Toska hat geschrieben: ↑19.09.2023, 01:47
Auch die Schwarzmeer-Flotte hat nur noch recht wenig, was über nennenswerte Flugabwehr verfügt. Da ist demnächst freie Jagd angesagt und der ukrainische Drohnenschwarm kann dann relativ unbehelligt agieren. Wie zum Beispiel bei der
Versenkung von weiterem Kroppzeug der Schwarzmeerflotte.
Das ging sogar fixer und heftiger, als ich dachte.
Die Ukraine hat dann mal folgendes auf der Krim angegriffen:
Das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte in Sewastopol UND das verbunkerte Auchweich-HQ in Verkhnosadove (nordöstlich von Sevastopol).

- HQ BSF, Sevastopol
Video vom 2. Einschlag
Der erste Einschlag ging direkt ins Büro
von diesem Herren, der zu dem Zeitpunk im Büro anwesend war:

- Admiral Viktor Nikolayevich Sokolov, Commander of the Black Sea Fleet (BSF)
Desweiteren hat die Ukraine (bereits gestern) mehrere
Flugplätze der Russen auf der Krim geplättet und andere militärische Einrichtungen angegriffen. Neben den bereits genannten in Simferopol, Rozdolne und Sakas.
Auch beachtenswert war der
Sabotage-Akt auf der Chkalovsky Air Base in der Nähe von Moskau. Das ist in etwa so, als würde man den Amis die Andrews Air Force Base angeifen, denn (ebenso wie die Amis) hatten die Russen auf Chkalovsky deren Doomsday-Plane, AWACS und diverse Transportmaschinen für Regierungsmitglieder. Chkalovsky Air Base wäre erster Stop, wenn Putin sich verpissen wollte, oder es in Moskau brenzlig wird. Nur mal so am Rande. Zerstört wurden z.B. einer (von nur rund 12 gebauten) Il-20M ELINT-Vögeln, vermutlich eine An-148 Verkehrsmaschine und ein Mi-28N. Ausgeführt wurde der Angriff wohl durch Saboteure.
Die Schlagzahl solcher Angriffe wird die nächsten Tage sicherlich hoch bleiben.
Zu ATACMS (ewiges Hick-Hack!) hat man sich wohl durchgerungen, eine kleine Stückzahl (die Rede ist von 30 bis maximal 50 Stück) freizugeben. Analog dazu gibt Deutschland eine erste Charge von rund 45-50 Stück TAURUS frei, die bis zum 10. November in der Ukraine eintreffen soll. Das Thema ist aber durch die fehlenden Eier vom Scholz
mal wieder komplett kompliziert: Die Taurus haben wohl noch KEIN Geofencing eingebaut (um Angriffe auf russisches Territorium zu blocken). Und da man sich auf das Ehrenwort der Ukraine nicht verlassen will, müssten somit an sich deutsche Techniker vor Ort die Zieldaten in die Taurus programmieren, damit sicher gestellt ist, dass die nicht den Kreml anvisieren. Nur ... genau DAMIT macht man sich dann halt doch die Finger schmutzig und greift aktiv ins Kriegsgeschehen ein. In der Sache ist sicherlich das letzte Wort noch nicht gesprochen und den Schwaflern in Berlin ist sowieso nicht zu trauen.
Zur
Zukunft der Schwarzmeerflotte hat sich hier mal noch jemand Gedanken gemacht. Im Prinzip ist das nicht an den Haaren herbeigezogen. Früher oder später bleibt der Schwarzmeerflotte kein sicherer Hafen mehr. Die Russen haben bereits ALLE U-Boote aus Sevastopol abgezogen, die sich noch bewegen ließen. Da liegt nur noch ein altes rostiges Foxtrott (U-01 "Zaporizhzhia"), welches man bei der Einnahme von Sevastopol von den Ukrainern erbeutet hat. Der Rest ist schon weg, soweit er aus eigener Kraft Fahrt aufnehmen konnte. Weder die Docks noch die Hafenanlagen sind wirklich nutzbar, da alles was da liegt jederzeit von der Ukraine unter Feuer genommen werden kann. Selbst Novorossiysk in Russland ist nur 335km Luftlinie von Robotyne entfernt, oder 400km von Teilen Khersons aus oder 580km von Odessa weg. Da die Russen die Lufthoheit über das Schwarze Meer westlich der Krim (und über der Krim!) verloren haben, wäre es ein Klacks, da in Kürze mal Taurus, ATACMS oder auch Neptune in Richtung Novorossiysk zu schicken (die politischen Folgen mal außen vor). Mit Seedrohnen kommen sie auch so weit und so dünn wie die russische Flugabwehr derzeit ist, kann man auch bald wieder mit konventionellen größeren Drohnen (Bayraktar z.B.) relativ unbehelligt agieren. Eine "Flucht" der Schwarzmeerflotte aus dem Schwarzen Meer ist wegen der Türken nicht drin (Bosporus ist für Kriegsschiffe dicht) und bestenfalls die kleineren Einheiten könnte man über die Kanäle ins Kaspische Meer verlegen.
Ansonsten hab ich noch zwei interessante Interviews:
Eines mit
Kyrylo Budanov, Chef des Militärgeheimdienstes der Ukraine
US
General Mark Milley, chairman of the Joint Chiefs
Das Milley-Interview hat nichts mit der Ukraine zu tun, sondern eher die Dunkelphase der Amtszeit von Donald Trump als 45. US-Präsi. SEHR lesenswert!
Ansonsten noch drei Entwicklungen im Allgemeinen bzgl. der allgemeinen Situation:
1.) Russisches Selbstverständnis:
"Das Mitglied der russischen Regierungspartei Evgeny Fedorov hat einen Gesetzentwurf für die Staatsduma vorbereitet, der die Wiederherstellung des Russischen Reiches innerhalb der Grenzen der ehemaligen UdSSR vorschlägt. Er begründete seinen Vorschlag damit, dass angeblich auf dem Territorium unabhängiger Länder, ehemals besetzter Republiken, ständig verschiedene Konflikte stattfinden.
Daher wäre es „logisch“, sie wieder unter die Kontrolle Moskaus zu bringen, selbst wenn Russland mit jedem dieser Länder in den Krieg ziehen müsste.
Fedorov erklärte, dass die Republiken die UdSSR illegal verlassen hätten und Russland daher angeblich das Recht habe, sie zurückzunehmen. Die aktuelle Invasion in der Ukraine sei der Beginn einer solchen Rückkehr, glaubt er."
Quelle
2.) Armenia / Azerbaijan / Ngorno-Karabach:
Der Konflikt ist ja mal wieder hochgekocht und Armenia hat dabei so DERMAßEN eine auf die 12 bekommen, dass Ngorno-Karabach jetzt unter kompletter Kontrolle von Azerbaijan ist. Keine Autonomie mehr, komplette Besetzung, Schicht im Schacht. Und Armenia hat um Frieden gebettelt:
Peter Zeihan erklärt
hier mal die Hintegründe.
Punkt ist halt: Azerbaijan ist ethnisch mit der Türkei verbandelt und die Türken haben die Azeris halt die letzten Jahrzehnte auch massiv unterstützt und gefördert. Zudem hat Azerbaijan ordenlich Öl und gerade in Verbindung mit den Sanktionen gegen Russland (die Azerbaijan nicht betreffen) ist es als strategischer Partner und Öllieferant für die EU interessant. Wie man aber an der Karte sehen kann, saß da eine Laus im Pelz: Die von den Russen geförderten Armenier (und Russen!) hatten da in Ngorno-Karabach die Autonomie-Bewegung unterstützt, obwohl der Teil völkerrechtlich zu Azerbaijan gehört. Solange dieser Konflikt schwelte, war Azerbaijan halt im Westen nicht so als Partner interessant, weil man ja dann mit einer Kriegspartei verbandelt und ggf. indirekt in den Konflikt eingreift. Die Volkswirtschaft Azerbaijans ist die letzten 10-15 Jahre massiv gewachsen (auch durch den Ölreichtum), wogegen Armenia weiterhin ein Armenhaus ist, dass am Hungertuch nagt. Die russischen Peacekeeper hatten bislang eine weitere große Eskalation mehr oder minder verhindert, weil die genau bei Lachin am Berührungspunkt zwischen Karabach und Armenia in sehr bergigem Gelände am einzigen Verbindungsweg ihre Kaserne hatten (neben der weiteren Präsenz nahe der Armenischen Hauptstadt).
Die Russen sind diesmal komplett überrumpelt worden. Einige wurden gekillt, darunter auch der Kommandeur der russischen "Friedenstruppen", ein hochrangiger Marineoffizier der Nordflotte. Und das ging alles so fix, dass die Russen diesmal nicht reagieren konnten. Womit auch? Normalerweise würden die Russen wie sonst auch die VDV (Fallschirmjäger) schicken, aber die sind gerade ALLE als leichte Infanterie bei Tokmak in der Bresche und nicht abkömmlich. Die Russen mussten also diesmal zusehen, wie die Azerbaijanis mit türkischer Rückendeckung Tabula Rasa machten und geopolitisch Ordnung auf dem Kaukasus schafften.
Was JETZT noch fehlt, ist die Landverbindung zwischen Ngorno-Karabach und Nakhchivan. Letzteres ist völkerrechtlich Teil von Azerbaijan und grenzt seinerseits an die Türkei. Dann kann man da mal eben eine Pipeline hinwerfen und die Azerbaijanis haben einen Landkorridor in die Türkei und somit auch die EU.
Die Armenier können ebenfalls die Karte lesen. Deren Landverbindung in den Iran ist nun bedroht und nach Norden hin hat man lediglich Grenzen zu Georgien (auch kein Freund von denen!) und mit den Türken können und wollen sie auch nicht. Ihnen droht also die komplette Isolierung, bzw. was Ex- und Importe angeht, sieht es ziemlich mau aus.
Da hat Erdogan ganz massiv den Stinkefinger Richtung Moskau ausgestreckt und Putin mal eben die Kontrolle des Kaukasus entrissen und die türkische Dominanz in der Region massiv ausgebaut.
3.) China/Taiwan:
Die Chinesen "fahren" mal wieder eine absolut FETTE große Übung bei Taiwan:
Ein großteil deren Flotte ist anwesend:
Die Luftwaffe dringt massiv und regelmäßig bis in den taiwanesischen Luftraum ein:
Und auch acht privatwirtschafliche eingesetzte Ro-Ro-Fähren wurden für die Maritime-Reserve-Fleet mobilisiert und zusammen gezogen. Zudem hat man auf chinesischer Seite direkt gegenüber die bislang stärkste Truppenkonzentration der letzte Jahre ausgemacht. Ganze Divisionen wurden per Zug aus anderen Teilen Chinas herangekarrt.
Noch mag das eine Übung sein, aber das ist halt auch das Vorspiel für den Ernstfall und mit dem kann man
bis 2025 sicherlich rechnen. Davon gehen zumindest die Amis aus und deren Augenmerk richtet sich schon länger darauf, dass man der nächste Konflikt halt mit China ist. Vor dem Hintergrund muss man auch den
Umbau des US-Marine Corps, der Landstreitkräfte und der Air Force sehen, der die letzten Jahre stattgefunden hat.
Der Stabschef der US Air Force (General Charles Q. Brown) hatte bereits
vor drei Jahren beim Amtsantritt gesagt: "Der einzige Fokus der US Air Force ist, den Kampf innerhalb der 'First Island Chain' zu führen, dort auszutragen und zu gewinnen. Dem sei alles andere untergeordnet und das Training für diesen Fall habe sofort, ohne Verzug und ohne Samthandschuhe zu beginnen." Wie gesagt: Das war vor drei Jahren und Brown wird im Oktober General Mark Milley als Joint Chief of Staff ablösen.
Vor dem Hintergrund sollte man auch die Deaktivierung verbliebenen der A-10 "Warthog" sehen und die Eile bei der Einführung von B-21, sowie der Jets der 6. Generation sehen. Plus halt weitere Drohnen und die Eile, mit der man Momentan die F-35-Produktion auf Generation IV umstellt. Diese Upgrades im Paket "Generation IV" machen aus der F-35 fast einen Flieger der 6. Generation. Die Verbesserung der Sensorik, der Kommunikation und die Änderungen am Radar und Avionik sind ziemlich umfassend und man stellt derzeit lieber fast fertige F-35 (G4) auf Halde (bis die letzten Kinken raus sind), als dass man noch Generation III baut und die dann später umrüstet. Ausnahmen sind jene für den Export an NATO-Mitglieder, denen Generation IV zu teuer ist, wie z.B. Italien und Spanien.
Das wäre es für den Moment. Ist lange genug geworden.
Edit: Polen! Der polnische PM hatte die Tage ja angekündigt, Polen werde "ab sofort keine Waffen mehr an die Ukraine schicken" - die Versorgung der eigenen Streitkräfte ginge vor. Ignorieren. Das ist Geplänkel. Die haben in Kürze Wahlen und auch der polnische Präsident hat bereits klargestellt, dass Polen weiterhin seine Verpflichtungen einhält, weiterhin Transit und Wartung für ukrainisches Material gewährt und alle anderen Zusagen weiterhin gelten. Er schränkte lediglich ein, dass darüber hinausgehendes Material nur aus Beständen erfolgen kann, welches die polnischen Streitkräfte ausmustern.