Neuer Brennpunkt: Afrika

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Toska
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Neuer Brennpunkt: Afrika

Beitrag von Toska » 05.09.2024, 06:01

Bilder von der sich aufbauenden neuen Front:

Bildschirmfoto vom 2024-09-04 23-49-40.png
Diesmal in Afrika. Äthiopien verlegt Truppen an die Somalische Grenze. Als Antwort auf 10.000 ägyptische Truppen in Somalia.

Wait, WHAT?!? :eek:

Karte rauskramend:

Bildschirmfoto vom 2024-09-04 23-51-27.png
Aha, der Sudan liegt noch immer zwischen Ägypten und Äthiopien und beide Länder haben KEINE gemeinsame Grenze. Und Somalia liegt noch immer südlich und östlich von Äthiopien. Was bitte machen denn ägyptische Truppen in Somalia?

Nun, Äthiopien startete die Tage die fünfte Aufstauung des Staudamms "Grand Ethiopian Renaissance Dam" (GERD) am Nil. Ägypten befürchtet, dass es nach der Fertigstellung des Staudamms nicht mehr genügend Wasser aus dem Nil erhalten wird, was sowohl für die Wasser- als auch für die Nahrungsmittelversorgung seiner 114 Millionen Einwohner eine katastrophale Situation bedeuten würde:

Bildschirmfoto vom 2024-09-05 00-17-06.png

Ägypten behauptet, die 13 Jahre andauernden Verhandlungen hätten zu keinem Ergebnis geführt, Äthiopien versuche lediglich, Zeit zu gewinnen, um vollendete Tatsachen zu schaffen.

Ägypten erklärt, es habe alle gütlichen Mittel ausgeschöpft und sei nun bereit, seine Rechte wahrzunehmen, um die Rechte und Interessen des ägyptischen Volkes zu verteidigen und zu schützen.

Experten warnen seit Jahren, dass der Bau des Staudamms zum ersten großen „Wasserkrieg“ der Welt führen könnte.

Äthiopien hat eine Bevölkerung von 125 Millionen.

Wie man jedoch auf der Karte sehen kann: Mit 10.000 Mann in Somalia wird Ägypten nicht viel reißen können, da der Staudamm am anderen Ende von Äthiopien liegt - von der somalischen Grenze aus gesehen. Ägypten hat in Afrika sicherlich die stärkste und modernste Armee und auch die Luftwaffe der Ägypter ist bestens mit Maschinen aus den USA bestückt. Bis rauf zur F-15. Das GDP Ägyptens ist 4x höher als das von Äthiopien und sein Militär ist doppelt so groß und (wie gesagt) deutlich moderner. Allerdings sind sie logistisch sicherlich nicht in der Lage, in größerem Stil so weit von zu Hause zu operieren.

Man kann eher davon ausgehen, dass im Falle einer Eskalation die ägyptische Luftwaffe den Damm aufs Korn nehmen wird. Aber auch da macht die Geographie den Ägyptern einen Strich durch die Rechnung: Von Basen in Ägypten sind es 1800km (mit Überflug über den Sudan) bis zum Staudamm. Zu weit für F-15 mit mindestens 2x2000LB JDAM und Zusatztanks. Die Ägypter haben zwar Tanker, aber Betankung über dem Sudan oder sonstigem "nicht freundlichen" Luftraum wird man sicherlich tunlichst lassen. Bliebe nur der Flug über das Rote Meer mit mehreren Betankungen im internationalen Luftraum, dann Einflug in den somalischen Luftraum, dort kurz vor der äthiopischen Grenze nochmal nachtanken und dann rund 900km bis zum Damm düsen. Selbst das wird knapp und lässt reichlich wenig Spielraum.

Von Basen in Ägypten wären das über diesen Umweg dann 3250km bis zum Ziel - und dann die selbe Strecke nochmal zurück. Das wird pro "Leg" mindestens 3-4x getankt, damit man bei "Rüsselbruch" oder sonstigen technischen Problemen noch bis zu einem Alternativ-Fluplatz kommt. Zum Beispiel in Saudi Arabien oder Djibouti - die sich dann aber auch bedanken werden.

Und daher eben die Anbiederung der Ägypter an Somalia, denn ohne die Nutzung von deren Luftraum (und ggf. deren Flugplätzen) geht es schlecht. Selbst bei Start der F-15 von somalischen Flugplätzen müsste noch immer mindestens einmal auf Hin- und Rückweg getankt werden, weil der Damm zu weit weg ist.
Grüße,

Toska
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Re: Neuer Brennpunkt: Afrika

Beitrag von Roland von Gilead » 05.09.2024, 10:00

:eek: oha!
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Re: Neuer Brennpunkt: Afrika

Beitrag von Toska » 07.09.2024, 18:48

Ich pack das mal hier mit rein, weil es um Ägypten geht:

Die Ägypter waren ja lange Großkunde bei den Russen, wenn es um Waffen ging. Die Amis haben sich dann irgendwann in den Markt dort reingequetscht und rannten offene Türen ein. Zum einen hatten die Ägypter ja mehrmals gesehen, dass selbst neuerer russische Schrott selbst gegen teilweise recht alte westliche Technik (bei den Israelis) nicht anstinken konnte. Und zum anderen waren die Amis eben im Boot, weil sie damit Russland ärgern konnten. Aber: Man nahm Rücksicht auf die Israelis und verkaufte den Ägyptern eben nur Waffen und Munition, die technisch oder von der Menge her unter dem lagen, was die Israelis selbst hatten.

Die M1 Kampfpanzer der Ägypter sind alle Export-Modelle, die "Apache" Kampfhubschrauber sind noch AH-64D und weder die "G" noch die neue "E"-Variante war für Ägypten zu bekommen. Die ägyptischen F-15 sind Stand C/D (nur ein paar E-Modelle), wogegen die Israelis nicht nur das E-Modell haben, sondern auch "gepimpte" C/D's mit eigenen Extras, oder Dinge von der Stange, welche die USA ansonsten nur ungern exportieren. Die F-16's der Ägypter (das erste modernere westliche Modell, welches sie erhalten hatten) sind noch C/D's auf Stand Block 30/32. Aber: Die haben maximal das AN/APG-68 Radar älterer Bauart und KEINE AIM-120 AMRAAM, sondern maximal AIM-7 "Sparrow" und auch diverse andere Waffen der USA bekamen sie bislang nicht, oder nur in recht antiquierten Versionen. Das ist eben auch Ägyptens politischem Schleuderkurs zwischen pro-westlich und pro-panarabisch geschuldet. Denn: Unter Al-Sisi und seinem Vorgänger Morsi war nie so ganz klar, wie zuverlässig Ägypten als Partner sein würde. Spätestens seit die Israelis F-35 haben ist das Geraffel der Ägypter eher uninteressant und sorgt bei den Israelis bestenfalls für bemitleidendes Lächeln.

Als Resultat suchte Ägypten schon länger nach Wegen, seine 218 Stück F-16 entweder zu modernisieren, oder sie durch leistungsfähigere Modelle zu ersetzen. Nachdem die USA sich quer stellten, hätte es noch die Möglichkeit gegeben, es bei Türkei und Israel zu versuchen, welche beide große Erfahrungen beim "modding" ihrer eigenen F-16 gesammelt haben. Beides war aber im vorhandenen politischen Klima undenkbar.

Man schaute also ab 2021 nochmal nach Russland und die Russen brachten gepimpte MiG-29 ins Spiel, aber die Ägypter hatten bislang mit der MiG-29 ja schon keine guten Erfahrungen gesammelt und hatte noch 43 Stück MiG-29M und M2 im Einsatz. Man kam daher zum Schluss: "Selbst geschenkt ist noch zu teuer!" Man überlegte dann eine Weile rum, ggf. die Su-35 anzuschaffen, aber das russische Angebot konnte dann wohl auch nicht überzeugen und passte nicht in den Mix, den die Ägypter anstrebten: F-15 für High-End, F-16 als "Arbeitspferd". Denn: Selbst langfristig hätte man keine 200 Su-35 bekommen, um die F-16 1:1 zu ersetzen und hätte bei der Bewaffnung dann auch wieder massive Abstriche machen müssen, weil die Russen eben bei "Air-to-Mud" nichts intelligentes haben, was auch was taugt. Der Ukraine-Krieg und Sanktionen haben dann sicherlich dem Projekt den Rest gegeben.

Was blieb war ein Deal in der Schwebe (seit 2022), noch mehr F-15E aus den USA zu bekommen, aber bei Modernisierung oder Ersatz der F-16 kam man zu keinem Abschluss. Also auch wieder nichts mit dem angestrebten High/Low-Mix.

Anscheinend hat Ägypten die Tage einen Vertrag mit China gemacht, um Chengdu J-10C zu kaufen. Das ist die chinesische Interpretation der F-16 und des israelischen LAVI-Prototyps. Das Ding ist vor allem in den letzten 15 Jahren wohl zu einer recht zuverlässigen und vielseitigen Plattform gereift, die bei den Chinesen mittlerweile den "Backbone" von deren AirForce darstellt. Und das Ding ist vergleichsweise billig, da die Chinesen die Dinger über Jahre hinweg in großer Stückzahl rausgehauen haben und deren eigener Bedarf nun gedeckt ist. Von daher ist es der beste Zeitpunkt, sich da jetzt ans "Tail-End" des chinesischen Produktions-Laufs zu hängen und da noch was abzugreifen. Und vermutlich werden die Chinesen beim Verkauf von (relativ) High-End-Bewaffnung nicht so knauserig und zurückhalten sein, wie die USA.

Ironisch hierbei ist eben auch: Die Israelis hatten den Chinesen damals bei der J-10 Schützenhilfe gegeben und der Chefdesigner von Chengdu und sein Team durften damals ausgiebig den LAVI in Israel einsehen, vermessen, photographieren und mit den israelischen Entwicklern plauschen. Es gab sicherlich auch Abflüsse von Infos zu Teilen und Methoden, die man aus US-amerikanischen Quellen hatte und selbst heute noch ist nicht ganz raus, was die Israelis damals als Gegenleistung erhalten haben. Nun? Fast 50 Jahre später taucht das Resultat dieses Tet-a-Tet beim "Nachbarn" auf. Allerdings sind seitdem die Uhren auch nicht stehen geblieben.
Grüße,

Toska
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Re: Neuer Brennpunkt: Afrika

Beitrag von |MURDOCK| » 07.09.2024, 19:49

Au weia, gut dass ich mir vor nem knappen Jahr hier keinen Meiner hab hinstellen lassen :bonk:
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Kann man aber schon verstehen, dass die Ägypter da schwer schiss haben. Hoffen wir das Beste. :ds:
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