Liebe unter Strafe - wg 'Verhütung erbkranken Nachwuchses'

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cubi
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Liebe unter Strafe - wg 'Verhütung erbkranken Nachwuchses'

Beitrag von cubi » 13.04.2012, 12:26

Das Straßburger Urteil zur 'Blutschande' ist gewiss kein Schandurteil. Es ist aber auch kein Ruhmesblatt für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Die Entscheidung hilft weder den Befürwortern der Strafbarkeit 'verbotener Liebe' unter erwachsenen Geschwistern noch den Gegnern und schon gar nicht dem Kläger. Im Kern begnügt sich das Gericht mit einer Zustandsbeschreibung - einerseits der unterschiedlichen Rechtslage in den 47 Ländern des Europarats, andererseits der eigenen Rolle. Die ist zunehmend von Zurückhaltung gegenüber den nationalen Gerichten und Rechtsordnungen geprägt, wozu die Kritik aus Deutschland und Großbritannien wesentlich beigetragen hat. Und wovon zuletzt insbesondere diese Länder profitiert haben.
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/544452


Imho sehr guter Artikel der SZ. Das zeigt, das Deutschland zu den konservativsten Nationen überhaupt zählt. Es nicht zu glauben, das Moralvorstellungen und Ideologien aus der übelsten Zeit des letzten Jahrhunderts sich nach wie vor in Gesetzen wiederfinden.
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Beitrag von Lord_Vader » 13.04.2012, 14:34

Wie man in Game of Thrones sah, kommt selten gutes dabei heraus. ;)
Ich mag das ganze nun nicht bewerten, aber Inzestnachwuchs war auf Dauer immer kaputt, Liebe Hin- oder her.
Die Strafbarkeit finde ich aber Unsinnig.
<~>
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Re: Liebe unter Strafe - wg 'Verhütung erbkranken Nachwuchse

Beitrag von Pionic » 13.04.2012, 15:39

cubi hat geschrieben:Es nicht zu glauben, das Moralvorstellungen und Ideologien aus der übelsten Zeit des letzten Jahrhunderts sich nach wie vor in Gesetzen wiederfinden.
Ich glaube, diese Moralvorstellungen und Ideologien sind schon wesentlich älter.

Übrigens stammen ein Großteil unserer heutigen Gesetze noch aus der übelstens Zeit des letzten Jahrhunderts.
Die deutsche Rechtschreibung ist Freeware, aber nicht Open Source. Das bedeutet: Du kannst sie kostenlos nutzen, du darfst sie aber nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen. Klar soweit?

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Re: Liebe unter Strafe - wg 'Verhütung erbkranken Nachwuchse

Beitrag von Malagant » 13.04.2012, 16:02

cubi hat geschrieben:Das zeigt, das Deutschland zu den konservativsten Nationen überhaupt zählt. Es nicht zu glauben, das Moralvorstellungen und Ideologien aus der übelsten Zeit des letzten Jahrhunderts sich nach wie vor in Gesetzen wiederfinden.
Mein Opa hat damals sämtliche Heiratswillige abgeklappert um herauszubekommen, ob es Inzucht in der Familie gab. Das kam damals (knappe 60 Jahre her) wohl häufiger vor als einem lieb war. In dem Dorf in dem groß geworden bin gibt es eine Familie, die alle, aber auch wirklich alle eine 'Behinderung' (geistig, Taub, Missbildungen usw.) haben. Den letzten den es erwischt hat war ein ehemaliger Klassenkamerad. Mit ~25 Jahren hat er Hodenkrebs bekommen. Vielen Dank an deren Großeltern, die es miteinander trieben.

Inzucht gehört verboten und ja, es sollte unter Strafe gestellt werden.

Zitat
Oder will irgendjemand weiteren Risikogruppen, etwa Frauen über 40 oder Menschen mit Erbkrankheiten, die Fortpflanzung bei Strafe verbieten? Will jemand im Jahr 2012 erwartbare Behinderungen bei Strafe verhindern und damit behinderten Kindern das Lebensrecht absprechen? Absurd.

Vielleicht nicht die Fortpflanzung perse, aber wer ein 'unnötig' hohes Risiko eingeht, der soll den Schaden am Ende auch selbst richten und vor allem auch selbst bezahlen.

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Beitrag von Herr Rossi » 13.04.2012, 17:31

@Mala: LOL, was laberst du da für einen Müll? Da ich zufälligerweise selbst vor 3 Jahren an Hodenkrebs erkrankt bin und mich wirklich mehr als umfassend über die Krankheit informiert habe, kann ich dir sowas von 100% sagen, dass das ganz sicher nichts mit Inzucht zu tun... was ein Blödsinn echt!

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Beitrag von BlackSoul » 13.04.2012, 17:42

Herr Rossi hat geschrieben:@Mala: LOL, was laberst du da für einen Müll? Da ich zufälligerweise selbst vor 3 Jahren an Hodenkrebs erkrankt bin und mich wirklich mehr als umfassend über die Krankheit informiert habe, kann ich dir sowas von 100% sagen, dass das ganz sicher nichts mit Inzucht zu tun... was ein Blödsinn echt!
Meine Güte, bewahre er seine Fassung...

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Beitrag von mana » 13.04.2012, 17:55

Welche überkommenen "Moralvorstellungen und Ideologien" (Mehrzahl) sind das denn, die mit diesem Urteil alle zusammen hängen?

Die biologischen Nachteile sind weder das eine, noch das andere. Ok, man könnte mit dem gleichen Argument jetzt auch zB Alkoholgenuß/Rauchen in der Schwangerschaft unter Strafe stellen. Aber Relativismus ist kontraproduktiv.

Im Übrigen würde sich das Problem gar nicht stellen, wären die Umstände in der Kindheit der Betroffenen nicht so außergewöhnlich gewesen. Der Westermarck-Effekt ist meiner Erfahrung nach nämlich äußerst wirksam. Es betrifft also nicht wirklich viele.

Vor allem:
Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Inzucht und den genannten anderen Beispielen (Frauen über 40, Menschen mit Erbkrankheiten usw.).
Die Inzuchtpartner haben die Möglichkeit eine zumutbare Alternative zu wählen, nämlich sich einen anderen Partner aus den Milliarden Menschen zu suchen, die nicht ihre Geschwister sind.
Eine Frau über 40 kann nicht mehr unter 40 zurück und ein Mensch mit Erbkrankheiten ist mit diesen nun einmal geboren. Die einzige Alternive wäre hier, kinderlos zu bleiben und das ist im Gegensatz zu diesem Fall eher nicht zumutbar.
Zuletzt geändert von mana am 13.04.2012, 17:59, insgesamt 4-mal geändert.

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Beitrag von Herr Rossi » 13.04.2012, 17:57

Ja sorry, aber wenn ich sowas lese.... Ich kann es natürlich auch noch mal sachlicher versuchen:

Hodenkrebs hat zwar auch eine genetische Komponente (gilt wohl für jeden Krebs), allerdings sprechen die Fallzahlen und deren deutlicher Anstieg in den letzten 50 Jahren dafür, dass Umwelteinflüsse eine viel bedeutendere Rolle spielen. So stehen z.B. Weichmacher aufgrund ihrer hormonellen Wirkung im Verdacht eine nicht unbedeutende Rolle dabei zu spielen. Weiterhin wird diese Vermutung auch dadurch gestützt, dass es deutliche Unterschiede bei den Fallzahlen pro Land gibt. Ich unterstelle mal, dass das nicht an unterschiedlichem Inzestverhalten der Bevölkerungen liegt...

Und zum Thema: Wenn man erstmal mit einer solchen Argumentation anfängt, dann begibt man sich ganz schnell auf sehr dünnes Eis, denn ab wann gefährdet man denn wissentlich seinen Nachwuchs? Darf eine Frau mit z.B. 45 Jahren dann noch schwanger werden oder sollte man es ihr verbieten? Was ist mit behinderten Menschen? Dürfen die dann gar keine Kinder mehr zeugen?

Davon ab unterstellt diese ganze Art der Diskussion, dass das Leben eines Menschen mit Behinderung, minderwertig sei, was ich schon mal mindestens ziemlich anmaßend finde. Sicherlich ist es nicht verkehrt zu versuchen die Risiken zu minimieren, aber schlussendlich ist das imo nichts, was der Gesetzgeber zu regeln hat.

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Beitrag von Malagant » 13.04.2012, 18:01

Herr Rossi hat geschrieben:@Mala: LOL, was laberst du da für einen Müll? Da ich zufälligerweise selbst vor 3 Jahren an Hodenkrebs erkrankt bin und mich wirklich mehr als umfassend über die Krankheit informiert habe, kann ich dir sowas von 100% sagen, dass das ganz sicher nichts mit Inzucht zu tun... was ein Blödsinn echt!
Ne so war es nicht gemeint, Du kennst die Familie eben nicht. Er war/ist der einzig 'normale' in der Familie. Alle anderen haben offensichtliche Erbschäden. Seine Schwester ist z.B. gestig Behindert, seine Cousine Taub, sein Coursar geistig Behindert, andere Cousine hat 10 Finger aber keinen Daumen usw. Es zieht sich wie ein roter Faden durch diese Familie und das alles (sehr wahrscheinlich) wohl wegen Inzucht. Zugegeben, ob der Hodenkrebs wirklich was damit zu hat ist fraglich, aber gewundert hat es mich nicht das ETWAS kommt.
Herr Rossi hat geschrieben:Davon ab unterstellt diese ganze Art der Diskussion, dass das Leben eines Menschen mit Behinderung, minderwertig sei, was ich schon mal mindestens ziemlich anmaßend finde. Sicherlich ist es nicht verkehrt zu versuchen die Risiken zu minimieren, aber schlussendlich ist das imo nichts, was der Gesetzgeber zu regeln hat.
Manchmal muss uns unser Staat eben vor uns selbst schützen. Es geht ja nicht um Behinderte Menschen die eine Familie gründen möchten, sondern zum Beispiel um Geschwister die eine Familie gründen möchte. Nur weil wir im 21. Jahrhundert leben heißt das noch lange nicht, dass wir alle Maßstäbe neu definieren müssen. Irgendwo muss Schluß sein. Bei mir ist es eben Inzucht.
Zuletzt geändert von Malagant am 13.04.2012, 18:07, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Herr Rossi » 13.04.2012, 18:03

Malagant hat geschrieben: Ne so war es nicht gemeint, Du kennst die Familie eben nicht. Er war/ist der einzig 'normale' in der Familie. Alle anderen haben offensichtliche Erbschäden. Seine Schwester ist z.B. gestig Behindert, seine Cousine Taub, sein Coursar geistig Behindert, andere Cousine hat 10 Finger aber keinen Daumen usw. Es zieht sich wie ein roter Faden durch diese Familie und das alles (sehr wahrscheinlich) wohl wegen Inzucht. Zugegeben, ob der Hodenkrebs wirklich was damit zu hat ist fraglich, aber gewundert hat es mich nicht das ETWAS kommt.
OK, so liesst sich das schon anders. Hat er es denn wenigstens früh genug erkannt und ist ohne Bestrahlung und Chemo aus der Sache rausgekommen?

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Beitrag von Malagant » 13.04.2012, 18:09

Leider nein, hatte ihn mit Glatze getroffen. Keine Ahnung wie es ihm mittlerweile geht.

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Beitrag von Herr Rossi » 13.04.2012, 18:15

Das spricht schon für einige Zyklen Chemo, aber trotz allem hat dieser Krebs eine sehr gute Prognose. Weniger schön -wenn man es dann überstanden hat- ist allerdings, dass Teile der Chemotherapeutika ein Leben lang in deinem Körper bleiben und böse Spätfolgen verursachen können.

Ich hatte das Glück mit einer lokalen Bestrahlung aus der Sache rauszukommen. Vielleicht hätte ich mir sogar die sparen können, aber da war ich dann doch etwas zu schissig für.

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Beitrag von NOX » 13.04.2012, 19:01

Spam entfernt - Gruß BlackSoul
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Beitrag von cubi » 14.04.2012, 00:18

So! 800 Km abgerissen! Internet im Zug hat nicht gefunzt!

Schöne Diskussion. :happy:

Bin mir ehrlich nicht sicher, was ich von dem allen halten soll! So manches Dorf in Bayern und im Schwarzwald wäre bei strikter Anwendung der Gesetze schon längst ausgestorben! :wink:

Im Ernst. Hier wird an einem bekannt gewordenen Einzelfall ein Gesetz legitimiert und das imho mit einer sehr wackeligen juristischen Begründung. Und sogar in einem Sonderfall, wo die Geschwister sich erst Spät kennengelernt haben und nicht miteinander aufgewachsen sind! Komischerweise dürfte sich eine Frau mit dem Sperma ihres Bruders künstlich befruchten lassen! Das ist doch total Irre!
Ich finde es auch unmöglich und moralisch nicht akzeptabel, inzestuös Kinder zu zeugen. Allein für die Kinder, auch wenn sie keine genetischen Schäden haben, ist das Leben in dieser konservativen Gesellschaft gemein schwierig. Aber es ist nicht mit der sexuellen Selbstbestimmung vereinbar, das vögeln zu verbieten! Verhütungsmöglichkeiten gibts genug! Da hat Imho der Gesetzgeber sich nicht einzumischen denn das sollte mit einer anständigen Erziehung auch zu händeln sein!

Btw: Erbärmlich ist, was der Stürmer der Konservativen (BLÖD) da mit Leuten veranstaltet, die sich mit dem Thema auseinander setzen und nicht auf Linie sind! Widerlich!
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Beitrag von BobbyShaftoe » 14.04.2012, 12:22

Krankheiten durch Inzest entstehen nicht durch die Inzucht an sich, sondern durch die Tatsache, dass beide Elternteile das eigentlich rezessive Genmerkmal in sich tragen. Wenn also eine ganze Kinderschar dieselben Erbschäden aufweist, dann haben die Eltern dieselben. Somit ist die Gefahr, dass bei Inzest Erbschäden weitergegeben werden, relativ gering. Alles andere wurde die Weltreligionen dramatisiert und hat in der Gesetzgebung nichts verloren - weder auf deutscher, noch auf europäischer Ebene.

Da gäbe es ganz andere Dinge, die verboten gehörten. Beispielsweise das Rauchen während und nach der Schwangerschaft.
Fuck the pope (but use a condom).
Man kann vor vielem davon laufen, aber nicht vor seinen eigenen Füßen.

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