Hyaena hat geschrieben:Weil es gut paßt, verlinke ich hier noch einmal einen Artikel zum US-Imperialismus in Lateinamerika. Das ist irgendwie immer dasselbe Programm.
Das ist wahr. Ich sehe das ja hier in Kolumbien quasi aus der zweiten Reihe. Kolumbien ist "treuer Vasall" der USA. Das geht so weit, dass USA-Politikdarsteller schon angeregt haben, Kolumbien in die NATO aufzunehmen. Der Nachbar Venezuela ist tief Sozialistisch und "treuer Vasall" der Russen, "Buddy-Buddy" mit Kuba und kann auch schön im Duett mit dem Iran für politischen Missklang sorgen. Vor ein paar Monaten haben die Russen ihre Tupolev Tu-160 Bomber auf Weltreise geschickt. Darunter auch einen längeren Zwischenstop in Venezuela mit diversen Abstechern in andere Länder Südamerikas. Dabei hat man dann mal "vergessen", Kolumbien um Überflugrechte zu ersuchen und ist mit den Dingern im Verband über Kolumbien gedüst. Die Jungs hier haben dann ihre Kfir Jets aus Israelischen Beständen aktiviert und die Russen abgefangen und "eskortiert".
In Venezuela herrscht tiefste Krise und der ex-Busfahrer und jetzige Präsident Maduro hat keine Antworten, wie er das Land aus dem Schlamassel bekommt, den ihm sein Vorgänger Chavez hinterlassen hat. Sozialismus funktioniert halt nur, solange man genug Geld anderer Leute hat, welches man ausgeben und umverteilen kann. Chavez hat (nach Verstaatlichung der US-Ölkonzerne im eigenen Land) halt das Geld genutzt, um die Schulden bei IWF und Wallstreet abzubezahlen (~30 Milliarden USD). Der war zwar auch Sozi, aber nicht doof. Der wusste: Wenn er die Schulden nicht bezahlt, sorgen die Banker dafür, dass bald das Licht ausgeht und die USA "Freedom" verteilen. Die Quasi mit dem Geld der verstaatlichten US-Ölmutils zu bezahlen war recht frech, aber von den vorhandenen Möglichkeiten vielleicht sogar noch die beste.
Die Kampagne, die momentan gegen Maduro läuft, ist halt auch komplett von den USA gesponsort. Das Ziel ist klar: Die wollen ihre Ölfirmen wieder. Auch ohne die Einmischung der USA würde es langfristig Neuwahlen geben, da die Leute mittlerweile von den Sozis die Nase voll haben. Nur gießt man halt massiv Öl ins Feuer, damit es so bald wie möglich knallt und Venezuela auch gleich mit aus dem Russischen Lager gekantet wird.
Man muss dazu sagen: Es sind die Politiker in Venezuela und Kolumbien, die nicht miteinander können. Wenn in Venezuela das Klopapier ausgeht, sagt Maduro, dass die Kolumbianer schuld sind. Die Bevölkerung dagegen? Latein-Amerika ist trotz der Fläche ein Dorf. Es gibt in Kolumbien kaum eine Familie, die keine Verwandten und Freunde in Venezuela hat. Und umgekehrt. Von daher sieht "der Mann auf der Straße" oder die Stammtische das ganze Geplänkel relativ relaxed. Dazu muss man auch wissen, dass Kolumbien, Venezuela, Ecuador, Bolivien, Panama und Teile Perus einst ein einziges Land waren, welches man heute in Geschichtsbüchern "Großkolumbien" nennt. Und nein, IchoTolot, das hat mit dem Postkartenmaler aus Ösiland nichts zu tun. Der Staatsgründer Simon Bolivar wird heute noch in allen Ländern Ex-Großkolumbiens verehrt, zumal er die Spanier rausgekegelt hat. Fast jede Stadt hat einen "Plaza Bolivar" mit Statue, Büste oder Plakette zu seinen Ehren. Lokalpolitiker mit unterschiedlichen Interessen und unter Einfluss der USA haben dann ab 1830 zur Spaltung geführt, deren letzter Akt erst 1941 abgeschlossen war. Da spielte dann auch der Kolonialismus der USA eine Rolle, die z.B. Panama als leicht zu kontrollierenden Muppet-Staat wollten, um dort den Kanal zu bauen. Kleinere Länder lassen sich auch einfacher "Fernsteuern". Ab der 1920'er haben dann auch die Russen 'ne Rolle gespielt und der Kommunismus hielt dann teilweise seinen Einzug, ohne sich je voll durchsetzen zu können. Dafür hat schon das Militär gesorgt und dann lieber Diktaturen aufgezogen, als die Roten regieren zu lassen.
Es ist halt das selbe wie immer: Der "kalte Krieg" mag vorbei sein, aber man wendet noch heute die gleichen Methoden an, um Vasallen zu schaffen, diese bei der Stange zu halten und "die andere Großmacht" auszubooten. Die Presse macht das selbe wie immer: Sie nimmt Partei für das System des Landes, für das sie schreibt. Nur ist man heute generell besser informiert und mehr vernetzt. Von daher fallen immer weniger auf diese Lügenpropaganda herein.
Hyaena hat geschrieben:Erst wird versucht, den Russen Tartus abzujagen und jetzt Sevastopol. Murmansk ist im Winter schwierig, aus der Ostsee kein Entkommen und Wladiwostok weit von den Ressourcen entfernt. Damit würde man Russland als Seemacht quasi ausschalten.
Ja, so sieht das Drehbuch wohl aus. Wobei die Russen noch nie wirklich eine Seemacht waren. Die sind zu sehr aufs Land fixiert und Marine lieft bei denen immer unter "ferner liefen". Aber auch die Russen haben Alfred Thayer Mahan gelesen und sich zumindest bemüht, die See vor ihrer Haustür verteidigen zu können. Erst durch die Atom-U-Boote konnten sie eine gewisse Parität herstellen, die sich aber als extrem teuer herausstellte. Der direkte Gegenpol der Russen zur Seemacht der USA war zu Zeiten des kalten Krieges die Luftwaffe mit ihren Langstrecken-Bombern und dem recht großen Arsenal an Lenkwaffen, kombiniert mit fast lückenloser Seeaufklärung durch die RORSAT-Satteliten. Über der Steppe von Taschkent und Kasachstan hat man während des kalten Krieges immer wieder den Angriff von Bomber-Verbänden auf Trägerkampfgruppen der USA geprobt. Wie die sich gegen AEGIS-Kreuzer, SM-2 und (damals) F-14 mit Phoenix-Raketen geschlagen hätten, kann man nur erahnen. Tom Clancy hat das in "Red Storm Rising" mal versucht, klammert aber aus, dass die Anti-Schiffswaffen der Russen potentiell nuklear bestückt werden konnten. Die Russen hatten so einen Scheiß-Respekt vor den US-Trägern, dass sie nach ersten Fehlschlägen vermutlich den nuklearen Seekrieg eingeleitet hätten.
Das Russland von heute ist davon weit entfernt. Die Russische Marine ist von allen Teilstreitkräften Russlands heute sicherlich im schlechtesten Zustand. Was halt auch die Prioritäten Russlands widerspiegelt. Die Schwarzmeerflotte hat man quasi verfallen lassen und die ist technisch noch auf dem Stand der späten 70'er und frühen 80'er Jahre. Die Nordmeer- und Pazifik-Flotte sind leidlich besser in Schuss. Das interessante ist jedoch, was man da in den letzten 10-15 Jahren modernisiert hat: Die Russen haben Landungsschiffe der Mistral-Klasse in Frankreich gekauft. Das sind Hubschrauber-Träger mit Transportkapazität für Panzer und gepanzerte Fahrzeuge und Möglichkeit der amphibischen Anlandung. Zudem hat man alle älteren U-Boote stillgelegt und baut neue taktische und strategische U-Boote - auch wenn da viel improvisiert wird. Teilweise hat man Rumpfsegmente bei Neubauten verwendet, die seit dem Zerfall der Sowjetunion herumlagen. Von der Überwasser-Marine der Russen ist kaum noch was übrig. Das meiste erwartet Verschrottung oder Überholung. Von vier Kirovs ist nur noch die "Peter der Große" (Pjotr Weliki) einsatzbereit. Fünf Slavas? Zwei hat man ab und an mal in internationalen Gewässern gesehen. Dann noch ein paar Udaloy und Sowremeny Zerstörer und ein Dutzend ASW-Schiffe. Für ein Land dieser Größe ist das wenig. Es war mal die Rede davon, ab 2015 vier bis sechs mittelgroße Träger für die Nord- und Pazifik-Flotte zu bauen, aber das mag einfach Wunschdenken bleiben. Was die Marine angeht, scheint man kein erkennbares Konzept zu haben.
Man besinnt sich da eher wieder auf die Luftwaffe. Putin hat recht früh während seiner ersten Amtszeit die eingemotteten Tu-160 wieder ausmotten und modernisieren lassen. Ab 2007 kamen dann die ersten Tu-160M Neubauten dazu. Unterstützt wird das durch Neubauten von Luft-Tankern und intensivem Training von Langstrecken-Flügen. Seit 2007 fliegen die russischen Langstreckenbomber daher auch wieder regelmäßig über größere Distanzen, wie z.B. bis Guam, vor die Ostküste der USA oder halt neulich bis Süd-Amerika. Aber auch hier ist noch viel Schrott im Arsenal. Von 5000 Kampfflugzeugen und Bombern im Bestand dürften deutlich weniger als 1000 einsatzbereit sein (~400 Jäger, ~300 Jagdbomber, ~100 Langstreckenbomber).
Putin ist allerdings bekannt dafür, mitten in der Nacht zum Telefon zu greifen und dann isoliert in einem bestimmten Militärdistrikt Russlands eine "spontane Übung" einzuberufen. Seit 2005 hat er in etwa so viele Generäle gefeuert, wie Obama in den letzten fünf Jahren. Meist direkt in Folge solcher Übungen. Nur halt unter anderen Hintergründen: Putin schmeißt die Versager und Schreibtisch-Täter raus und betreibt ein "survival-of-the-fittest". Er weiß wie schlecht Moral, Ausbildungsstand und Material der Armee und Luftwaffe sind und fördert halte jene Generäle, die improvisieren und mit den vorhandenen Mitteln was leisten können.
Alles in allem mache ich mir wegen russischer Militärexpansionen keine großen Gedanken. Wir sind da weit von dem entfernt, was 1983/84 zu sehen war. Was der Macker im Kreml derzeit hat, reicht bestenfalls dazu, im eigenen Häuschen und Vorgarten 'ne Party zu veranstalten und gerade so die Sicherung des Status-Quo zu erreichen. Er weiß auch: Wenn China sich irgendwann mal nach Norden orientieren sollte, dann reicht selbst das nicht mehr aus. Das dürfte ihm mehr Sorgen machen, als der schwarze Mann im weißen Haus, oder das planlose Vasallen-Gesocks der Amis in Brüssel.
Aber zurück zur Ukraine: Fefe hat mal in die Tasten gehauen und einen recht schmissigen Beitrag verfasst, der die Situation wunderbar analysiert:
https://blog.fefe.de/?ts=ade6a50f