreichend Waffen tragen, um sich den Weg freizukämpfen, noch kann sie wegrennen oder besonders gut ausweichen, wenn es eng wird. Kritikpunkte gab es an der F-35 genug und dennoch hat sie sich gegen alle Kritiker durchgesetzt, auch wenn das absolut unlogisch erscheint, sofern man sich auf öffentliche Quellen verlässt.

Wie sähe es denn aus, wenn die F-35 autonome oder semi-autonome Drohnen-Wingmen bekäme und diese aus sicherer Entfernung gegen Bedrohungen schickt, die sie mit ihren überlegenen Sensoren aus weiter Entfernung aufgespürt hat. Die Drohnen würden ihr den Weg freibomben und dabei ebenfalls als Augen und Ohren dienen und Sensordaten übermitteln. Weitere Drohnen würden bei der F-35 bleiben und Waffen gegen Luftkampfziele abschießen, welche die F-35 ihnen zuweist. Die interne Onboard-Bewaffnung der F-35 (2x Sidewinder, 8x AMRAAM) wäre dann nur das Ultima-Ratio für den Eigenbedarf wenn die Sache schief geht.

Solange die Gegner nur Kopfwindelträger sind, kann man die Drohnen als "Ass im Ärmel" daheim lassen.

Diese Überlegungen und der Fakt, dass die USA seit 1992 die Entwicklung von Fightern und Bombern praktisch eingestellt, bzw. auf die F-35 konzentriert haben UND seit 2005 die sichtbare Drohnen-Entwicklung auf Eis liegt legen den Verdacht nahe, dass man seit Mitte der 00'er-Jahre hier ein Eisen im Feuer hat, welches man (noch) nicht zeigen will. Denn rund 2005-2006 wäre mit Produktionsstart der F-35 an sich die Planung des Nachfolgers losgegangen. Wenn schon im Jahr 2002 vollautonome Kampfdrohnen die Arbeit von eingespielten SEAD-Spezialisten übernehmen konnten, wäre man extrem schlecht beraten gewesen diese Fähigkeit in die Tonne zu drücken und nicht weiter zu pflegen.

So dumm war sicherlich keiner, von daher wird man vermutlich ab 2005 auf dieses Pferd gesetzt haben und schweigt sich einen in den Bart.

Die F-117 wurde übrigens 1983 in Dienst gestellt und erst 1988 gab man ihre Existenz offiziell zu. Und die ist in der Zeit regelmäßig von Tonopah (Nevada) aus geflogen. Die hatten zwei eigene private (komerzielle) Luftflotten im Dienst, welche rund 22.000 Passagiere in 300 Flügen MONATLICH von Nellis AFB nach Tonopah und zurück flogen und dennoch ist fünf Jahre nichts durchgesickert. Überlegt mal, wie lange man die Existenz von einer Drohnenflotte geheimhalten kann, die "nur" im Hangar steht und kaum bewegt wird.

Russen - Su-57

Und auf einmal macht es auch Sinn, warum die Russen sagen, dass sie "vorerst keinen Bedarf haben, den absolut überlegenen Super-Jäger Su-57" anzuschaffen. Obwohl die Kiste fast reif für die Serienfertigung ist. Weil: Alter Hut. Die Su-57 dürfte in vielen (wenn nicht sogar fast allen) Feldern selbst der F-22 nicht das Wasser reichen und das ist Technik auf dem Entwicklungsstand von 1998. Die Russen dürften das mittlerweile eingesehen haben, können und wollen es aber nicht öffentlich eingestehen. Vielleicht findet sich ja noch ein Exportkunde. :roll:

China

Wer baut wie bekloppt Dronen? Ständig neue Modelle? Alle mit größtenteils unbekannten Fähigkeiten? Richtig geraten. Man kann vermuten, dass die Chinesen noch lange nicht so weit bei dem Thema sind, wie es die USA in 2002-2005 waren. Aber sie haben wohl erkannt, wie der Hase läuft und buttern recht viel in das Thema rein.

Schöne neue Welt? Wir werden sehen ... :roll:
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Benutzeravatar
Lord_Vader
Geschäftsmodell
Beiträge: 4909
Registriert: 14.10.2002, 10:02
Wohnort: Duisburg
Kontaktdaten:

Beitrag von Lord_Vader » 25.10.2018, 08:31

Die F117 ist schlicht veraltet und nicht mehr effektiv gewesen. Die Entwicklung stammte noch aus den 70ern. Heutzutage kann man bessere Steatheigenschaften bauen mit besserer Aerodynamik.
Und es gibt heutzutage Radarsysteme die diese Stealthflieger anpeilen können.
Wenn ich mich recht erinnere konnte man schon vor ein paar Jahren den B-2 anpeilen durch Auswertung der Mobilfunkzellen auf Störungen im Funknetz, sprich indirekt anpeilen. Diese Flieger sind nun einfach deutlich größer als Dronen. Da fällt das "Nichts" in einem dichten Überwachungsnetz halt auf.

edit:
Gefunden.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/tech ... 55711.html

Im Endeffekt sind Wegwerfdrohnen da billiger. Wenn da ein paar Verluste entstehen, ist das nicht so schlimm. Piloten sind schwer zu ersetzen. Irgendeine Drohne wird schon durchkommen.
<~>
Meine Threema ID: 9CATSS5P

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2175
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 26.10.2018, 05:41

Lord_Vader hat geschrieben:Die F117 ist schlicht veraltet und nicht mehr effektiv gewesen. Die Entwicklung stammte noch aus den 70ern. Heutzutage kann man bessere Steatheigenschaften bauen mit besserer Aerodynamik.
Ja und nein: In 1977 hat Skunk Works einen Demonstrator namens "Have Blue" gebaut: https://en.wikipedia.org/wiki/Lockheed_Have_Blue

Die daraus gewonnenen Erkenntnisse flossen in den Bau der F-117 ein: https://en.wikipedia.org/wiki/Lockheed_F-117_Nighthawk

Erstflug der F-117 war in 1981 und die Indienststellung der ersten Einheiten erfolgte in 1983.

In 1981-87 arbeitete man in der alten Bundesrepublik bei MBB ebenfalls an einem Stealth-Flieger, aber das Projekt wurde auf Druck der USA eingestellt: https://en.wikipedia.org/wiki/MBB_Lampyridae
Lord_Vader hat geschrieben:Und es gibt heutzutage Radarsysteme die diese Stealthflieger anpeilen können.
Die gab es schon immer. Stealth (egal ob bei der F-117, B-2, F-22 oder F-35) wird so realisiert, dass Radarstrahlen entweder nicht zum Ausgangspunkt zurückreflektiert werden, weil man möglichst wenig planen Flächen oder harte Kanten in die selbe Richtung präsentiert. Die Verwendung radarabsorbierender Beschichtungen und Materialien drückt die Menge reflektierter Radarenergie dann noch weiter nach unten.

Trotzdem hat jedes Stealth-Flugzeug dennoch eine Radarsignatur. Nur ist die halt entsprechend kleiner, als bei einem nicht-Stealth-Flugzeug.

Um es mal bildlich zu verdeutlichen:

Eine F-22 hat von vorne vermutlich die Radarrückstrahfläche eines Kolibris. Eine F-35 die einer Schwalbe. Eine B-2 möglicherweise die einer Drossel. Die F-117 dürfte zwischen F-35 und B-2 liegen. Eine F-15 hat von vorne die Radarrückstrahfläche eines Schulbusses und ist damit sogar "besser" sichtbar, als eine B-1, bei der man beim Bau noch nicht an Stealth dachte, sondern nur an die Aerodynamik. Die größere Rückstrahlfäche der F-15 ergibt sich durch die harten Kanten der Lufteinlässe und dem Fakt, dass ein Radar von vorne direkt auf die Turbinenschaufeln tief hinter dem Lufteinlass schauen kann.

Luftverteidigungsradare nutzen in der Regel hohe Frequenzbänder. Zum Beispiel X-Band (10-20 GHz). Je höher die Frequenz, um so mehr Radarwellen bekommt man auch von kleinen Flächen zurück. X-Band ist auch besser darin, durch Nebel und Regen zu schauen, als zum Beispiel S-Band (3 GHz). L-Band (1 GHZ) nutzt man für die Verkehrskontrolle der zivilen Fliegerei. Ku-Band (12-18GHz) und Ka-Band (26.5-40GHz) fanden ursprünglich Anwendung in der Satelliten-Kommunikation, wurden dann aber auch für Radarsysteme eingesetzt.

Der Stealth von Kampfjets wird in der Regel auf X-Band optimiert, weil das die größte Bedrohung darstellt: Von feindlichen Jägern gefunden zu werden.

Die besten fliegenden Radare sind sicherlich in den AWACS zu finden und die setzen eine breiteres Spektrum ein, als das klassische X-Band und können zudem mehrere Megawatt an Radarleistung rauspumpen. Eine Boeing E-3 "Sentry" kann tieffliegende Kampfjets auf 420km Entfernung ausmachen und hochfliegende Bomber vermutlich auf 600km. Und da spielt die Erdkrümmung und Flughöhe eine größere Rolle, als die Leistung des Radars.

Radargeräte sehen in der Regel "alles". Und genau das wird zum Problem, wenn du auf einmal auf einem Bildschirm alle Radarechos aus bis zu 400-600km angezeigt bekommst. Also filtert man raus, was einen nicht interessiert: Alles, was sich nicht (relativ zur eigenen Geschwindigkeit) bewegt, fliegt raus. Dann hast du aber noch immer Reflektionen, die dich nicht interessieren: Selbst wenn jemand in 300km Entfernung ein Garagentor auf oder zu macht, hast du davon eine Reflektion. Du siehst fahrende Autos und Güterzüge. Also filtert man alles raus, was zu wenig Echo hat oder langsamer als 100 Knoten (185km/h) ist. Dann siehst du nur noch die Raser auf der Autobahn und Schnellzüge am Boden. Und gelegentlich einen Falken, der sich im Sturzflug auf seine Beute stürzt. Nur so lässt sich die Datenmenge dann noch vernünftig visualisieren.

Ein guter AWACS-Controller kann sicherlich auch eine B-2 finden, sofern er denn in ungefähr eine Ahnung hat, dass gerade mit einer zu rechnen ist. Dazu muss er aber die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen finden. Dann hat er aber noch ein zweites Problem: Er muss einen Abfangjäger in Kontakt mit dem Stealth bringen. Er kann ihn bis auf ein 8-10 Meilen heranführen. Bei der Flughöhe der B-2 muss er aber schon schätzen, denn sein Höhenfinder-Radar (anderes Frequenzband) hat Probleme, den Stealth auf größere Entfernung zu finden. Der Pilot im Abfangjäger muss dann in stockfinsterer Nacht visuell einen schwarzen Schatten finden. Sein eigenes Radar ist nutzlos, weil die B-2 ebenfalls Megawatt an Störsignalen aussenden kann und radargelenkte Raketen sind dann nutzlos. Auffindung via Infrarot ist zwar prinzipiell möglich, aber die meisten westlichen Kampfjets bekommen das nur eingeschränkt hin und die Russen vermutlich auch noch nicht gut genug für diese "letzten Meter" zum Ziel, zumal der Stealth dann auch nicht stur seinen Kurs weiterfliegt, sondern quer über den ganzen Himmel eiert, um dem Abfangjäger die Arbeit zu erschweren.

Selbst die alte F-117 (und alle Stealth nach ihr) hatten neben dem Stealth noch weitere Vorteile: Eine immense Sensorik, die nach allen Richtungen nach Bedrohungen aus dem EM-Band schnüffelt. Sowas gab es vorher nur an den "Wild Weasel"-Fliegern wie der F-105 oder der F-4G. Selbst die F-15, F-16 oder F-18 haben diese Masse und Qualität der Sensoren nicht. Beispiel: Das RHAWS der F-4E/F hatte 16 Sensoren, die alle Richtungen abdeckten. Die speziell umgebauten F-4G für die "Wild Weasel" hatte 56 nur für Radar-Erkennung.

Die F-117 dürfte für Radar-Erkennung bessere Sensorik gehabt haben, plus dazu Laser-Scanner und Infrarot-Sensoren zur Erkennung von optischen Zielsuchern und Raketen. Die typische Missionsplanung dürfte ein Umfliegen der meisten bekannten Radarstationen beinhalten und mit der verbauten Sensorik kann man sich dann die Lücken zwischen jenen Radars suchen, die man bislang nicht kannte.

Die Überlebensfähigkeit selbst einer so alten Kiste wie der F-117 dürfte daher selbst heute bei diesem Typ Mission, für welche die F-117 gedacht war, noch um Längen besser sein, als die eines klassischen Generation 4 Fliegers wie der F-15 oder der B-1. Die B-1 hat jedoch einen dedizierten Radar- und einen weiteren dedizierten EW-Operator an Bord, die über ein Sammelsurium von ausgefeilten Spielzeugen verfügen. Sowas bekommt man nicht in einen Ein- oder Zweisitzer gequetscht.
Lord_Vader hat geschrieben:Wenn ich mich recht erinnere konnte man schon vor ein paar Jahren den B-2 anpeilen durch Auswertung der Mobilfunkzellen auf Störungen im Funknetz, sprich indirekt anpeilen. Diese Flieger sind nun einfach deutlich größer als Dronen. Da fällt das "Nichts" in einem dichten Überwachungsnetz halt auf.
Passivradar ist die eine Sache. Die andere ist, mehrere Aktiv-Radare zu kombinieren. Normale Radare haben einen Sender und Empfänger am selben Ort. Der Stealth streut aber die meisten Radarstrahlen die von Sender ausgehen in andere Richtungen, so dass sie beim am selben Ort befindlichen Empfänger nicht ankommen. Wenn du aber an verschiedenen anderen Orten auf die gestreuten Radarstrahlen vom ersten Sender lauschst, so lässt sich eine Kreuzpeilung machen. Der Haken hierbei ist aber die Kalibrierung, denn benachbarte Radare kommen sich in die Quere, wenn sie die selben oder ähnliche Frequenzbänder benutzen. Am "Labortisch" oder unter kontrollierten Bedingungen mag man sowas mal testen können, aber unter Praxisbedingungen stellt sich keiner drei oder mehr Radare hin, die nur auf Stealth peilen und den Betrieb der "normalen" Radare dabei massiv stören.

Selbst wenn: Das Problem ist dann noch immer, Abfangjäger an die B-2 heran zu führen. Mit Passivradaren oder Kreuzpeilung bekommst du nur den ungefähren Ort und man hatte zudem keine Höhenangabe. Ähnlich schlecht funktioniert die Ortung mit L-Band (Langwelle). Stealth dagegen geht nur sehr schlecht, aber L-Band ist wegen seiner langen Amplitudenlänge zu ungenau in der Positionsbestimmung. Ähnlich ist das mit "Over the Horizon" OTH-Geräten, bei denen man Langwelle mittels Reflektieren an der Ionosphäre bis hinter den Horizont schauen lässt. Eine B-2 ist von oben nicht ganz so toll auf Stealth optimiert. Aber OTH nützt dir hier nicht, weil du nicht genau sagen kannst über welchem Bundesland die B-2 gerade ist. Etwas kleines wie die F-117, F-22 oder F-35 wirst du mit OTH nicht finden.

Der andere Punkt ist: Alle Stealth fliegen (bis auf im Kriegseinsatz) mit sogenannten Luneberg-Linsen, welche die Radarsignatur der Stealth vergrößern. So will man vermeiden, dass sowohl Verbündete als auch potentielle Feinde eine Idee über die wahre Radarsignatur der Flieger bekommen. Hier im Artikel kann man das gut sehen:

https://www.businessinsider.com/strange ... ael-2018-5

Da siehst du eine Israelische F-35I "Adir" über Beirut. Selbst beim Eindringen in den Libanesischen Luftraum (ein feindlicher Akt) haben die Israelis die Linsen vorher nicht abgebaut. Bei der B-2, die man mit Passiv-Radar gefunden hat, stellt sich zudem die Frage: Hatte sie die Luneberg-Linsen dran? Mit Sicherheit ja. Flog sie ein missionstypisches Profil, bei dem sie bekannte Radarstellungen und jene, die ihre Sensorik erkannte bewusst umflog? Auch da kannst du "Nein!" annehmen.

Auch nicht vergessen: Stealth-Einsätze sind in ein größeres Konzept eingebunden. Die F-117, welche in der Eröffnungsphase des Irak-Krieges in Downtown-Bagdad die Kommando- und Kontrollzentren der Luftverteidigung ausschalteten flogen nicht alleine. Es waren hunderte andere Jets (darunter auch ferngesteuerte QF-16 Zieldrohnen als "Opfer") in der Luft und massive Störabstrahlungen durch dedizierte Störsender wie die F-18 Growler oder jene, die in den AWACS verbaut sind.

Wenn du schon vorher Probleme hattest, einen Stealth mit Radar zu finden: In dieser Suppe aus EM-Strahlung und bei der Omnipräsenz anderer "konventioneller" Ziele ist an die Suche nach der Nadel im Heuhaufen nicht mehr zu denken.
Lord_Vader hat geschrieben:Im Endeffekt sind Wegwerfdrohnen da billiger. Wenn da ein paar Verluste entstehen, ist das nicht so schlimm. Piloten sind schwer zu ersetzen. Irgendeine Drohne wird schon durchkommen.
Ja, genau das denke ich auch und meine damit aber nicht die Wegwerf-Drohen wie Predator/Reaper oder sonstiges Geraffel, was z.B. hier bei Wikipedia gelistet wird: https://en.wikipedia.org/wiki/UAVs_in_the_U.S._military

Denn wie gesagt: Die Lücke, welche die F-117 gefüllt hat, die kann kein anderer bemannter Flieger im US-Arsenal füllen und keine bekannte Drohne kann 2-4 Tonnen Waffenladung 600 Meilen tief in stark verteidigten Luftraum einfliegen.

Der Verdacht liegt also nahe, dass die USA Kampfdrohnen mit solchen Fähigkeiten haben, deren Existenz sie bislang noch verheimlichen. Und auch die werden Stealth-Eigenschaften haben, denn Stealth ist selbst trotz verbesserter Radare und besserer Auswertungstechnik der Radardaten noch immer extrem nützlich. Und da geht es nicht nur um die Existenz der Drohnen, sondern die bei der X-45 schon eingesetzten vernetzten Autonomie mit Sensordaten-Austausch. Das ist eine Kompetenz, nach der sich jede Luftwaffe der Welt die Finger lecken würde und es ist unglaubwürdig, dass die Amis dieses Feld die letzten 13 Jahre nicht mehr beackert haben.

Den interessanterweise haben die Russen genau das getan: Die Kalibr-Cruise-Missiles können angeblich im Schwarm operieren und unerwartet erkannte Bedrohungen selbsttätig umfliegen oder es klinkt sich eine aus dem Schwarm aus und macht die Bedrohung platt.

Mir ist gestern dazu noch was eingefallen:

Die USA haben angekündigt, aus dem INF-Treaty auszusteigen, weil die Russen sich sowieso nicht dran halten. INF = Intermediate-Range Nuclear Forces Treaty. Das Treaty verbietet *landgestützte* nukleare und konventionelle Raketen mit Reichweiten von 500–1.000 km. Cruise Missiles mit diesen Reichweiten sind da explizit auch mit drin. LANDGESTÜTZTE - wohlbemerkt. Beide Seiten haben dann halt ihre Cruise-Missiles mit auf Schiffe und U-Boote gepackt, oder an Flugzeuge gehangen und das ist auch genehmigt. Die Russen verstoßen angeblich mit der SSC-8, SS-25 und RS-26 ICBM gegen das Treaty.

Die Amis würden mit einer unbemannten Drohne, welche die F-117 ersetzt hat ebenfalls gegen das Treaty verstoßen. :D

Warum? Einfach: Wo ist der Unterschied zwischen einer Cruise Missile und einer Kampfdrohne mit 2-4t Bombenladung? Beide können konventionell oder nuklear bestückt werden, sind unbemannt, fliegen die meiste Zeit knapp unterschall-schnell und werden von Turbojets angetrieben. Der einzige Unterschied ist die Bauform und dass die Drohne im Idealfall wiederverwendbar ist. Eine Kampfdrohne mit 2-4t Waffennutzlast wird ohne Luftbetankung zwar 500km weit kommen, aber keine 1000 km weit und läge damit genau im Bereich der lt. INF-Treaty verbotenen Waffen.
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2175
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 30.10.2018, 05:45

Russlands einziger Träger, die Admiral Kusnetzov hat sich möglicherweise eben in eine Fischfarm verwandelt:

Bild

Quelle: https://www.unian.info/world/10317339-f ... orted.html

Die PD-50 ist eines der größten Schwimmdocks der Welt und Russlands einziges, was groß genug ist, um die Admiral Kusnetzov aufzunehmen. Die Kusnetzov befand sich im Dock zu einer größeren Überholung, die bereits mehrmals aus Kostengründen und wegen Syrien-Einsätzen verschoben worden war. Bei einem Unfall sind zwei Kräne des Docks auf das Deck des Trägers geknallt und das Dock begann wohl zu sinken oder ist gesunken. Werftarbeiter wurden evakuiert und es gab mehrere Verletzte und eine Person wird noch vermisst.

Falls das Dock tatsächlich gesunken ist und Wasser durch geöffnete Stellen im Rumpf in den Träger eindrang, dann kann es gut sein, dass sich die Reparatur nicht mehr lohnt. Russland hat keine Fertigungskapazitäten oder Fertigungsmöglichkeiten um selbst Ersatzturbinen für die Antriebsanlage (4x 37MW) herzustellen.
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Herr Rossi
Geschäftsmodell
Beiträge: 2718
Registriert: 10.03.2008, 13:07

Beitrag von Herr Rossi » 30.10.2018, 06:23

So sieht also das beeindruckende Bedrohungspotenzial Russlands aus, weshalb deutsche Soldaten vor russuschen Grenzen rummanövern? Die hatten einen GANZEN Flugzeugträger und haben den jetzt auch noch selbst versenkt? Die Welt muss zittern!

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2175
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 30.10.2018, 07:03

Das Ding war sowieso ein Witz. Schon immer. Militärisch gesehen: Totaler Schwachsinn.

Nominal kann sie angeblich 18x Su-33, 6x MiG-29 und 6x KA-31 als Airwing tragen, aber dann wären die wie die Sardinen gequetscht. Die "Trägerflugzeuge" der Russen sind alle Unikate. Also von Hand einzeln umgebaute Serienmaschinen, die für den Betrieb auf einem Träger verstärkt wurden. Die Su-27 Varianten wie die Su-33 sind alle zu groß und zu schwer und können beim Start von der Kusnetzov nur Minimalbewaffnung tragen und/oder nicht genug Sprit. Luftbetankung geht nur mit dedizierten landgestützten Tankflugzeugen oder "Buddy-Betankung" durch ein anderen Kampfflugzeug. Was du aber auch knicken kannst, weil die zu schwer für den Start vom Träger sind, sofern du zum Betanken keine MiG-29 nimmst, welche du aber für die Luftsicherung des Trägers brauchst.

Alle Träger mit "Sprungschanze" und ohne Katapulte (auch der neue der Briten!) fangen sich damit mehrere Defizite ein: Ohne Katapult geht kein AWACS, Nutzlast/Reichweite der Kampfjets ist geringer und es geht auch keine Luftversorgung des Trägers mit trägerfähigen Frachtflugzeugen wie den "Greyhounds" der USA. Das Fehlen von AWACS ist so ein massiver taktischer Nachteil, dass man an sich nicht erst antreten braucht.

Die Einsatzbereitschaft der Trägerflugzeuge (weil: Unikate!) ist auch mau und der Träger selbst hat eine chronisch unzuverlässige Maschinenanlage, so dass er nur in Begleitung eines Hochseeschleppers verlegt wird.

Die andere Idiotie ist halt, dass der Träger viel internen Platz und Gewicht für 12x P-700 Granit und deren Startschächte vergeudet. Jede Rakete ist 10m lang und wiegt sieben Tonnen, Reichweite 625km. Dazu dann noch VLS Startschächte für 192 Stück 3K95 Kinzhal Luftabwehr-Raketen (SA-15) und Werfer für 60 RBU ASW-Raketen. Das sind alles Faxen, die auf dedizierte Geleitschiffe gehören, die Russland aber auch nicht hat (siehe AEGIS-Kreuzer und Zerstörer bei den USA). Die USA haben für ihre Trägergruppen insgesamt 22 AEGIS-Kreuzer und 62 AEGIS-Zerstörer. Plus halt dedizierte Schiffe für ASW und Anti-Schiff Lenkflugkörper.

Die P-700 Granit sind ein Anachronismus und Russland wollte die Startschächte dafür eigentlich raus reißen und durch VLS-Startschächte für Kalibr und ähnliches ersetzen. Aber das ist so ein massiver Eingriff in die strukturelle Integrität des Trägers, dass man sich das wohl nochmal überlegt hat. Rein was die Kampfkraft der Kusnetzov angeht: Ein Landungsschiff der USA (10.000 BRT weniger Verdrängung) hat eine größere und vielseitiger einsetzbare Air-Wing, als die Kusnetzov, sofern man die F-35B berücksichtigt, die bislang aber erst in geringer Stückzahl bei der Flotte ist.

Der letzte Punkt: Die USA haben 82 Jahre Träger-Erfahrung. Also sowohl was den Bau, den Betrieb als auch die Prozeduren und Betriebsabläufe an Bord *und* das Zusammenspiel mit den Eskorten angeht. Und die Russen sind noch mit ihrem Oldtimer aus der 0-Serie unterwegs, der selten heimische Gewässer befährt und noch seltener sich darüber hinaus ins Meer traut. Die Kusnetzov ist in ihrer 23-jährigen Dienstzeit weniger in See gewesen, als ein US-Flottenträger in 2-3 Jahren unterwegs ist. Die langen Werftliegezeiten und der Fakt, dass sie Russlands einziger Träger ist sorgen halt auch dafür, dass die Besatzungen keine Erfahrung sammeln können. Die Piloten der Airwing haben kaum Chancen, praktische Erfahrung zu sammeln und auch die Mechaniker sind dann überfordert, wenn sie nicht daheim auf der Airbase bei Murmansk an den Fliegern schrauben müssen, sondern im überfüllten, engen und schlecht beleuchteten Hangar im Schiff.

Es gibt an sich nichts, was der Russen-Träger kann, was die Russen nicht mit landgestützten Bombern und Cruise-Missiles ebenfalls könnten. Die Tu-160 oder Tu-22M in Verbindung mit den Cruise-Missiles können doch jeden Punkt der Welt in ein paar Stunden erreichen. /shrug

Update: TASS meldet, dass ein Schlepper den aus dem Dock geflutschten Träger eingefangen und in eine "Parkposition" am Anlieger manövriert hätte. Schäden am Schiff gäbe es keine, aber selbst wenn würden sie es vermutlich so fix nicht zugeben. Warten wir es mal ab.

Update 2:

Sputniknews hat ein Video, auf dem man nichts sieht: https://sputniknews.com/russia/20181030 ... aft-plant/

Tyler Rogoway hat ebenfalls in die Tasten gehauen und hat ein paar Stimmen eingefangen und Bilder ausgegraben: http://www.thedrive.com/the-war-zone/24 ... tally-sunk
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2175
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 30.10.2018, 21:40

Noch ein Update: Im oben verlinkten Bericht von Tyler Rogoway (mittlerweile ergänzt) sieht man Tweets mit Fotos, die zeigen, dass im Sommer einige Boiler der Kusnetzov ausgebaut worden sind. Dazu hat man das Flugdeck aufgeschnitten und Teile der Maschinenanlage ebenfalls ausgebaut. Der Kram lag wohl an Deck und dann sind die 75-Tonnen schweren Kräne des Schwimmdocks draufgefallen und schlugen den Kram zu Klump. Einer der beiden Kräne liegt noch an Deck.

Dazu hat die Kusnetzov beim Driften aus dem absaufenden Dock Schäden am Rump "oberhalb der Wasserlinie" zu sich gezogen. Aber die Russen bestehen darauf, dass alles halb so wild sei. Im gleichen Bericht wird dann auch verklausuliert, dass es keine Personenschäden gab, aber sechs Leute im Krankenhaus waren (zwei davon noch stationär) und einer noch vermisst wird. :roll:

Russen. Deren Dementis sind in etwa so gut aufeinander abgestimmt, wie die der Amis wenn es um die beim Hurricane beschädigten F-22 geht. :wink:

Kurz noch was am Rande:

Kampfhubschrauber

Die Amis sind dabei, neue Hubschrauber anzuschaffen. Konkret geht es da um die Sikorsky-Boeing SB-1 "Defiant" oder Sikorsky S-97 Raider, die Doppel-Hauptrotor und Pusher-Propeller im Heck haben. Die SB-1 hat die Ausschreibung gewonnen und mit einer Reisegeschwindigkeit von 250 kn (460 km/h) ist die recht fix und recht vielseitig.

Gleichzeitig versuchte Sikorsky, den ähnlich gelagerten S-97 Raider als neuen Angriffs-Hubschrauber und Ablösung für den Apache schmackhaft zu machen, aber die Army ist noch nicht soweit, sich auf so ein radikales Design einzulassen, zumal man gerade noch die modernisierten AH-64E "Guardian" anschafft. Boeing hat dann aber mal nachgelegt und der AH-64 längere Stummelflügel, Einziehfahrwerk und einen zusätzlichen Pusher-Propeller am Heck verpasst. Die Geschwindigkeit (maximal, nicht Reisegeschwindigkeit) soll dabei auf über 300kn steigen und die Reichweite ebenfalls um knapp die Hälfte. Ein 2/3-Modell wird wohl bis Januar 2019 im Windkanal getestet.

Ähnliches hatten die USA 1967 schon mal mit der Lockheed AH-56 Cheyenne: https://en.wikipedia.org/wiki/Lockheed_AH-56_Cheyenne

Die war denen aber damals zu radikal und Reibungen mit der Airforce um das Billet der Truppen-Nahverteidigung durch Kampfhubschrauber machten es opportun, auf was traditionelles wie die AH-1 "Cobra" zu setzen. Die Variante der AH-64 mit Pusher-Antrieb könnte durchgehen, sofern die Army diesmal wieder konventionell denkt und lieber "bestehende Synergien" nutzen will und Ausbildung, Training und Wartung nicht groß auf einen komplett neuen Typ umstellen möchte.

Die Russen legen derweil ebenfalls nach und Kamov hat (angeblich aus versehen) Bilder vom neuesten Kamov Kampfhubschrauber (ebenfalls Doppelrotor und Pusher-Propeller im Heck) geleaked und munkeln was von 700km/h Maximalgeschwindigkeit. Warten wir es mal ab, ob es das Ding aus dem Rendering-Programm schafft und mehr produziert, als heiße Luft.

US Airforce

Im September hat Air Force Secretary Heather Wilson bekannt gegeben, das die USAF langfristig 74 neue Staffeln aufstellen will. Also eine Aufstockung von 312 Staffeln auf 384 bis 2030. Darunter 14 Staffeln zusätzliche Tanker, ein weiteres Transport-Geschwader und zusätzliche Kampfgeschwader.

Einige Staffeln C-130 sollen zudem durch C-17 ersetzt werden. Problem: Die C-17 wird nicht mehr gebaut und Reaktivierung der Produktion ist illusorisch. "Auf Halde" hat man auch so gut wie keine mehr, bis auf jene, die man unter Obamas letzter Sparrunde kurz eingelagert hatte und deren Reaktivierung sowieso läuft. Um die Lücke zu füllen müsste man entweder was neues entwickeln (lohnt sich für 3-4 Dutzend Flieger nicht), im Ausland einkaufen (A-400M? Im Leben nicht!), oder was von der Stange nehmen: Boeing 747-8 Frachtversion oder zusätzliche KC-46 Pegasus Tanker in einer Frachtversion ohne Betankungs-Satz kaufen. Diese militarisierten Boeing 767 sind sowieso schon für etwas Fracht und ein paar Passagiere ausgelegt und Training und Instandhaltung wären bei dieser Anschaffung dann simpler, als ein weiteres neues Muster anzuschaffen.
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2175
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 31.10.2018, 08:13

In der russischen Marinebasis Kronstadt gabs ein Feuer. Die russische Marine hat wohl einen schlechten Start in die Woche. :roll:

Tyler Rogoway legt nochmal nach wegen dem Sinken vom Trockendock PD-50 und den Schäden an der Kusnetzov: http://www.thedrive.com/the-war-zone/24 ... ed-carrier

TL;DR: Das Trockendock PD-50 ist komplett abgesoffen und für die Russen ist das ein ziemliches Problem. Und zwar größer als die Schäden an der Kusnetzov. Denn sie haben keine anderen Trockendocks (schwimmend oder fest installiert) für die Nordflotte, welche sowohl Kusnetzov oder die größeren Atom-U-Boote aufnehmen und warten können. Sie haben zwar noch ein ähnliches Trockendock (PD-190), aber das ist im Schwarzen Meer und ist etwas kürzer und schmaler. Das durch den Bosporus, das Mittelmeer, Atlantik und Nord-Atlantik nach Murmansk zu verlegen ist illusorisch. Ebenso bekommen sie die Atom-U-Boote der Nordflotte nicht ins Schwarzen Meer für Reparatur-Arbeiten.

Das gesunkene PD-50 wurde in 1980 in Schweden gebaut und ist seitdem im Dauereinsatz gewesen. Ersatz aus dem Ausland oder aus heimischer Produktion wird so schnell nicht zu bekommen sein, denn an so einem Ding baut man locker zwei Jahre - plus halt die Probleme mit den Sanktionen. Unterm Strich wird der Ausfall des Docks das komplette Wartungsprogramm der Nordflotte durcheinander wirbeln und man kann davon ausgehen, dass die Russen daran ziemlich zu kauen haben. Eine Hebung des Docks ist vorgesehen, aber auch das wird eine Herkules-Aufgabe und die Vorbereitungen werden einige Monate dauern.

Ohne das Dock wird es zudem auch schwer, die Kusnetzov wieder zu flicken, zumal man keine Werft hat, in der Schiffe von dieser Größenordnung gebaut wurden oder werden. Nur das Schwimmdock hatte Kräne, welche schwere Lasten sicher bis aufs Flugdeck heben konnten. Das Dock war bereits 2011 in einen Unfall verwickelt, als das darin befindliche Atom-U-Boot mit ballistischen Raketen Yekaterinburg (K-84) Feuer fing. Während die Munition und Atomwaffen noch an Bord waren. Man hat das Dock zweimal geflutet, um das darin befindliche U-Boot absaufen zu lassen und das Feuer dadurch zu löschen.

China

Indessen lasst uns mal kurz nach China blicken, weil es so schön zum Thema passt: http://china-defense.blogspot.com/2018/ ... pyard.html

Bild

So sieht das dann aus, wenn man zwei Träger vom selben Typ wie die Kusnetzov hat. Und die Werft dafür. Links im Bild ist die ehemalige Riga/Varyag der Sovietunion, Schwesterschiff der Kusnetzov und die jetzige Liaoning (Hull-Number 16).

Sie wurde 1985 in der Ukraine auf Kiel gelegt und beim Zerfall der UdSSR war sie zu 68% fertig, als der Bau eingestellt wurde. Sie rostete lange im Dock vor sich hin, bis 1998 ein Chinesischer Milliardär aus Hong Kong sie aufkaufte, um "ein schwimmendes Kasino in Macao" daraus zu machen. Man weiß heute, dass das eine Finte der chinesischen Regierung war, denn der Milliardär "schenkte" den Träger der PLAN-Navy nachdem man es um die halbe Welt und rund um Afrika geschleppt hatte. Den Suez-Kanal dürfen Schiffe nur aus eigener Kraft und nicht um Schlepp fahren. Der Träger landete dann in der Werft oben im Bild und wurde von den Chinesen fertig gestellt. Indienststellung erfolgte in 2012.

Es ist nicht der erste Träger, den die Chinesen in die Finger bekamen. Sie haben die Baby-Träger der Russen (Minsk und Kiev) verschrottet und die Australier gaben ihre HMAS Melbourne (ein Träger der Majestic-Klasse der Briten) in den 80'ern zum Verschrotten frei. Über eine Reihe von Shell-Companies landete das Ding dann in der Hand der Chinesen und die haben den Träger von 1985-1994 eingehend studiert und alle verwertbaren Erkenntnisse abgesaugt. Insbesonders ärgerlich war, dass die HMAS Melbourne Katapulte und eine Fangseil-Landeeinrichtung hatte, die vor Freigabe zur Verschrottung nicht unbrauchbar oder demontiert worden war. Auch die delikate Beleuchtungsanlage im Heck, die als Landehilfe diente war noch in funktionsfähigem Zustand und schon damit alleine haben die Australier die Chinesen direkt ins Trägerzeitalter katapultiert und ihnen viel Lehrgeld erspart. Die Verschrottung selbst dauerte dann nochmal acht Jahre und dabei hat man wohl jedes ausgebaute Teil nochmal vermessen und genau inspiziert. \o/

Die Fangseil-, Lande-Beleuchtung und Katapulte wurde vor Verschrotten ausgebaut und an Land in einer Marinebasis in ein dediziertes neues Start- und Landefeld verbaut, welche die Umrisse eines Trägers nachahmt und für simulierte Trägerstarts und Landungen genutzt wurde.

Mit der Varyag/Liaoning erhielt man keinen vollwertigen Träger und es war viel Arbeit nötig. Die Chinesen haben die Startschächte für die P-700 Granit aus dem Vordeck gerissen und den Hangar vergrößert. Die komplette Maschinenanlage wurde überholt und die ganze Technik auf neuen Stand gebracht. Die Airwing der Liaoning umfasst 26 Shenyang J-15 (Su-27 Nachbauten) und 14 Hubschrauber (6x ASW, 6x AWACS, 2x Transport) und wird von der PLAN-Navy zum Training von Besatzungen und Aircrews genutzt und ist ständig auf Manövern vor Chinas Küste unterwegs.

Während die Chinesen die Liaoning als "Typ 001" bezeichnen, so ist ihr neues Schwesterschiff vom Typ 001A. Man kann oben im Bild schon an den Äußerlichkeiten gewisse Unterschiede sehen. Die Decksaufbauten wurden kleiner und wirken "aufgeräumter". Große Phased-Array-Radare an den Seiten des Deckshauses und zusätzliche Radare sind zu sehen. Zudem hat man das Deck im Bereich der Landepiste (und aus Gewichtsgründen auf der gegenüberliegenden Seite) verbreitert und ihm eine gerader Linienführung verpasst. Das Ding wurde komplett domestisch gebaut und dürfte daher viele Kinderkrankheiten, Altersschwächen und Defizite nicht haben, von denen die Liaoning geplagt ist, sofern sie nicht auf das altbackene Sowjetische Grunddesign zurück gehen. Auch der Nutzen des neuen Typ 001A (See-Erprobung seit April 2018, Übergabe an Marine vermutlich in 2020) dürfte gering sein und hauptsächlich dem Training dienen.

Seit 2015 wird in Shanghai in der Jiangnan Shipyard am Typ 002 gebaut. Ein konventioneller CATOBAR-Träger von geschätzen 85.000 BRT (35.000 BRT mehr als die Liaonling). Zum Vergleich: Die USS Enterprise (CVN-65) hatte 93.000 BRT. Der neue chinesische Träger soll elektromagnetische Katapulte bekommen (haben die USA erst auf der Ford-Klasse eingeführt) und gerüchteweise testen die Chinesen auch die altbackene Alternative mit Dampfkatapulten weiter, falls die das mit den EMALS-Katapulten nicht gebacken bekommen. Mit Stapellauf wird für 2020 gerechnet und mit Indienststellung in 2023.

Kiellegung für das dritte Modell im Bunde (Typ 003) war im Dezember 2017 und das Ding soll noch größer werden und Atomantrieb bekommen.

Die Chinesen lassen zudem seit 2010 jedes Jahr rund 30-36 Kriegsschiffe zu Wasser. Die hatten eine Weile bei Zerstörern und Kreuzern richtigen Wildwuchs und westliche Analysten kamen zu dem Schluss, dass die Chinesen einfach mal ein neues revolutionäres Typenschiff bauten und es dann in Dienst stellten und auf Herz und Nieren testeten. Dann nahm man die guten Eigenschaften und ließ sie in das nächste Modell einfließen. Bei Lenkwaffen-Kreuzern, ihrem AEGIS-Klon und ASW hat man sich anscheinend in 2012 festgelegt und baut die Dinger nun auf Teufel komm raus am Fließband.

Mal auf der Zunge zergehen lassen: Die bauen (Träger rausgerechnet!) pro Jahr so viele große Kampfschiffe, wie die Britische Royal Navy insgesamt in Dienst hat. :roll:

Das ganze ist dann noch in ein langfristiges Gesamtkonzept eingebettet und man kann sehen, dass sie nicht nur auf Symbolik setzen: Verschiedene Modelle von Trägerflugzeuge wurden getestet, man baut eigene AWACS, die auf Trägern eingesetzt werden kann, baut die nötigen Eskort-Flotten und die Logistik (Tanker und Versorger), um Trägerverbände auch langfristig und nicht nur in eigenen Gewässern einsetzen zu können. Die neue Marinebasis der Chinesen in Djibouti ist gleich groß genug angelegt, dass auch größere Träger dort anlegen und versorgt werden können.

Langfristig gesehen würde ich mich nicht wundern, wenn die Russen die Kusnetzov von den Chinesen fit machen lassen oder gleich was neueres dort bestellen. Denn abgehängt worden sind sie von denen schon lange und die Russen haben noch einige Technik, nach der die Chinesen sich die Finger lecken würden.
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2175
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 08.11.2018, 18:26

Die Norwegische Fregatte Helge Ingstad ist mit einem Tankschiff kollidiert und leckgeschlagen. Um ein komplettes Sinken des Schiffes zu verhindern, hat der Kapitän das Schiff auf Grund gesetzt. Von 127 Besatzungsmitgliedern wurden sieben verletzt, aber es gab zum Glück keine Todesfälle.

Mehr Infos und Bilder: http://www.thedrive.com/the-war-zone/24 ... -collision

Was die Kusnetzov und das abgesoffene Dock PD-50 der Russen angeht gab es auch ein Update: Die Russen bestätigen, dass sie kein weiteres Dock haben, was die Kusnetzov aufnehmen kann. Eine Kommission soll untersuchen, ob sich die Bergung des Docks lohnt. Es liegt in 30 Metern Wassertiefe auf unebenem und abschüssigem Grund. Kann sein, dass es alleine schon durch die Lage auf diesem unebenen Grund beschädigt wird und es besteht die Gefahr, dass es den Unterwasser-Hang hinab in 100m Wassertiefe abrutscht. Auf jeden Fall wird der Ausfall des Docks auch Auswirkungen auf die Wartungszyklen anderer Einheiten der russischen Nordflotte haben.

Mehr Info: http://www.thedrive.com/the-war-zone/24 ... r-accident
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Benutzeravatar
Hyaena
Geschäftsmodell
Beiträge: 1507
Registriert: 11.10.2002, 19:52
Wohnort: Lüneburg

Beitrag von Hyaena » 09.11.2018, 10:02

Danke für die Informationen, ich lese Deine Beiträge immer mit großem Interesse :happy:

Benutzeravatar
Roland von Gilead
verdammt coole sau
Beiträge: 13089
Registriert: 02.07.2003, 20:05
Wohnort: wo die Kühe wilder als die Frauen sind !
Kontaktdaten:

Beitrag von Roland von Gilead » 09.11.2018, 10:13

Dito - auch wenn ich nicht alles kommentiere, lese ich alles mit großem Interesse!
[fullalbumimg]804[/fullalbumimg]
Bild Bild Bild Bild

Benutzeravatar
DarkSoul
Geschäftsmodell
Beiträge: 1467
Registriert: 11.11.2002, 08:53
Wohnort: Hannover

Beitrag von DarkSoul » 09.11.2018, 10:50

jaja, die Welt wir wir sie kennen geht den Bach runter. Nicht nur ökonomisch sondern auch militärisch.
Btw. wer einmal ein spannendes Buch zum Thema autonome Drohnen lesen will: Kill Decision
Ist zwar nur ein Thriller, stimmt einen aber schon sehr nachdenklich.

Herr Rossi
Geschäftsmodell
Beiträge: 2718
Registriert: 10.03.2008, 13:07

Beitrag von Herr Rossi » 09.11.2018, 18:51

Dem schließe ich mich an. Fehlende Reaktionen bedeuten manchmal halt nur, dass man nichts anzumerken hat.

Benutzeravatar
ftn|smokin'
sie nannten ihn viagra
Beiträge: 2571
Registriert: 28.06.2003, 15:09
Wohnort: NRW

Beitrag von ftn|smokin' » 10.11.2018, 18:32

Herr Rossi hat geschrieben:Dem schließe ich mich an. Fehlende Reaktionen bedeuten manchmal halt nur, dass man nichts anzumerken hat.
Dito!
BildBildBild

Benutzeravatar
Toska
Geschäftsmodell
Beiträge: 2175
Registriert: 17.07.2007, 17:22
Wohnort: Armenia / Kolumbien

Beitrag von Toska » 13.11.2018, 21:42

Vielen Dank!

Hier noch was: Die Russen dürften sich wegen des abgesoffenen Docks und der Kusnetzov nicht mehr ganz so deppert anfühlen, denn die Norweger waren so doof und haben sich so ungeschickt angestellt, dass die havarierte und auf Grund gesetzte Fregatte Helge Ingstad trotzdem fast komplett abgesoffen ist:

https://twitter.com/CavasShips/status/1 ... 2959825920
http://www.thedrive.com/the-war-zone/24 ... es-snapped

Nach der Havarie hatten Besatzung und Schlepper die Fregatte auf die Felsen am Ufer gesetzt. Die Lage war aber nicht stabil und es drohte ein Abrutschen. Drei Schlepper drückten dann nochmal nach, aber die Situation wurde nicht besser. Das komplette Heck war bis zur Tür des Helikopter-Hangars unter Wasser. Im Hangar war noch ein MH-90 ASW-Hubschrauber, von denen Norwegen 14 Stück insgesamt hat. Stückpreis wohl so um die 50 Mio Euro und die ASW-Torpedos kosten dann nochmal 1.5 Mio pro Einheit.

In den Tagen nach der Havarie hatte man den Kahn dann mit bis zu sieben Stahlseilen an der Böschung festgelascht. Für sowas nimmt man eigentlich Ketten, aber die hatten sie wohl nicht greifbar. Resultat: Letzte Nacht sind diese Stahlseile gebrochen und die Helge Ingstad rutschte ins tiefere Wasser ab. Nur noch die Radar-Antenne und der oberste Meter der höchsten Decksaufbauten schauen noch aus dem Wasser.

Damit kann man das Ding abschreiben und eine Bergung dient an sich nur noch dem Sinn, weiteres Austreten von Ölen zu verhindern und das Navigationshindernis zu beseitigen.

Zur Unfallursache: Im Artikel wird auch erwähnt, dass der Tanker Sola die Helge Ingstad auf dem Radar hatte und bei der Leistelle anfragte, ob da was ist und was das sein könnte, weil sie auf dem AIS kein Transponder-Signal von dem "Objekt" empfingen. Die Leitstelle bestätigte, dass es wohl die Helge Ingstad sei. Der Tanker nahm dann Funkkontakt zur Fregatte auf und die haben sich dann trotz mehreren Minuten Vorwarnung so doof angestellt, dass sie den Tanker trotzdem rammten. :roll:

In einschlägigen Marineforen wird natürlich derzeit entsprechend gelästert und darauf verweisen, dass gerade die europäischen Marinen in den letzten Jahrzehnten oft durch "Amateur-Hour"-Aktionen aufgefallen sind, weil sie Grundlagen der Seefahrt und Grundlagen der Seekriegsführung durch Sparrunden und Inaktivität verlernt haben. Von den fünf Friedjof Nansens der Norweger (die havarierte Fregatte ist von dem Typ) waren zuletzt an sich nur zwei einsatzfähig und man hatte auch nur zwei vollständige Besatzungen. Ähnliches Bild halt analog bei der Bundesmarine: Für die sechs U-Boote vom Typ 212A der Bundesmarine haben wir ja auch nur jeweils zwei komplette Besatzungen und bei den Korvetten sieht es ähnlich aus. Wenn die nach drei bis fünf Monaten wieder vom Einsatz zurück sind, müssen die Besatzungen erstmal wegen der neuen Arbeitszeitrichtline die ganzen Überstunden abfeiern, die auf See angefallen sind wenn sie danach wieder bereit sind, muss man sie fast neu anlernen. :hehehe:

ASW wird dagegen so gut wie nicht mehr geübt, Minen legen/suchen sowieso nicht, Luftverteidigung wird nur simuliert und scharfer Schuss von ballistischen Waffen kommt nur alle paar Jahre mal vor. Und dann passiert halt auch mal sowas, wie dieses Jahr, als die Sachsen eine SM-2 SAM aus ihrem VLS verschießen wollte:

https://www.youtube.com/watch?v=ydsm1uzkNu4
https://www.popularmechanics.com/milita ... n-missile/

Die Rakete bliebt im Startschacht des VLS stecken und brannte dort aus. Die von den USA gelieferten VLS-Schächte haben zwar Löscheinrichtung und Sicherheitsmaßnahmen, die eine Explosion im Schacht nicht auf die benachbarte Munition übergreifen lassen sollen, aber man verkokelt sich dennoch dabei ganz gut die Decks und Aufbauten, wie man im Artikel oben sieht. Unterm Strich sind die europäischen Marinen alle ziemlich auf Verschleiß gefahren und operieren auf Sparflamme. Jetzt wo man das wieder hochfahren will muss man damit rechnen, dass es öfters noch knallen und scheppern wird, weil man die Technik nicht mehr beherrscht oder sie noch nie einsatznah genutzt hat.
Grüße,

Toska
________________________________________
Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
2:191

Antworten