Korrekt. Das ist so in der EU-Direktive 2008/8/EC geregelt (Link weiter unten). Aber du musst halt jeden gammeligen Verkauf an Privatkunden im EU-Ausland darüber abwickeln. Automatisiere das mal. Oder finde eine Shoplösung, die das macht. Trotz allem: Du
musst dann jeden Monat Nullsteuer-Erklärungen für alle Länder abzugeben, aus denen mal ein Kunde bei dir gekauft hat. Auch wenn zwischenzeitlich keine weiteren Verkäufe dahin stattfanden.
Gerade für Kleckerkram ist das sowas von Schwachsinn, dass man sich an die Birne fasst. Wie gesagt: Die Überweisungsgebühren der Steuerschuld können da höher sein, als die Steuerschuld und der Produktpreis zusammen. Interessiert die nicht. Der Unsinn mit den Nullsteuer-Erklärungen (Verstoß dagegen: 20.000 Euro Strafe) und die totale Abwesenheit von Schwellwerten, ab denen das überhaupt greift, macht das total hirnverbrannt.
Logischer wäre es: Deine Verkäufe an Auslandskunden in der EU haben den gleichen Steuersatz wie in Deutschland. Du führst die Ust. wie gehabt an den deutschen Fiskus ab und der verteilt das dann an die Steuerbehörden der Länder, in denen du Kunden hast.
Stattdessen macht man die Online-Verkäufer zum ausgelagerten Steuer-Eintreiber für alle EU-Staaten. Das verstößt gegen das rechtsstaatliche Prinzip "keine Besteuerung ohne Repräsentation". Denn selbst über die EU-Wahlen hast du keinen Einfluss auf die Steuerpolitik, Steuergesetze und Steuersätze der einzelnen EU-Länder. Zudem wird das Verursacher-Prinzip umgekehrt und die komplette Haftung liegt beim Shop-Betreiber, der ja keinen Einfluss darauf hat, wo der Kunde her ist und auch nur begrenzt Möglichkeiten hat, die persönlichen Daten des Kunden auf Echtheit zu verifizieren. Du hast ja (anders als bei EU Geschäftskunden) noch nicht mal eine ECC VAT ID des Kunden, die du auf Schlüssigkeit überprüfen kannst. Macht ein Kunde falsche Angaben, machst du dich dann ggf. strafbar, weil du die Umsatzsteuer nicht oder in das falsche Land überwiesen hast.
Selbst bei EU Geschäftskunden hast du die Idiotie, dass du halt nicht nur die ECC VAT ID des Kunden prüfen musst (und zusammenfassende Meldungen darüber abgeben musst). Nein: Du brauchst auch einen Wisch, auf dem der Kunde bestätigt, die gekaufte Ware nicht wieder nach Deutschland einzuführen. Hast du den Wisch nicht, dann stehst du dem Finanzamt gegenüber für die entgangene Umsatzsteuer gerade. Erkläre mal schnell, wie das bei digitalen Downloads am besten gelöst werden soll, wenn du den Wisch mit Original-Unterschrift in Papierform zusammen mit der Rechnung für 10 Jahre aufbewahren musst. Kein Kunde macht so einen Quatsch freiwillig mit. Würde man selbst ja auch nicht machen. Fazit: Du kannst nur noch mit aufgeschlagener Ust. an EU-Geschäftskunden verkaufen. Wollen die Kunden die Erstattung der Ust., so muss erst der Wisch herbei und dann eine Storno-Buchung und eine neue Rechnung ausgestellt und zugestellt werden. Dreifacher Verwaltungs-Aufwand und unmöglich zu automatisieren.
Der Gag ist dann noch: Die EU-Direktive 2008/8/EC mit der Abführung von Ust. an die 28 Finanzämter der EU gilt
explizit auch für Firmen außerhalb der EU. Auch die müssen sich bei Verkäufen an Privatkunden in der EU über das Portal anmelden, die Ust. aufschlagen, abführen und ggf. dann monatliche Nullsteuer-Erklärungen abgeben.
Da wird es dann richtig absurd: Du kaufst in Japan einen Comic als E-Book und von einem Shop in den Philippinen einen Klingelton fürs Handy (Nur als Beispiel. Gibts sowas noch?). Schlägt der japanische Shop die deutsche Ust. auf? Der philippinische Shop? Führen sie die Ust. an Gollum ab? Machen sie die monatliche Steuer-Erklärung beim deutschen Fiskus über MOSS? Mit Sicherheit nicht. Warum auch? Die wissen ja nicht mal, dass die EU auf einmal so komische Gesetze hat und sie sich gerade für ein Vergehen im Cent-Bereich eine Strafe von 20.000 Euro eingehandelt haben. Obwohl sie alle Gesetze ihres Herkunftslandes auf den i-Punkt genau beachten.
Und das mit Japan ist nicht an den Haaren herbei gezogen. Die EU-Seite dazu listet z.B. die Konstellation US-Firma verkauft an spanischen Privatkunden explizit in ihrem Beispiel auf und führt an, dass die US-Firma dann spanische Ust. berechnen und über MOSS abführen muss:
http://ec.europa.eu/taxation_customs/ta ... dex_en.htm
Die meinen das wirklich ernst. Und alle Online-Shop Betreiber im Ausland werden dann gleich mal mit schikaniert und kriminalisiert, auch wenn sie mit der EU-Gesetzgebung nichts am Hut haben. Denn wer sich sagt: "EU? Interessiert mich nicht" und trotzdem ohne Ust. an EU-Privatkunden verkauft, der hat halt einen Wettbewerbsvorteil. Bis irgendwann an einem EU-Flughafen mal die Handschellen klicken. Man macht sich keine Gedanken darum, wie man diese blödsinnigen Gesetze international durchsetzen kann und für eine gerechte Anwendung ohne Wettbewerbsverzerrung sorgt.