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von Toska » 26.03.2015, 15:12
Man kann nicht sagen, wieviele Leben die "Panzertüren" der Cockpits mittlerweile gerettet haben. Aber es gibt mittlerweile dann doch so einige Fälle, wo es zu einem Lock-Out von Pilot oder Co-Pilot kam, oder dieser im Nachhinein vermutet wurde. Selbst wenn man MH370 ausklammert.
Denkt da mal an die Somalische Maschine, die vor kurzem in Wien landete. Der Co-Pilot sperrte den Piloten aus und forderte dann in der Schweiz Asyl. In 2013 knallte in Namibia 'ne Maschine runter, nachdem sich einer der Cockpit-Besatzung alleine eingeschlossen hatte. Dann in 2012 ein Flug von Ägypten nach Amsterdam. Der Pilot ist eingepennt, während der Co-Pilot pieseln war und hat den Summer nicht gehört. Erst mit dem "Emergency"-Code konnte die Besatzung dann nach mehreren Minuten die Tür öffnen. Ich hab noch dumpf was mit einer anderen Nordafrikanischen Maschine im Kopf, die ins Mittelmeer knallte. Ebenfalls Pilot-Lockout und gezielter Absturz. Bei einem JetBlue-Flug dagegen soll die Tür einen "Verwirrten" am Eintritt gehindert haben, bis die Passagiere sich organisiert hatten um den plattzumachen.
In den USA ist es z.B. von der FAA vorgeschrieben, dass sich immer mindestens zwei Mann im Cockpit aufhalten müssen. Muss einer der Piloten austreten, wird folgendes gemacht: Die Chef-Trolley-Schubse parkt den Trolley im Durchgang zwischen Passagier-Kabine und Cockpit-Vorraum mit angezogenen Bremsen, um eine Barrikade aufzubauen. Die Cockpit-Tür wird geöffnet. Pilot oder Co-Pilot huscht raus und Trolley-Schubse huscht rein. Tür geht zu.
Bei der Rückkehr wird sich über Bordtelefon oder Access-Code am Keypad angemeldet. Drei Kameras überwachen die Tür und den Bereich davor. Der "normale" Access-Code lässt einen Summer angehen. Die Cockpit-Besatzung kann dann (nach Überprüfung der Kamera-Monitore) den Kippschalter für die Tür-Verriegelung auf "Open" tippen und die drei elektromechanischen Dead-Bolts entriegeln die Tür kurz. Oder sie können es ignorieren.
Für den Fall gibt es einen zweiten Code, den Pilot, Co-Pilot und mindestens die Chef-Trolley-Schubse kennen. In dem Fall geht im Cockpit ein Alarm an und man hat 30-120 Sekunden Zeit (je nach Fluglinie), den Kippschalter der Türverriegelung auf "Open" zu tippen. Dann geht die Tür "normal" auf. Oder man tut nichts. Dann geht die Tür am Ende der eingestellten Zeit von alleine auf. Oder (wie bei Germanwings passiert) man tippt den Schalter ganz nach ganz unten in die Position "lock". Dann bleibt die Tür zu und Interphone und Code-Feld der Tür werden für 5-30 Minuten gesperrt. Auch da ist die Zeit je nach Fluglinie unterschiedlich eingestellt.
Die Türen sind so ausgelegt, dass sie mit Bordmitteln nicht innerhalb der Zeit geöffnet werden können, die man in der Regel für eine Notlandung bräuchte. In acht Minuten bekommt man die nicht auf, falls das im Cockpit nicht gewünscht ist. Lediglich bei einem Druckabfall im Cockpit geht die Tür nach Unterschreitung des eingestellten Mindest-Luftdrucks von alleine auf.
Angaben zum Co-Piloten sind derweil durchgesickert: 28 Jahre alt, seit 2013 bei Germanwings. Stammte aus Montabaur in Rheinland-Pfalz. Knapp 20 Kilometer von meinem Heimatort entfernt.
Nun auch bekannt: Die französische Flugsicherung hat 5 Minuten nach dem letzten Funkkontakt (und erfolglosen Versuchen der Kontaktaufnahme) den Notfall höchster Stufe ausgerufen. Da sind dann sofort mehrere Helikopter der Luftrettung aufgestiegen. Geeignete Luftfahrzeuge (Hubschrauber oder Flugzeuge) muss jedes ICAO-Land bereitstehen haben. Die sind mit Geräten ausgestattet, welches aktivierte Notfall-Transponder orten können. Die Hubschrauber waren nach 20 Minuten vor Ort und orteten die Wrackteile.
Gleichzeitig stieg in Orange sofort die Alarmrotte der Französischen Luftwaffe auf und machte sich ebenfalls auf den Weg. Die waren noch vor den Hubschraubern vor Ort (wie Anwohner bemerkten), konnten die Maschine aber nicht finden. Der Start der Alarmrotte ist bei sowas normales Vorgehen. Die kurze Alarmierungszeit von nur fünf Minuten erklärt sich in Frankreich von alleine, wenn man mal nach "Standorte Französischer Atomanlagen" googelt. Laut ICAO-Vorschriften erfolgt die Ausrufung des Notfalls höchster Stufe innerhalb von maximal 30 Minuten nach Kontaktverlust (oder falls die Maschine am Zielort oder an Übergabepunkten der Luftsicherung 30 Minuten überfällig ist), oder wenn andere Indikatoren einen Notfall nahe legen. Unerlaubte Abweichung von Kurs und Höhe gehören da auch dazu.
Grüße,
Toska
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Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information
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