Ukraine

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Re: Ukraine

Beitrag von Herr Rossi » 06.04.2022, 09:35

Bei der Automobilindustrie geht es im März dann auch beschleunigt weiter abwärts:

https://www.vda.de/vda/de/presse/Presse ... ecklaeufig
Die Pkw-Produktion in Deutschland ist im abgelaufenen Monat kräftig zurückgegangen. Dies ist erstmals auch durch den von der Russischen Föderation initiierten Angriffskrieg in der Ukraine beeinflusst. Im März fertigten die deutschen Hersteller 267.600 Pkw (-29 Prozent). Seit Jahresbeginn wurden 829.100 Pkw in Deutschland produziert, 12 Prozent weniger als im Vorjahr. Mit 200.200 exportieren Neufahrzeugen lag der Export 35 Prozent unterhalb des Vorjahresniveaus. Im Jahresverlauf bewegt sich der Export mit einem Minus von 15 Prozent ebenfalls deutlich unter dem Niveau des Vorjahres.
Wenn da jetzt noch Gas- und Öllieferstopp oben draufkommen, dann gute Nacht!

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Re: Ukraine

Beitrag von Herr Rossi » 08.04.2022, 11:01

Nächster Einschlag, der FAO Food Price Index geht durch die Decke:

https://www.fao.org/worldfoodsituation/ ... sindex/en/

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Das wird ganz konkret den Hunger in der Welt massiv ausweiten (ergänzend zu dem, was bereits durch die Corona Maßnahmen an Schaden ausgelöst würde, was man auch recht gut an 2021 sehen kann) und somit auch Tote durch Hunger bedeuten. Tote, die mit dem Krieg, mit Russland, mit der Ukraine oder der EU nichts zu tun haben. Es sind Kollateralschäden, die allen bewusst sein müssen, die Sanktionen für ein angebrachtes Mittel halten. In meinem Namen passiert das nicht.

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Re: Ukraine

Beitrag von ftn|Broken Arrow » 15.04.2022, 09:22

Es ist ja jetzt schon seit einigen Tagen sehr ruhig hier. Wie ist den der momentane Stand bei euch zu dem Thema?

@Rosi: Natürlich ist das alles scheiße aber was willst du den machen ?

@Toska: Die Rissen haben die Moskava verloren und von Gelände gewinnen seit dem Rückzug scheint es ja auch nicht so viele zu geben.

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Re: Ukraine

Beitrag von Toska » 15.04.2022, 09:46

Herr Rossi hat geschrieben:
08.04.2022, 11:01
Das wird ganz konkret den Hunger in der Welt massiv ausweiten (ergänzend zu dem, was bereits durch die Corona Maßnahmen an Schaden ausgelöst würde, was man auch recht gut an 2021 sehen kann) und somit auch Tote durch Hunger bedeuten. Tote, die mit dem Krieg, mit Russland, mit der Ukraine oder der EU nichts zu tun haben. Es sind Kollateralschäden, die allen bewusst sein müssen, die Sanktionen für ein angebrachtes Mittel halten. In meinem Namen passiert das nicht.
Tja, die Frage ist halt auch, wer dahinter steckt und wer davon profitiert. Der senile US-Präsident ist es sicherlich nicht, denn der weiß ja nicht mal mehr, was er zum Frühstück hatte sobald man ihm den Latz abnimmt. Das hinter dem US-Präsidenten stehende Establishment dürfte da momentan relativ freidrehend am wirken sein. :roll:

Siehe auch hier: Is the US hindering much-needed diplomatic efforts?. Das hatte ich ja schon angesprochen: Die USA wollen in Russland einen Regime-Change und solange der nicht durch ist, wird der Ukraine-Krieg richtig fett weiter befeuert. Mit allem, was da ist.

Um das mal zu konkretisieren: Rund 30 Tage hat man sich geziert, "schwere Waffen" zu liefern. Dann schickte man alle S-300 Batterien, die man in NATO-Staten loseisen konnte. Kurz darauf BMP1's. 40 Tage hat man sich geziert, dann schickte als erstes (ausgerechnet!) Die Tschechoslowakei (als Rache für 1968?) einen ganzen Güterzug voll mit T-72 und BMP-1 und BMP-2 in die Ukraine. Rund 70 Kampffahrzeuge waren das. Kurz darauf haben die Polen ganz süffisant verlauten lassen, dass aus ihrem Panzerlager bei Lublin rund 100 T-72 abhanden gekommen sind. Und falls die in der Ukraine auftauchen sollten, würde man sicherlich ermitteln. Aber dabei würde natürlich rauskommen, dass die Ukraine T-72 halt ebenso leicht auf dem "schwarzen Markt" bekommen könnten, wie die Donbas-Rebellen in 2014. :wink:

Die Amis legen dann noch einen drauf: Für rund 800 Mio USD gibt es Haubitzen, Artillerie-Radare, Luftüberwachungs-Radare, 300 Switchblade Drohnen, 500 weitere Javelins, 200 M113 APCs, 100 gepanzerte Fahrzeuge, 11 Mi-17 Hubschrauber und diversen Kleinkram. Darunter auch "unmanned coastal defense vessels".

Selbst Japan (!) bereitet gerade seinen ersten überhaupt Waffen-Export in ein Kriegsgebiet vor.

Die Diskussion um die ukrainische Wunschliste an Deutschland habt ihr mitbekommen? Die wollen alles, was nicht angeschraubt ist und noch "bei der Industrie" rumsteht: Leo 2A4/A5, Leo 1A5, Gepard, Marder, Minenwerfer und weiß der Henker was noch. Von all dem würde der Leo 1 vermutlich am meisten Sinn machen. Das ist solide und unkomplizierte Technik, die sowohl an die Besatzungen als auch die Wartungstrupps fix vermittelt ist. Bei allem anderen ist die Technik entweder zu kompliziert, es gibt für wichtige Komponenten keine Ersatzteile mehr (Gepard: Kanonen, Radar, Feuerleit) oder das Material hat so lange ungewartet unter freiem Himmel gestanden, dass es durch ist (Marder + Minenwerfer). Und die BuReg ziert sich halt sowieso, das durchzuwinken,

Es zeigte sich ja mal wieder, dass die Ukraine für Überraschungen gut ist: Die Operation "Russian warship, go fuck yourself!" wurde erfolgreich durchgeführt. Oder wie die Russen es vermutlich formulieren würden: "Das heldenhafte Kriegsschiff Moskva hat erfolgreich zwei Neptun-Raketen der Ukraine entnazifiziert und wurde in den Rang eines U-Boot befördert." :hehehe:

Aber Kommando zurück. Was gesichert ist: Der russische Raketenkreuzer "Moskva" (Projekt 1164 Atlant Klasse) und Flaggschiff der Schwarzmeer-Flotte hatte eine "rapid unscheduled disassembly" in Zusammenhang mit seiner Munition. Das gaben die Russen sogar selbst zu. OSINT-Lauscher haben in Klartext und per Morse SOS der Moskva aufgefangen, in denen von einer Munitionsexplosion an Bord die Rede war und dass man das Schiff aufgeben würde. Die Türken haben kurz darauf 54 russische Seeleute geborgen. Ob und wie viele der über 500 Besatzungsmitglieder von Russen geborgen wurden? Unklar.

Das ganze Thema hatte so ein Hick-Hack von Behauptungen und Dementies, dass nicht klar ist und war, was genau passiert ist und ob der Kahn tatsächlich abgesoffen ist. Erstaunlicherweise hat sich auf Wikipedia (!) derzeit eine Fassung durchgesetzt, die wenigstens den Ablauf von Behauptungen und Dementis einigermaßen korrekt darstellt.

Warum das alles so absolut krass ist? Eine ganze Reihe von Gründen. Erstmal zur Bedeutung der "Moskva". Nicht nur, dass es den Namen der russischen Hauptstadt trug (Hitler ließ wenigstens die "Deutschland" in "Lützow" umbenennen!), es war halt das Flaggschiff der Schwarzmeer-Flotte. Von der Slava-Klasse gab es nur drei aktive Einheiten: Moskva, Marshal Ustinov, Varyag. Die unfertige Komsomolets liegt seit 1990 rostend am Pier in Mykolaiv, Ukraine. Die Slavas waren nach den Kirov's (Admiral Nakhimov & Pyotr Velikiy sind noch übrig) die fettesten Einheiten der Russen. Die Slavas und Kirovs sind daher generell die Flaggschiffe der vier russischen Flotten: Nordmeer, Pazifik, Baltikum, Schwarzes Meer. Die nächst kleineren Einheiten (Zerstörer der Udaloy- und Sovremennyy-Klassen) sind nur halb so groß wie die Slavas und rund 3x kleiner als die Kirovs.

Die "Moskva" hatte 16x SS-N-12 "Sandbox"-Raketen, 64x S-300F und 40x SA-N-4 "Gecko" und 6x CISW plus 2x12 RBU U-Boot-Mörser, Torpedos und 2x130mm Bordkanone. Damit konnte sie vor der Küste der Ukraine rumtuckern und sowohl bequem See- und Landziele beschießen, als auch weiträumig den Luftraum als mobile S-300 SAM-Stellung dicht machen. Eigentlich gehörte die Moskva zu den besten Luftabwehr-Kreuzern Russlands.

Wir stellen gegenüber: Die Ukraine hat 2019 die "Neptune" eingeführt. Das ist eine Neuauflage der russischen SS-N-25 "Switchblade". Im Prinzip haben sowohl "Switchblade" als auch "Neptune" extreme Ähnlichkeit mit der US-amerikanischen "Harpoon", was Bauform, Nutzlast und Angriffsprofile angeht. Bei der "Neptune" ist die Frage, wie viel da wirklich ukrainischer Eigenbau und sowjetische Altlast ist und auf wie vielen Komponenten tatsächlich "Raytheon" draufsteht. Es würde vermutlich niemanden wundern, wenn letzteres so wäre.

Die "Neptune" der Ukraine sind Landgestützt auf LKWs, die jeweils vier Startröhren haben. Zu einer Batterie gehören vier TEL-Fahrzeuge mit den Startern, sowie zwei Kommando- und Kontroll-Fahrzeuge mit Radar und Feuerleit. Die Ukraine hat vier Batterien davon. Reichweite der Neptune? Vermutlich so um die 230-270km.

Die Spekulation ist: Schlechtes Wetter (Nacht, starker Seegang, 18 Knoten Wind) ausnutzend haben die Ukrainer die "Moskva" ausgemacht. Sie haben von der dem Land abgewandten Seite aus einen Anflug mit einer TB-2 Drohne gemacht. Die "Moskva" hatte Sensoren bis zum Abwinken. Neben Sonar halt auch fünf Radargeräte und die sechs zusätzlichen Einzelradare in den CISW nicht mitgerechnet. Dazu halt noch eine ganze Reihe verschiedener ECM-Systeme und Radarstörer.

Die Luft- und Seeraum-Überwachungsradare haben Rundum-Abdeckung und extrem großer Reichweite. Aber nicht so toller Auflösung. Dann sind da noch zwei reine Luftabwehr-Radare. Eines für die S-300 und eines für den Nahbereich für die SA-N-4 "Gecko". Das Solid-State Radar für die S-300 hat eine Abdeckung von 180° und muss in die Richtung gedreht werden, die man bekämpfen will. Während die "Moskva" dann mit der TB-2 Drohne beschäftigt war, flogen wohl von Land her die Neptune mit Unterschall 5-10m über der Meeresoberfläche heran. Das weniger gut auflösende Rundum-Radar hat die wohl nicht oder erst zu spät erkannt. Die 6x CISW waren wohl entweder nicht scharfgeschaltet, oder ihr Geld nicht wert.

Da die Sowjets damals die Slavas bis zur Halskrause mit Waffen bestückten, ist da quasi kein Platz an Deck oder am Rumpf, der nicht in unmittelbarer Nähe von sehr explosiven Raketentreibsätzen oder Munition ist. Eine oder zwei Neptune sind dann wohl eingeschlagen und das war es dann für die Moskva.

Soweit die mehr oder weniger halboffizielle Darstellung aus der Ukraine. Die Russen dagegen stellen lieber in den Raum, dass "unsachgemäßer Umgang mit Munition" zu einer Explosion an Bord geführt hat. Kennt man ja. Bei den Russen explodiert ja ständig mal was. Es ist denen offensichtlich weniger peinlich, als ein bis an die Zähne bewaffnetes Flaggschiff (mit Admiral an Bord) gegen eine Nation zu verlieren, die nicht mal mehr eine eigene Marine hat. :roll:

Nochmal zurück, warum das so bedeutsam ist: Zum einen war das so groß, dass die Russen das nicht verheimlichen konnten. Die Peinlichkeit kommt also auch beim heimischen Volk an. Die Slavas waren zudem noch Kronjuwelen aus Sowjetzeiten und sowas bekommen die Russen heute nicht mehr gebaut. Zudem haben sie jetzt kein Schiff mehr dieser oder vergleichbarer Größe, welches die Lücke im schwarzen Meer schließen könnte. Und selbst wenn: Die Türken würden es nicht durch den Bosporus lassen. Dann ist da der Verlust an Menschenleben - rund 400-450 der Creme-de-la-Creme der russischen Marine. Da sind dann halt auch Offiziere und Besatzungen dabei, die aus einflussreichen Familien kommen und die man dort "ins trockene gebracht hat", weil: Das Flaggschiff ist ja wohl der sicherste Kahn in der ganzen verdammten Flotte, nicht wahr? :ziggi:

Oh, und geht mal davon aus, dass auf dem Grund des Schwarzen Meeres nun auch mehrere Atomwaffen der Größenordnung 350kt liegen. Plus ggf. 10kt-Sprengköpfe für Torpedos. :eek:

Die "Switchblade" waren für den Einsatz gegen US-Träger gedacht und 980kg Hochexplosiv oder 350kt nuklear standen da immer als Option im Raum.

So oder so: Der Kahn war für die Russen eigentlich unersetzbar. Selbst die (moderneren) Begleitschiffe (die "Admiral Essen" z.B.) haben entweder ihren Job nicht getan, oder wurden falsch und/oder woanders eingesetzt. So ein Pott wie die "Moskva" schickt man ja nicht ohne Not alleine bis vor die Küste eines Landes, welches über bekannte landgestützte Schiffsabwehr-Raketen verfügt. Da kommen wir an den Punkt "menschliches Versagen", der über das von einem in der Nähe des Farbenspinds kettenrauchenden Besatzungsmitgliedes hinaus geht. So wie uns die Russen das glauben lassen wollen. Nein, es ist eher falsche Einsatztaktik. Und ggf. falsches Vertrauen in die eigene Technik und eine generelle Überheblichkeit der russischen Offiziere, die heute noch meinen, ihr Schrott taugt für die erste Liga.

Denn: So prestigeträchtig die ganzen Dickschiffe aus Sowjetzeiten auch sind: Kusnetzow, Admiral Nakhimov, Pyotr Velikiy, Moskva, Marshal Ustinov und Varyag: Wirklich LEISTEN konnten sich die Russen die Pötte nicht mehr. Deswegen hatte man auch zwei andere Kirovs (Admiral Ushakov und Admiral Lazarev) außer Dienst gestellt und 2021 mit der Verschrottung begonnen. Von den bis dato drei Slavas hatte man *nur* die Marshal Ustinov (in 2016) umfassend modernisiert. Die Varyag und Moskva dagegen? Die erhielten nur die allernötigsten Maßnahmen, um sie seetüchtig zu halten und hatten in Sachen Technik noch den Stand der frühen 80'er Jahre mit diversen Optimierungen, die nichts kosteten und vergleichsweise wenig an Aufwuchtung brachten.

Wir sehen da also nochmal ganz deutlich, dass die Russen da mehr auf "Schein" als auf "Sein" gesetzt hatten. Der komplette Pott dürfte mal so um die 800-1000 Mio USD neu gekostet haben. Also die Größenordnung einer Ticonderoga. Und die hatten nicht die Kohle, da in den letzten 20 Jahren mal 80-100 Mio für eine zeitgemäße Modernisierung reinzustecken. Zumindest nach der Modernisierung der Ustinov haben sie das Handtuch geworfen, weil sie gemerkt haben, sie schaffen es nicht, oder man war der Meinung, dass das Geld woanders (Schweiz, Antillen oder in Putins Protz-Palast bei Sotschi) besser aufgehoben ist.

Seit der "General Belgrano" ist kein so großes Kriegsschiff mehr in Kampfhandlungen verloren gegangen und die Russen habe seit Tsushima (1905) kein Flaggschiff mehr verloren und seit WWII ("Marat") keine Überwassereinheit in dieser Größenordnung.

Im Prinzip ist das der maritime Offenbarungseid: Luftabwehr-Kreuzer von Unterschall-Cruise-Missile und billiger Drohne ausgetrickst und versenkt bekommen? Da kann man auch einpacken und zu Hause bleiben. :ziggi:
Grüße,

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Re: Ukraine

Beitrag von Eterion » 15.04.2022, 11:11

Auch von dem Wiki Artikel, hmm :suche: Die Briefmarke wurde 2 Tage davor veröffentlicht und bildet wohl eben dieses Schiff ab
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Re: Ukraine

Beitrag von ftn|Broken Arrow » 16.04.2022, 07:01

Du hattest wohl nicht Unrecht Toska.
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Re: Ukraine

Beitrag von Toska » 16.04.2022, 09:49

ftn|Broken Arrow hat geschrieben:
16.04.2022, 07:01
Du hattest wohl nicht Unrecht Toska.20220415-230720-Superadmin-id5109640.jpg
Ja, und die Russen sind wohl recht angepisst. Man spekuliert, dass sie nun doch "offiziell den Krieg erklären", was eine Mobilisierung der Reserven und das einbehalten von Wehrdienstleistenden auch nach Ende ihrer Dienstzeit erlauben würde. Und man könnte dann sowohl die Reservisten als auch die Wehrdienstleistenden an die Front werfen.

Inzwischen (doch schon ... erst?) haben die Russen die Vizar Zhulyany Machine-Building Plant bei Kyiv mit Cruise-Missiles beschossen. Da werden/wurden die Neptune und die ukrainischen S-300 hergestellt und gewartet. Plus diverse andere ukrainische Raketentechnik.

Was die Front angeht: Angefangen haben die Russen den Konflikt mit rund 130 BTG's ("Battalion Tactical Groups"). Derzeit sind im Osten der Ukraine nur noch rund 65 russische BTGs an der Front. Wo der Rest ist? Einen Teil dürften die Ukrainer so aufgerieben haben, dass davon wenig übrig ist. Andere hat man wohl zur Rekuperation/Reorganisation erst mal vom Brett genommen. Die Situation in Mariupol ist brenzlig und da kämpfen an sich nur noch einzelne von jeglichem Nachschub abgeschnittene ukrainische Widerstandsnester gegen die Russen. Von denen haben sich die Tage dann auch einige ergeben, weil sie nichts mehr zu schippeln hatten. Da sind dann auch einige Freiwillige aus dem Ausland mit dabei gewesen und man muss mal abwarten, wie die Russen mit denen umspringen werden.

Die Russen haben auch groß und breit angekündigt, dass sie "NATO-Versorgungskonvois" in der Ukraine als legitime Kriegsziele ansehen und diese angreifen werden. Das ist aber leeres Getöse, denn die NATO ist man halt so geschickt, dass die Konvois gegen an der Grenze zur Ukraine (NATO- und Hoheitszeichen runter, Fahrerwechsel) komplett an die Ukraine übergeben werden. Bzw. beim Transport per Schiene kommt halt 'ne ukrainische Lok und koppelt da die bis an die Grenze geschobenen (ukrainischen) Wagons an. Die Ladung musste man ja an der Grenze sowieso auf ukrainische Wagons umladen, da die Ukraine eine andere Spurweite hat (die selbe wie die Russen).

Hier offenbart sich halt auch so ein bisschen die Hilflosigkeit der Russen: Da ist so manches, was man im Rahmen einer strategisch gut durchdachten Kriegsführung und als vollkommen legale Kriegsziele zerschmeißen könnte, um den Nachschub der Ukrainer empfindlich zu stören. Macht man aber nicht. Zum einen, weil man es nicht kann. Zum anderen, weil man sie ggf. selbst nutzen will. Warum standen die Vizar Zhulyany Werke noch? Rund zwei Monate nach Kriegsbeginn? Die Azov-Stahlwerke in Mariupol hat man erst in Schutt und Asche gebombt, als sich Ukrainer darin verschanzt haben. Oben bei Charkow sind eine ganze Reihe wichtiger Industrie- und Rüstungsbetriebe - ebenso wie in Kyiv. Die wichtigen Eisenbahn-Knotenpunkte der Ukraine (Charkow, Sumy, Chernihiv, Kherson, Mykolaiv, Zaporizhzhia und vor allem in Kyiv stehen alle noch und der Schienenverkehr rollt. Die Russen zerschmissen da lieber am Anfang erstmal das Holocaust-Mahnmal in Babi Yar und 'ne Entbindungsklinik? Der Grund dürfte halt sein, dass die Russen sich die vor allem im Osten der Ukraine gelegenen Industrie- und Rüstungsbetriebe einverleiben wollen. Zum Teil kamen da halt Dinge her, die man nach dem Zerfall der SU nicht selbst bauen konnte und die Fähigkeiten hat man seitdem nur in Teilen wieder erlangt. Was die Russen zerbomben sind interessanterweise Wasserwerke, Kläranlagen und andere zivile Ziele, welche die Bevölkerung zermürben, vertreiben oder ausrotten sollen.

Das ist halt auch der Unterschied zu den USA: Die machen erstmal die komplette Infrastruktur platt: Stromnetz, Kommunikation, Brücken, Verkehrsknotenpunkte. Die haben halt auch die Logistik, dass beim Vormarsch dann nicht als größeres Hindernis zu empfinden. Unterm Strich wird man diesen Konflikt sicherlich lange und ausführlich studieren und als wichtiges Lehrstück dafür nehmen, wie man einen Krieg besser NICHT führt.

Da sind wir an sich wieder am Anfang: Es ist eine komplett schwachsinnige Aktion der Russen. :roll:
Grüße,

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Re: Ukraine

Beitrag von Roland von Gilead » 16.04.2022, 10:37

Wieder sehr aufschlussreich deine Ausführungen, Toska - Danke dafür!

Laut Kiew sind das die Zahlern russischer Verluste:
Seit Beginn ihres Angriffskriegs auf die Ukraine hat die russischen Armee laut Angaben aus Kiew rund 20.100 Todesopfer zu beklagen. Wie das ukrainische Verteidigungsministerium weiter mitteilt, wurden zudem mehr als 760 Panzer, 371 Artilleriesysteme, 163 Flugzeuge und 145 Helikopter zerstört.
:eek:
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Re: Ukraine

Beitrag von Toska » 17.04.2022, 01:42

Roland von Gilead hat geschrieben:
16.04.2022, 10:37
Laut Kiew sind das die Zahlern russischer Verluste:
Seit Beginn ihres Angriffskriegs auf die Ukraine hat die russischen Armee laut Angaben aus Kiew rund 20.100 Todesopfer zu beklagen. Wie das ukrainische Verteidigungsministerium weiter mitteilt, wurden zudem mehr als 760 Panzer, 371 Artilleriesysteme, 163 Flugzeuge und 145 Helikopter zerstört.
:eek:
Gut, das sind ukrainische Zahlen und die mögen ein bisschen optimistisch sein. Aber ich denke, das ist akkurat genug. Beim Stand von rund 550 zerstörte Panzer entsprach das in etwa der Größenordnung was Bundeswehr und Großbritannien zusammen im aktiven Dienst haben. Nur mal so als Hausnummer.

Nochmal was abstuses zur "Moskva". Hat mit dem "echten Leben" nichts zu tun, aber vom Kontext her war das schon ein interessantes "Wait, WHAT?!?". Ich hab auf Youtube den Kanal der "Grim Reapers" abonniert. Das sind Simulations-Enthusiasten, die mittels des Simulators "DCS World" immer wieder mal interessante "was wäre wenn"-Videos einstellen. Zum Beispiel nahmen Sie den Hinweis aus dem Trailer, dass in "Topgun 2" wohl auch eine F-14B gegen eine Su-57 "Felon" antritt auf und haben das dann in allen Konstellationen durchsimuliert. Oder sie simulieren fiktive oder historische Kampagnen durch ("D-Day", "Battle of Britain" mit entweder historischen Equipment, oder halt "könnten Moderne Jets die Kampagne X in WWII gewinnen?".

Die haben einfach mal den Missionseditor aufgemacht, die "Moskva" vor der Krim aufs Brett gestellt und dann mit Harpoon (zum Vergleich) und mit Kh-35 ("Neptune") beschossen. Mal einzeln, mal zwei auf einmal. Bei "default"-Wetter (Tag, ruhige See, gute Sicht). Dann bei 30 Knoten Wind und Starkregen. Und das Ergebnis war überraschend. :roll:

TL:DR: Die Harpoon fliegt 1000 Fuß hoch und wurde von S-300 auf lange Distanz (mehr als 20 Meilen) problemlos erlegt. Die Kh-35 flog halt nur 50 Fuß hoch und konnte dann erst auf 7-8 Meilen Entfernung ausgemacht werden. Auf die Distanz schoss die S-300 nicht, sondern halt die OSA's. Die werden aber nicht aus dem VLS verschossen, sondern von zwei Launchern mit jeweils zwei Rails. Bedeutet: Es sind immer nur maximal 4 OSA's schussbereit und bei Angriff über Breitseite ist ein Launcher ggf. unfähig zu schießen, weil die Aufbauten im Weg sind. Bei Angriff von zwei Kh-35 wurde eine von OSA abgeschossen, eine andere kam extrem nahe und wurde erst von CIWS abgeschossen.

Dann die Simulation im moderaten Sturm und die Überraschung: Die OSA's schossen nicht. CIWS erledigte eine Neptune auf kurze Distanz und die zweite Kh-35 schlug direkt ins Magazin ein. :eek:

Die haben dann nochmal simuliert: Diesmal nur mit starkem Wellengang ohne Regen. Auch diesmal schossen die OSA's nicht, aber beide Kh-35 wurden auf kurze Distanz vom CIWS angeschossen.

Gut, das ist halt 'ne Simulation. Eine gute, aber in vielerlei Hinsicht halt mit ziemlichen Einschränkungen, vielen Schätzeisen und viel Ungenauigkeit. Kann man nicht so recht für bare Münze nehmen. War aber interessant, das mal simuliert gesehen zu haben. Bei extrem tief fliegenden Flugkörpern ist halt für ein Schiff der Spielraum relativ klein und es bleibt zum einen wenig Zeit zu reagieren und dann ist es halt auch die Frage des Alarmzustands und der Wachsamkeit der Besatzung.
Grüße,

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Re: Ukraine

Beitrag von Herr Rossi » 17.04.2022, 07:25

Toska hat geschrieben:
17.04.2022, 01:42
Roland von Gilead hat geschrieben:
16.04.2022, 10:37
Laut Kiew sind das die Zahlern russischer Verluste:
Seit Beginn ihres Angriffskriegs auf die Ukraine hat die russischen Armee laut Angaben aus Kiew rund 20.100 Todesopfer zu beklagen. Wie das ukrainische Verteidigungsministerium weiter mitteilt, wurden zudem mehr als 760 Panzer, 371 Artilleriesysteme, 163 Flugzeuge und 145 Helikopter zerstört.
:eek:
Gut, das sind ukrainische Zahlen und die mögen ein bisschen optimistisch sein. Aber ich denke, das ist akkurat genug. Beim Stand von rund 550 zerstörte Panzer entsprach das in etwa der Größenordnung was Bundeswehr und Großbritannien zusammen im aktiven Dienst haben. Nur mal so als Hausnummer.
Mal zur Einordnung, was die noch so im "Keller" stehen haben:

https://de.wikipedia.org/wiki/Russische ... C3%BCstung

Also selbst wenn die Propaganda aus Kiev halbwegs der Wahrheit entsprechen sollte, so ergibt sich daraus so schnell noch kein Materialproblem für die russische Seite.

Mittlerweile gibt es übrigens auch ein paar Reporter, die in Mariupol schon vor Ort waren und Bilder und Kommentare eingefangen haben. Die sind natürlich eingebettet in russische Begleitoperationen und somit ausgewählt, man sollte also skeptisch sein. Dennoch ist es bisher für mich das, was am nächsten dran ist und nicht aus reinen Kriegsaufnahmen von Militärs besteht.

Falls das wer nicht weiß: Mariupol war eine der Städte, die nach 2014 versucht hatten mittels eines Referendums Autonomie zu erlangen und dann durch eine "Antiterroraktion" der neuen Kiever Regierung mit Militärgewalt wieder "eingefangen" wurden (Odessa war ähnlich). Daran war u.A. auch das Regiment Asow beteiligt und da kann sich wohl jeder ausmalen wie rücksichtsvoll das abgelaufen ist.
Im Moment kann man sogar sagen, dass der russische Vormarsch primär auf Gebieten passiert, wo sie wohl tatsächlich einen gewissen Rückhalt haben. Es ist jedenfalls NOCH deckungsgleich mit den Ereignissen von 2014 und dem damaligen Autonomie Wunsch der überwiegend russischstämmigen Bevölkerung in diesen Gebieten.
Und NEIN, falls das mir jetzt wer so auslegen will, ich rechtfertige damit den Krieg nicht, ich bin und bleibe Pazifist. Es hindert mich aber nicht daran zu versuchen die Dinge zu verstehen und einzuordnen. Das dämliche s/w Gemale unserer Medien reicht mir dazu nicht, tat es aber auch noch nie.

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Re: Ukraine

Beitrag von Herr Rossi » 17.04.2022, 07:41

ftn|Broken Arrow hat geschrieben:
15.04.2022, 09:22
Es ist ja jetzt schon seit einigen Tagen sehr ruhig hier. Wie ist den der momentane Stand bei euch zu dem Thema?

@Rosi: Natürlich ist das alles scheiße aber was willst du den machen ?
Habe ich doch mehrfach schon geschrieben: Sanktionen sein lassen! Sie haben eine historisch katastrophale Bilanz indem sie viel Schaden und auch Tod in der normalen Bevölkerung anrichten, teilweise sogar in Ländern, die gar nicht sanktioniert werden, in dem konkreten Fall gerade schaden sie auch noch massiv uns selbst. Einzig was man sein lassen sollte sind Waffenlieferungen.

Edit: Übrigens gehen die eingefrorenen Zentralbankkonten Russlands sogar über die Funktion von Sanktionen noch hinaus. Ich weiß nicht ob jedem klar ist wie sowas läuft, wenn wir in Russland bisher Öl und Gas gekauft haben. Die Bezahlung dafür ist kein Geldtransporter, der Bargeldscheine über die Grenze nach Russland bringt, sondern die Abwicklung macht im EUR Raum eine Bank, soweit mir bekannt war / ist das bei den Russen wohl die Gazprom Bank.
Diese widerum hat ein Konto bei der EZB und der FED. Wenn nun Einkäufer Gas/Öl in Dollar/EUR bezahlen, dann landet der Betrag dafür auf den Gazprom Konten der EZB / FED und deren Summe stellt die Währungsreserven der russischen Zentralbank dar (was EUR und Dollar betrifft). Diese Gelder wurden nun blockiert und zumindest am Anfang gab es sogar Diskussionen darüber, dass sie dafür verwendet werden sollen die Schäden in der Ukraine zu begleichen. Faktisch sind sie im Moment für Russland erstmal weg.
Vom Vorgang her bedeutet das nichts anderes als dass die Bezahlungen für die Waren- und Dienstleistungen Russlands rückwirkend zurückgenommen wurden. Somit hat Russland Gas und Öl für umsonst geliefert.

OK mag man nun sagen, Putin herrscht halt über das Reich des Bösen, alles gut also.
Nur: Das kriegen alle Länder mit und jedes Land für sich wird sein Risiko dazu abwägen wie sicher ihre Devisen bei den beiden Zentralbanken FED und EZB noch sind. Man kann sowas sicherlich ohne großen Vertrauensverlust einmal machen, aber mit jedem weiteren Mal schwindet das Vertrauen und Vertrauen ist der Kernwert jeder Währung. Aktuell macht die FED das -soweit mir bekannt- ebenso mit Venezuela und Afghanistan.
Was wir nun aber bereits sehen ist eine große Absetzbewegung vom Petrodollar. China, Indien, Saudi Arabien, Iran, etc. pp... all diese Länder scheinen den Wink verstanden zu haben und wenn sie es schaffen stabile Transfersysteme abseits vom Dollar aufzubauen, dann kann das im Endeffekt das Ende der Weltmacht USA bedeuten, denn ohne Weltreservewährung Dollar ist das Spiel der stetig ausgeweiteten Negativhandelsbilanzen der USA schnell vorbei. Und wir als verlängerter Arm der US Politik riskieren damit ebenso an Einfluss und Wohlstand zu verlieren. Eine weitsichtige Politik würde das alles mit einbeziehen, nur scheinen wir Lichtjahre davon entfernt zu sein von Politikern regiert zu werden, die dazu in der Lage sind.

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Re: Ukraine

Beitrag von Toska » 17.04.2022, 16:06

Herr Rossi hat geschrieben:
17.04.2022, 07:25
Mal zur Einordnung, was die noch so im "Keller" stehen haben:

https://de.wikipedia.org/wiki/Russische ... C3%BCstung

Also selbst wenn die Propaganda aus Kiev halbwegs der Wahrheit entsprechen sollte, so ergibt sich daraus so schnell noch kein Materialproblem für die russische Seite.
Ja, die Russen haben Material bis zum Abwinken. Der Haken ist aber: Du kannst solche Technik nicht 20, 30, 40 Jahre unter freiem Himmel oder im Schuppen parken und dann einfach Öl drauf schütten, eine neue Starterbatterie einbauen und losfahren. Egal ob das ein Kampfpanzer ist, ein APC oder ein Truck. Selbst bei dem rollenden Material in "aktiven Einheiten" hatten die Russen Probleme, dass sie beim Einsatz dann Möhren aus dem Fuhrpark bewegen mussten, die seit Jahren keine Wartung bekommen hatten: Die Reifen der Trucks waren spröde ("trockene Verrottung") oder die Verbindungsglieder von Ketten waren weggerostet, Dichtungen waren zerbröselt, Schmierstoffe waren fest oder sind in chemische Separation übergegangen, Filter zu, Krempel war festgerostet bis vermutlich hin zu Vogelnester in Optiken und Kabelbäume, die von Nagetieren gefressen worden sind. Und viel war auch einfach geklaut worden oder man hatte kannibalisiert, um damit andere Fahrzeuge am Laufen zu halten.

Westliche Armeen haben da ein festes Wartungs-Regimen für ihren Fuhrpark und auch für eingelagertes Material. Da wird regelmäßig nach geschaut, präventiv gewartet und der Kram halt auch mal bewegt und getestet, ob er noch funktioniert. Das kostet dann halt auch Geld, Material und Zeit. Rechne das mal auf 3000 eingelagerte T-80 und 7000 eingelagerte T-72 hoch und man kann dann davon ausgehen, dass die Russen da kaum mehr als nichts getan haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass die den Kram in kurzer Zeit und ohne viel Aufwand reaktivieren können ist relativ gering. Es wird aber sicherlich jetzt getan, was sie machen können. Denn anders können sie diese Materialverluste halt nicht kompensieren.
Grüße,

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Re: Ukraine

Beitrag von Toska » 17.04.2022, 16:22

Herr Rossi hat geschrieben:
17.04.2022, 07:41
Und wir als verlängerter Arm der US Politik riskieren damit ebenso an Einfluss und Wohlstand zu verlieren. Eine weitsichtige Politik würde das alles mit einbeziehen, nur scheinen wir Lichtjahre davon entfernt zu sein von Politikern regiert zu werden, die dazu in der Lage sind.
Ist leider so. Man sieht das ganz deutlich, wie medial aus dem Ausland (auch dem Inland) und durch den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk Deutschland am Nasenring durch die Arena gezogen wird. Das macht die Ukraine mit keinem anderen Land. Ständig neue Forderungen und dazu auch noch relativ dreist im Tonfall und im Auftreten. Bei allem Verständnis für die Lage der Ukraine, aber den Melnyk hätte man schon nach den ersten 10-14 Tagen Konflikt "zu Konsultationen" nach Hause schicken sollen.

Aber Ok, das ist halt auch die Rache dafür, dass wir seit Ende des kalten Krieges immer wieder mal versucht haben, mit Russland Beziehungen zu pflegen. Das wird halt "vom Westen" nicht gerne gesehen und ehemaligen Soviet-Vasallen halt noch weniger.

"Weitsichtige Politik" ist halt seit Kohl und Genscher Geschichte. Olaf und Konsorten vermögen es halt nicht, über die Schlagzeile von Morgen hinaus denken. Denn unter rationalen Gesichtspunkten und mit all den Skandalen am Arsch könnte jede davon ihre letzte sein. Für langfristige Strategie (und dazu noch auf internationaler Ebene!) hatte doch seit 1989 keiner in Bonn oder Berlin mehr Zeit und Muße.
Grüße,

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Re: Ukraine

Beitrag von Herr Rossi » 17.04.2022, 16:52

Toska hat geschrieben:
17.04.2022, 16:06
Herr Rossi hat geschrieben:
17.04.2022, 07:25
Mal zur Einordnung, was die noch so im "Keller" stehen haben:

https://de.wikipedia.org/wiki/Russische ... C3%BCstung

Also selbst wenn die Propaganda aus Kiev halbwegs der Wahrheit entsprechen sollte, so ergibt sich daraus so schnell noch kein Materialproblem für die russische Seite.
Ja, die Russen haben Material bis zum Abwinken. Der Haken ist aber: Du kannst solche Technik nicht 20, 30, 40 Jahre unter freiem Himmel oder im Schuppen parken und dann einfach Öl drauf schütten, eine neue Starterbatterie einbauen und losfahren. Egal ob das ein Kampfpanzer ist, ein APC oder ein Truck. Selbst bei dem rollenden Material in "aktiven Einheiten" hatten die Russen Probleme, dass sie beim Einsatz dann Möhren aus dem Fuhrpark bewegen mussten, die seit Jahren keine Wartung bekommen hatten: Die Reifen der Trucks waren spröde ("trockene Verrottung") oder die Verbindungsglieder von Ketten waren weggerostet, Dichtungen waren zerbröselt, Schmierstoffe waren fest oder sind in chemische Separation übergegangen, Filter zu, Krempel war festgerostet bis vermutlich hin zu Vogelnester in Optiken und Kabelbäume, die von Nagetieren gefressen worden sind. Und viel war auch einfach geklaut worden oder man hatte kannibalisiert, um damit andere Fahrzeuge am Laufen zu halten.
Ja sicher, das wollte ich auch nicht unterstellen. Nach 30 Jahren Motor anschmeißen und losfahren ist sicher nicht drin, aber ganz unfähig bei der Reaktivierung werden sie nun auch nicht sein. Ansonsten hätten sie das alles ja auch direkt verschrotten können. Ich wollte damit aber eigentlich auch nur zeigen welchen Wahnsinn an Material die da rumstehen haben, egal in welchem Zustand.
Darüber hinaus bleibt wie immer: Ich glaube beiden Seiten nach wie vor gar nichts, jedenfalls nichts an Zahlen. Der Verlust an Menschenleben wird aber sicherlich erheblich sein, denn zumindest das was ich aus den Telegram Kanälen zu Mariupol mitbekomme, sieht nach echt blutigem Häuserkampf aus. Thomas Röper war vor ein paar Tagen mit einem Journalistentrupp vor Ort und hat ein wenig gefilmt und das ein oder andere Gespräch geführt. Die Stadt ist wirklich komplett zerstört und es wird rund um die Uhr gekämpft, praktisch ohne große Pausen.

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Re: Ukraine

Beitrag von Herr Rossi » 17.04.2022, 17:04

Toska hat geschrieben:
17.04.2022, 16:22
"Weitsichtige Politik" ist halt seit Kohl und Genscher Geschichte. Olaf und Konsorten vermögen es halt nicht, über die Schlagzeile von Morgen hinaus denken. Denn unter rationalen Gesichtspunkten und mit all den Skandalen am Arsch könnte jede davon ihre letzte sein. Für langfristige Strategie (und dazu noch auf internationaler Ebene!) hatte doch seit 1989 keiner in Bonn oder Berlin mehr Zeit und Muße.
Ich würde es beim Umgang mit Russland ganz generell auf die politische Nachkiegsgeneration ausweiten. Jeder von denen wusste noch, was so ein Krieg bedeutet. Das ging natürlich in der konkreten Politikausführung zwischen Adenauer, Brandt und Kohl teilweise weit auseinander, aber dass man keinen Krieg riskieren durfte, dass dürfte allen gemein gewesen sein. Man mag zu Russland stehen wie man will, so auch übrigens zu allen anderen Ländern dieser Welt, aber Diplomatie muss immer bis zum Ende aktiv bleiben. Bei Minsk2 gab es imo leider zu viele Parteien, denen ein Erfolg entweder egal war oder denen gar ein Krieg ganz recht kam. Die USA haben aus ihren Absichten dahingehend ja auch noch nicht einmal ein Geheimnis gemacht. Sie alleine waren es jedoch sicher nicht.

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