Wie Bangster das Leben eines Mannes zerstören

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Toska
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Beitrag von Toska » 07.06.2013, 17:50

Ja, ist 'ne üble Sache und man mag sich nicht ausmalen wollen, was das für einen selbst bedeuten könnte. Sieben Jahre in der Klapse - davon alleine kann man schon irre werden. Alleine vor dem Hintergrund sind neue psychologische Gutachten in solchen Fällen ein zweischneidiges Schwert.

Die deutsche Justiz mag im internationalen Vergleich noch gut wegkommen, aber es besteht offensichtlich auch dort ein großer Drang dazu, selbst bei begründetem Zweifel lieber wegzusperren, als mal genauer hinzusehen. Und da Irrtümer nicht vorgesehen sind, gibt es auch keinen Drang dazu, diese aufzuklären.

Ein anderes klassisches Beispiel ist der Fall Harry Wörz (http://de.wikipedia.org/wiki/Harry_W%C3%B6rz). Ist sicherlich vielen ein Begriff. Falls nicht, hier die knappe Zusammenfassung: Wurde wegen angeblichem Totschlag an einer Ehefrau 1998 zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Frau wurde vom Vater (Ex Polizei-Kommissar) bewusstlos in der Wohnung aufgefunden und trug schwere Hirnschäden durch Strangulation und Sauerstauffmangel davon. Sie selbst konnte zur Tat nie Angaben machen. Die Frau von Harry war Polizistin und hatte zwischendurch ein Verhältnis mit einem Kollegen. Frau, Geliebter und Vater der Frau waren alle an der gleichen Dienststelle. Die dann auch den Tatort untersuchte, Beweise sicherte, Zeugen verhörte und die Ermittlungen leitete. Harry Wörz war deren einziger Tatverdächtige und Ermittlungen in andere Richtungen wurden nicht unternommen. Nach Revision und Zug bis vor den Bundesgerichtshof waren alle Rechtsmittel ausgeschöpft.

1999 klagte der Vater von Frau Wörz auf 300.000 DM Schmerzensgeld. Die Verhandlung fand vor einem Zivilgericht statt und dort wurden dann erhebliche Zweifel an der Schuld des Beklagten angemeldet und empfohlen, stattdessen Ermittlungen gegen den Geliebten von Frau Wörz einzuleiten. Ein Wiederaufnahmeverfahren der Strafsache wurde dennoch vom entsprechenden Strafgericht abgelehnt und auch die Staatsanwaltschaft nahm keine Ermittlungen gegen den anderen Verdächtigen auf. Erst 2005 wurde das Verfahren wieder aufgenommen und Harry Wörz aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Doch auch dagegen wurde erneut von der Staatsanwaltschaft Revision eingelegt und die Sache ging wieder durch mehrere Gerichte. Im Oktober 2009 erneuter Freispruch für Harry Wörz, doch auch hier wieder Revision und bis rauf vor dem Bundesgerichtshof. Erst im Dezember 2010 hat der Bundesgerichtshof abschließend beurteilt und Harry Wörz wurde rechtskräftig freigesprochen.

12 Jahre Rechtsstreit bis dreimal rauf zum Bundesgerichtshof.

Insbesondere wurde hier halt mehrmals von den (zu Gunsten von Harry Wörz entscheidenden) Gerichten bemängelt, dass die Beamten der ermittelnden Dienststelle allesamt befangen waren. Das Beweise verschwanden und wichtige Zeugen nicht befragt wurden. Obwohl schon das Zivilgericht in der Schadensersatzklage gegenüber dem Geliebten von Frau Wörz den dringenden Tatverdacht ausgesprochen hat, wurden erst 2010 (12 Jahre nach der Tat!) neue Ermittlungen eingeleitet, die dann im Januar 2013 ergebnislos eingestellt wurden.

Die Tat an Frau Wörz bleibt daher ungesühnt und ein als letztinstanzlich für unschuldig befundener wurde 12 Jahre lang (länger als die ursprüngliche Haftstrafe!) mehrmals durch alle Instanzen hin fertig gemacht und durch sieben Jahre Haft zermürbt. Obwohl von Anfang an bei objektiver Betrachtung begründete Zweifel hätten bestehen müssen.

Es gibt noch mehr Dinge, die mich persönlich am Selbstverständnis und der Kompetenz der deutschen Gerichte ganz allgemein zweifeln lässt. Das fängt schon bei Zivilgerichten an, selbst wenn es um glasklare Angelegenheiten geht.

Da erhält man (gegen geltendes Recht) nach einem Rechtsstreit statt eines vom Richter unterzeichneten Urteils nur eine "Ausfertigung" des Urteils. Dort fehlt jedoch die vorgeschriebene Unterschrift des vorsitzenden Richters (das Feld war einfach leer) und (da es nur eine Ausfertigung ist) fehlte natürlich auch die Urteilsbegründung. Das Ganze ist dann lediglich von einem Urkundsbeauftragten des Gerichtes gesiegelt und (unleserlich) unterzeichnet. Wenn man Pech hat, halt vom dort ansässigen Gerichtsvollzieher. Das ganze wurde zudem (gegen geltendes Recht) nur per "normaler Post" ohne Empfangsbestätigung verschickt, so dass es plötzlich zu unterschiedlichen Auffassungen von Fristen kommt, die ab Erhalt des Urteils laufen. Beschwert man sich, bekommt man gesagt "das alles ist so in Ordnung" und kann erneut seinen Anwalt bemühen, da andere Stellen des Staates oder ausländische Behörden dieses "offizielle Dokument" mangels richterlicher Unterschrift und fehlender Urteilsbegründung zunächst so nicht anerkennen. Oder welche später sagen, dass Fristen angeblich nicht eingehalten worden sind, auch wenn das Urteil erst dann rechtskräftig ist, wenn es (ordnungsgemäß vom Richter unterzeichnet) in Händen beider Parteien ist. Den Fall hatte ich 2004-2006 mal und das wurde wegen der Komplexität des Falls (internationales Vertragsrecht) schnell eine recht komplizierte Kiste. Unterm Strich hab ich zwar Recht bekommen (sowohl in der Verhandlung, als auch irgendwann vom Gericht bzgl. der Unterschrift) und hätte meine berechtigte Forderung bei der Gegenpartei einklagen können. Durch die Schludrigkeit des Gerichtes und seine irrige Rechtsauffassung in Sachen Zustellung von Urteilen konnte die Vollstreckbarkeit des Urteils jedoch nicht fristgerecht umgesetzt werden. Dumm gelaufen.

Die Möglichkeit, das Gericht auf Schadensersatz zu verklagen hätte zwar bestanden, aber das ist halt weder besonders clever, noch macht das eine Rechtsschutzversicherung mit. Da denkt man sich halt seinen Teil und lässt es bleiben. Letztendlich konnte ich mit "meinem" Urteil eine Gegenklage in den USA aushebeln, auch wenn ich finanziell und vom Zeitaufwand her selbst nur dabei draufgelegt habe.
Grüße,

Toska
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Beitrag von Waterhouse » 11.06.2013, 11:02

Hier was zum Thema Mollath:

Tweets mit dem Stichwort "Mollath" sind sehr gefährlich!

Ist bizarr!!!
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Beitrag von Roland von Gilead » 11.06.2013, 12:15

"Die Verbindung zum Server konnte nicht hergestellt werden."

Kann ich nicht öffnen ?
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Beitrag von Waterhouse » 11.06.2013, 12:52

Nochmal versuchen.
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Beitrag von cubi » 11.06.2013, 16:38

Waterhouse hat geschrieben:Hier was zum Thema Mollath:

Tweets mit dem Stichwort "Mollath" sind sehr gefährlich!

Ist bizarr!!!
Doch wer hat nun die Order für diesen Hausbesuch gegeben? Keiner der Beamten, mit denen ich gesprochen habe, machte mir den Eindruck, als wüssten sie auch nur im entferntesten, wie man Twitter überhaupt buchstabiert.
Die vor Ort sind definitiv überfordert! Da wollte sich sicher ein "Staatsschützer" profilieren.

Wird Zeit, das auch wir ein "Prism" bekommen, damit unsere Rechtsausleger in Politik und Behörden ihren unkontrollierten Speichelfluss ob der Möglichkeiten der Amis in Griff bekommen! Irgendwie lässt der Schmerz einfach nicht nach!
cu cubi
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Beitrag von Toska » 14.06.2013, 02:40

Ist hier vielleicht untergegangen:
Bayreuth - Gustl Mollath wird mindestens noch ein Jahr lang gegen seinen Willen in der Psychiatrie festgehalten. Das Landgericht Bayreuth ordnete nach eigenen Angaben die Fortdauer der Unterbringung an; der nächste Prüfungstermin ist der 10. Juni 2014.

Die Kammer sei an das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth aus dem Jahr 2006 gebunden, hieß es zur Erläuterung. Zwar liegen dagegen aktuell Anträge auf ein Wiederaufnahmeverfahren vor. "Umstände, welche die gestellten Wiederaufnahmeanträge bereits jetzt als mit Sicherheit erfolgreich erscheinen lassen würden, vermochte die Kammer nicht zu erkennen", teilte das Gericht mit. Stattdessen gehe die Kammer davon aus, dass von Mollath "weitere erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind".

Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/g ... 05305.html
Der Gag ist: Er sitzt ja nicht wegen "rechtswidrige(r) Taten" in der Psychiatrie, sondern "wegen vermuteter Gemeingefährlichkeit" dort, die sich aus seinen mittlerweile bestätigten "wirren Thesen" ergeben haben. Bzw. halt, weil er dem Establishment und Geld-Adel in Bayern ans Bein gepisst hat. Wenn die Sache weiterhin nur südlich des Weißwurst-Äquator vor Gericht verhandelt wird, dann kann er halt in der Klapse vergammeln.
Grüße,

Toska
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Beitrag von Waterhouse » 14.06.2013, 08:10

Gestern in quer hatten sie einen kurzen Zusammenschnitt aus Interviews mit der **** Merk, das war zu geil. Einer der Gründe für seine Einweisung waren ja, wie oben schon erwähnt, seine wirren Thesen zu den Steuerhinterziehungen in der HVB. Die HVB hat später genau diese vollumfänglich bestätigt. Darauf angesprochen meint die Merk, dass keine von Mollaths Anschuldigungen nachprüfbar waren und die, die nachprüfbar waren, sich als falsch herausgestellt haben. Dann wiederholt die Reporterin, dass die HVB alle Vorwürfe nach der internen Revision bestätigt hat. Und die Merk wieder: Mollaths Vorwürfe sind nicht nachprüfbar und die, die nachprüfbar waren, haben sich als falsch herausgestellt. Die Alte ist sowas von durch. Die muss auf jeden Fall mal bisschen mit'm **** langsam machen. :lol:

editiert von Bobby: Schalt mal nen Gang runter, deine Äußerungen fallen zweifellos unter den Straftatbestand der Beleidigung.
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Beitrag von Hyaena » 14.06.2013, 10:06

http://lindwurm.wordpress.com/2013/04/0 ... kucksnest/

Ein interessanter Blogbeitrag, in welchem anschaulich dargestellt wird, wie schnell man in die Psychiatrie kommt und wie schwer es ist, da wieder rauszukommen.

Möglicherweise wird Mollath dort bis zu seinem Tode bleiben ... für Mord gibt es weniger und selbst potentiell gefährliche Straftäter kommen idR wieder irgendwann auf freien Fuß.
Zuletzt geändert von Hyaena am 14.06.2013, 11:54, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Herr Rossi » 14.06.2013, 10:35

Krasse Geschichte... klingt ein wenig wie aus einem schlechten Film. Wobei ich mich allerdings auch frage, warum er auf der Wache nicht direkt einen Anwalt kontaktiert hat?

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Beitrag von Pionic » 14.06.2013, 11:19

Weil der nichts ändern kann.
Die deutsche Rechtschreibung ist Freeware, aber nicht Open Source. Das bedeutet: Du kannst sie kostenlos nutzen, du darfst sie aber nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen. Klar soweit?

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Beitrag von Waterhouse » 14.06.2013, 14:06

Optimismus ist nur ein Mangel an Information. (Heiner Müller)

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Beitrag von Herr Rossi » 14.06.2013, 15:12

Pionic hat geschrieben:Weil der nichts ändern kann.
Es scheint mir aber so, dass ihm die Beratung durch den Richter am Ende des Wochenaufenthalts eine deutlich bessere Position verschafft hat. Sowas wird ein Anwalt jawohl hoffentlich auch können oder? Zumindest hat man dadurch jemanden, der einem die rechtlichen Aspekte erläutern kann.

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Beitrag von Hyaena » 14.06.2013, 16:03

Nicht mein Gebiet, aber eine reine Beratung hilft da eher nicht. Da müßte idR schon eine sofortige Beschwerde beim Landgericht erhoben werden. Hier war das eine Ausnahme, da zuvor kein richterlicher Beschluß vorlag. Das dürfte aber eher nicht die Regel sein.

Ein Problem dürfte vermutlich auch die Frage der Bezahlung sein. Man kann sicherlich versuchen, Prozeß-/Verfahrenskostenhilfe zu bekommen. die würde dann geprüft und gfls. gebilligt werden. Wenn nicht, hat der RA Pech gehabt. Aber viel Arbeit bei wenig Verdienst ist das sicherlich. Da muß man recht altruistisch für veranlagt sein.

Abgesehen davon ist die oben angesprochene sofortige Beschwerde beim zuständigen Landgericht schon ein heftiges Minenfeld.

http://www.bundesverfassungsgericht.de/ ... 27096.html Wie man sieht, kann das weit führen.

Im übrigen stellt sich ganz grundsätzlich in derartigen Fällen die Frage, ob der Betroffene überhaupt geschäftsfähig ist und bevollmächtigen kann. Im Zweifelsfall müßte das ein vorher (bspw. Patientenverfügung) Bevollmächtigter erledigen.

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Beitrag von Herr Rossi » 14.06.2013, 16:08

Wobei ich den Vorgang schon merkwürdig finde. Wenn das in dem geschilderten Fall nicht verkürzt dargestellt ist, dann könnte man meinen, dass das Urteil "selbstmordgefährdet" komplett losgelöst von seinem sozialen Umfeld getroffen wird. Wird da wirklich kein Angehöriger, Freunde oder Bekannte befragt???

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Beitrag von Pionic » 14.06.2013, 20:33

Da das Teil meiner täglichen Arbeit ist, kann ich zumindest (aus polizeilicher Sicht) einmal ein wenig die Hintergründe beleuchten.

Die vorläufige Unterbringung (dazu ist die Polizei befugt) wird in jedem Bundesland separat geregelt, in Bayern durch das Unterbringungsgesetz. Aus dem möchte ich mal eben die relevanten Stellen zitieren:

§ 1, Voraussetzungen der Unterbringung:
Wer psychisch krank oder infolge Geistesschwäche oder Sucht psychisch gestört ist und dadurch in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet, kann gegen oder ohne seinen Willen in einem psychiatrischen Krankenhaus oder sonst in geeigneter Weise untergebracht werden. Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 ist die Unterbringung insbesondere auch dann zulässig, wenn jemand sein Leben oder in erheblichem Maß seine Gesundheit gefährdet.
Die Polizei kommt dann bei § 10 Abs. 2 ins Spiel:
In unaufschiebbaren Fällen des Absatzes 1 kann die Polizei den Betroffenen ohne Anordnung der Kreisverwaltungsbehörde in eine Einrichtung im Sinn des Art. 1 Abs. 1 einliefern.
So weit zum Gesetz. Ein Fall in der Art wird wohl auch Grundlage des Blogeintrages gewesen sein. Nun zum weiteren Verfahren und damit zur Frage/Aussage von Rossi: Es wird in dem Fall nicht geprüft, ob die Meldung so alt ist, dass eine Umsetzung zwischenzeitlich möglich gewesen wäre. Es wird auch nicht geprüft, ob der Betroffene ein soziales Netzwerk hat und mittels diesem verifiziert, ob die ausgesprochenen Drohungen stichhaltig waren oder nicht.
Die Gründe dafür sind folgende: Polizisten sind keine ausgebildeten Psychiater. Es kann ihnen also nicht obliegen, die Ernsthaftigkeit einer solchen Mitteilung einzuschätzen. Weiterhin ist der Betroffene nicht mitwirkungspflichtig. Teilt er also keine näheren Umstände bezüglich des ursprünglichen "Hilferufs" nach außen mit oder benennt er keine Sozialkontakte, kann keine Verifizierung der Angaben erfolgen.
Alle diese Sachen sollten im Nachgang eigentlich durch den behandelnden Amtsarzt geschehen.

Und damit weiter zum aktuellen Fall:
So, wie es für mich klingt, haben wir hier folgenden Fall: Ein Herr/eine Dame mittleren Alters, der eigenen Angaben nach (und vermutlich auch bereits für die behandelnde Einrichtung aktenkundig) seit mehreren Jahrzehnten depressiv ist, kündigt seinen Suizid an. Eine länger zurückgehende Anamnese ist nicht geschehen (nicht möglich?).
Aufgrund dieser Angaben muss nun ein Amtsarzt entscheiden, wie mit dem Betroffenen weiter zu verfahren ist. Entließe man ihn und würde ihn wenig später aus dem nächsten Fluss treibend aufsammeln, so wäre der Aufschrei groß. Geht man andererseits das Risiko ein, den Betroffenen länger als unbedingt nötig zu behandeln, zieht man sich (gelinde gesagt) dessen Unmut zu. Den Königsweg gibt es meiner Meinung nach in der Situation nicht.

@ Hyaena: Da in Bayern eine vorläufige Unterbringung nach Maßgabe der Polizei oder des Amtsarztes möglich ist, hat sich automatisch (spätestens am darauffolgenden Tag) das Gericht damit zu befassen. Hier ist das Sache des Amtsgericht, an dem ein Richter über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung und deren Fortbestand zu entscheiden hat.
Die deutsche Rechtschreibung ist Freeware, aber nicht Open Source. Das bedeutet: Du kannst sie kostenlos nutzen, du darfst sie aber nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen. Klar soweit?

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