Schade. Ich hatte eine recht umfassende Antwort gepostet, aber anscheinend ist die nicht durchgegangen. Daher in Kürze nochmal:
Herr Rossi hat geschrieben: ↑23.09.2023, 18:58
"Auch sie sind allen westlichen Panzern ebenbürtig. Wenn solche Vergleiche überhaupt zulässig sind. Der russische Panzerbau hat traditionell immer mehr Wert auf hohe Beweglichkeit, geringeres Gewicht und einfache Unterhaltung gelegt als der Westen, der stattdessen eher auf deutlich schwerere und besser geschützte Panzer Wert legte. "
Das ist ziemlicher Quatsch. Beweglichkeit alleine reicht heute nicht mehr aus, wenn man blind in einem Stahlsarg auf der Munition sitzt und das Ding schon beim leichtesten Bums gegen die klapprige Panzerung am Raumfahrtprogramm teilnehmen will. ALLE russischen Panzer haben zudem das Problem, dass sie nur vorwärts fix sind. Mal eben schnell wieder rückwärts in Deckung fahren? Fehlanzeige. Das geht teilweise dann nur mit Schrittgeschwindigkeit.
Das Audio ist EXTREM leise und ich musste da Untertitel dazuschalten. Viel von dem was der da sagt, ist m.E. überholt und nach einigen Minuten hatte ich da keine Lust mehr, mir das anzusehen, sorry.
Herr Rossi hat geschrieben: ↑23.09.2023, 18:58
Und ich bin ja nun echt kein Profi bei Militärtechnik, aber so wie ich das wahrnehme ist die Entwicklung bei der Panzertechnik generell eine recht träge Angelegenheit. Der Leo2 ist ein Produkt der 70er und wird bis heute weiter modernisiert. Der M1 Abrams stammt aus den 80ern und hat eine ähnliche Entwicklung.
Ja, der M1 ist mittlerweile bei über 90 Tonnen Kampfgewicht angekommen. Das ist komplett irre. Der Nachfolger soll wieder 60 Tonnen haben und selbst da schreien dann einige, das wäre "zu leicht". Was Kampfpanzer angeht? Die einzige Neuentwicklung von Null an, die es bislang in Stückzahlen in die Truppe geschafft hat, ist der südkoreanische K2 "Black Panther", von dem auch die Polen 1000 Stück haben wollen. Die Entwicklung fing zwar schon 1995 an, wurde aber erst 2008 finalisiert. In Kleinserie gingen die dann in die Erprobung, bis die Kinken raus waren. Die Zeit hat Südkorea auch genutzt, um die Produktionskapazitäten aufzuziehen, da ALLES am K2 domestisch produziert wurde. So einen Zirkus mit den Amis wie beim K1 wollte man unbedingt vermeiden. Truppeneinführung erfolgte dann 2014. Der K2 hat einige moderne Schmankerl drin, die sich sehen lassen können.
Die Israelis haben die Tage auch die neueste Version des Merkava IV "Barak" vorgestellt. Der Merkava wurde zwar von 1970-78 entwickelt und ging 1979 in Dienst, aber der hat so viele Varianten und Redesigns erhalten, dass heutige Merkava IV mit dem Merkava I von damals kaum noch Gemeinsamkeiten haben. Selbst Turm und Wanne (die Herzstücke) sind mittlerweile anders. Den "Barak" kann man nach dem K2 sicherlich als den derzeit modernsten Kampfpanzer ansehen, was die Fähigkeiten angeht. Das Level der Vernetzung und der Automatisierung ist da ähnlich wie bei der F-35.
Nur mal ein Beispiel: Eine Kompanie Panzer fährt auf einen Hügel. Unten im Dorf steht einer am mit einer Panzerabwehr-Rakete am Fenster und visiert das Führungsfahrzeug an. Die Sensorik des Panzers erkennt den Ziellaser und erkennt an der Modulierung des Lasers, dass es sich vermutlich um eine "Kornet" handelt. Mit dem eigenen Radar (und dem Radar der benachbarten Panzer) wird automatisch per Synthetic-Apperture ein Terrainbild und ein ein dreidimensionales Bild der Gebäude gemappt und die Position des Schützen darüber und über die Optiken eingemessen. Auf den Heads-Up-Displays der Besatzungen (auch all jener im Verbund des Netzwerks) wird die Position des Schützen markiert und das Icon "AT-INF [Kornet]" drübergelegt. Die Besatzungen des anvisierten Panzers (und deren Kollegen in den anderen Panzern) brauchen da nicht mit dem Joystick am Display zu fummeln, um den nun in Sicht zu bekommen, müssen nicht durch Sichtschlitze oder Prismen gaffen, oder gar die Luke aufmachen und raussehen. Eine Kopfdrehung in die entsprechende Richtung reicht und auf dem Helmdisplay sehen sie statt des Innenraumes des Panzers das Ziel - als Bild der Außenkameras, mit Entfernungsangabe, gerne auch in Thermalsicht oder als synthetisches Bild, dass aus verschiedenen Quellen generiert wurde. Indessen hat der Bordcomputer schon mal das Trophy APS in die Richtung des erwarteten Flugkörpers ausgerichtet, kalkuliert ob es gefahrlos (ohne eigene begleitende Infanterie zu gefährden) bei Versagen des Trophys ggf. die Reaktivpanzerung in Anflugrichtung zünden kann (und wenn ja, welche Kacheln), kalkuliert, ob Einsatz von EW oder Rauch sinvoll ist und je nach Verteidigungsmodus (unterschiedliche Level an Autonomie sind da drin) werden entweder die Waffenstation auf dem Turm, oder der Turm mit Bordkanone auf das Ziel ausgerichtet, so dass Richtschütze oder Kommandant nur noch Befehl oder Knopfdruck handhaben müssen. Da die ermittelte Bedrohung allen verbundenen Einheiten angezeigt wird, kann es durchaus sein, dass ein anderer Panzer, ein APC, eine Drohne oder ein Kampfhubschrauber das Ziel schon vorher ausknipst.
Einsatz von Klein- und Kleinstdrohnen aus Kampfpanzern heraus wird auch immer wichtiger und der Merkava IV "Barak" hat da auch ein bisschen Kroppzeugs mit an Bord, um eigene Luftaufklärung zu machen, bzw. ist auch so ausgestattet, dass er halt die Sensordaten von anderen Luft- und Bodeneinheiten nutzen kann und gleichzeitig auch selbst aggregierte Daten sendet. Gerade das Radar und die automatische Kombinierung der Sensordaten verschiedener Panzer (und anderer Teilnehmer im Netzwerk) führen dann auch zu Verfeinerung der Zielerfassung und automatischen Klassifizierung anhand von Emissionen, dem Thermalbild, der optischen Erscheinung des Zieles, die mit einer Onboard-Datenbank abgeglichen werden.
Die Russen sind noch auf dem Stand, dass die relativ blind und taub sind, sobald die Luken zu sind, schon weil sie das Thema "Optiken" total verkackt haben und das beste, was sie da selbst bauen können, ist eine schlechte Kopie eines längst veralteten Thales-Systems, welches schon Mitte vor 20 Jahren aus der Mode gekommen ist. Selbst ein Analog des
IVIS der Amis (Golfkrieg 1990!) haben sie bislang nicht hinbekommen und das hatte schon vor 33 Jahren seine Feuertaufe und ist seitdem ein alter Hut und längst durch modernere Lösungen abgelöst worden. Und es ist ja nicht so, als ob das keiner mitbekommen hat. Die Russen habe sich den 1. Golfkrieg ebenso genau angeschaut, wie die Chinesen und hatten dann die Hosen voll, wie fix und mit welch geringen eigenen Verlusten die USA damals Saddams Irak aufgerollt hatten. Die Chinesen haben dann die Ärmel hochgerollt, Geld in die Hand genommen und alte Ideen und Traditionen beerdigt und Navy, Luftwaffe und Heer einer seitdem andauernden beständigen Transformation und Totalerneuerung unterzogen. Die Russen? Die haben "Blyat!" gesagt, sich noch einen Vodka reingeschüttet und geschaut, welche Potemkinschen Dörfer man bauen und wie man dabei am besten Geld und Material klauen kann. Der "große Ruck" ist bei denen ausgeblieben und fand nur auf dem Papier und in der Propaganda statt. Für alles andere hat bei der ganzen Korruption das Geld halt auch nicht gereicht.
Herr Rossi hat geschrieben: ↑23.09.2023, 18:58
Erinnert sei da an die A400, die F35 oder ähnlich "ambitionierte" Projekte. Der Kram ist halt mit der ganzen Soft- und Hardware mittlerweile hochkomplex und braucht Zeit für eine Ausreifung oder halt auch die finale Erkenntnis, dass man da Schrott produziert hat.
Was "Schrott" und A400M angeht hast du sicherlich recht. Bei der F-35 dagegen?
Ja, was haben wir alle gelacht: Diese Missgeburt der Aerodynamik kann nicht manövrieren, ist zu langsam, zu teuer, zu wenig interne Waffenkapazität und was sonst alles noch damit im Argen lag. Nur: Die Zeiten sind vorbei und die F-35 ist mittlerweile so ein game-changer, dass ich da mal
einen Tweet von vor ein paar Tagen hervorkramen möchte: "Russian mind cannot comprehend this." Begleitet wurde das von zwei Screenshots eines Teilbereiches des F-35 Cockpit-Displays, einem Bild des Radar-Displays einer F/A-18EF und einer Montage von Statistiken. Das braucht sicherlich einige Erklärungen.
Daher kurz das: Über das Radar der F-35 uns seiner Fähigkeiten gibt es bislang nur wenig brauchbare Informationen. Es ist ein AESA-Radar mit 1600 Zellen. Jede kann gleichzeitig Senden und Empfangen. In verschiedene Richtungen, mit unterschiedlicher Stärke und in allen relevanten Frequenzbändern. Bekannt ist: Das Radar macht nicht nur Zielerfassung, Klassifizierung und Zielbeleuchtung. Es nutzt Synthetic-Apperture für Geländedaten-Mapping und Bodenzielerfassung (und Klassifizierung), dient als Radio-Antenne (senden/empfangen) für das Software-Radio UND den verschlüsselten Datenaustausch mit anderen F-35 und kann darüber hinaus auch als Antenne für Link-16 Datenfunke mit anderen (älteren) Fliegern oder vernetzten Einheiten kommunizieren. Dazu setzt es immer nur so viel Energie ein, wie minimal nötig. Wenn für die Zielerfassung und Beleuchtung von 24 Luftzielen nur 48 der 1600 Zellen nötig sind und das Radar dafür pro Zelle nur 5-10% Leistung braucht? Dann reicht das eben und es ist genug Kapazität für andere Sachen frei. Und die Radarwarner der so beleuchteten Ziele bekommen das dann auch nicht mit, weil die Signale zu sehr über das ganze Frequenzband verstreut sind, von kurzer Dauer sind und von so geringer Intensität. Zudem tauschen die F-35 im Verbund ständig Daten untereinander aus, so dass die Zielverfolgung einzelner Ziele nicht immer und exklusiv von einem (oder allen) Fliegern erfolgt, sondern alle Flieger abwechselnd aus verschiedene Richtungen und mit verschiedenen Frequenzen die Ziele mit extrem kurzen Impulsen "beleuchten". Selbst wenn die was davon mitbekommen, können diese dann die Quelle nicht exakt einmessen. Die Zieldatenbank der F-35 klassifiziert dann auch gleich mal die Ziele komplett ein - anhand von Radar und Infrarot-Emissionen, deren Funkerei, den Bildern aus dem IRST und kann direkt sagen, welcher Typ Flugzeug das ist und kann auch mehr oder minder ermitteln, was die an externer Bewaffnung tragen.
Diese Daten gehen dann an alle F-35 über deren eigenen Datenbus und über Link-16 an alle Legacy-Einheiten wie (teilweise) F-22, F-18, F-15 und F-16. Die brauchen dann ihr eigenes Radar nicht einzuschalten und können trotzdem aus der zweiten Linie schießen ohne sich selbst zu exponieren. Deswegen das 3. Bild in dem Tweet mit der Sicht auf das "Radar-Bild" der F/A-18EF, welche die von den F-35 aggregierten Sensordaten per Link-16 gesendet bekommt.
Bekannt ist auch, dass die F-35 keine F/A-18G "Growler" als begleitende Jammer brauchen, weil sie mittels des eigenen Radars fast ebenso stark Jammen können, wie die Growler. Die Growler jammen omnidirektional, die F-35 halt konzentriert in die Richtung(en), die explizit zur Bedrohungsabwehr benötigt werden. Und obwohl die genauen Leistungsdaten des F-35 Radars nicht allgemein bekannt sind: Das Ding ist schon wieder überholt und wird in der
F-35 der 4. Generation gerade durch den Nachfolger ausgetauscht. Und Infos dazu gibt es bislang auch nicht, außer: Dass es noch besser ist.
Diese Vernetzung, Sensor-Sharing und Automatisierung der Systeme ist den Russen komplett fremd. Wenn F-35 Piloten mal aus der F-35 in ein anderes Flugzeug wechseln, dann ist das, als ob man aus einem Tesla in einen alten rostigen Lada umsteigt.
Der letzte Punkt ist dann auch in der 4. Grafik gut erklärt: 960 ausgelieferte F-35 haben bislang über 700.000 Flugstunden geleistet und 420.000 Flüge absolviert. 2100 Piloten wurden darauf geschult und über 14.000 Wartungstechniker. Halte mal dagegen, was die Russen zwischenzeitlich gebaut haben und wie schwer die sich mit der Su-57 tun. Die Su-35 ist das beste Modell, was sie in Serie gebaut haben und davon gibt es weniger als 180. Su-34 (Strike)? 148 Stück. Su-30? Rund 650, aber davon gingen auch rund 200-250 in den Export. Nichts davon kann kann an sich der F-35 das Wasser reichen und selbst die Su-57 hat eine Radarsignatur (selbst von vorne), die etwa 50x größer ist, als die einer F-22 aus den 1990'ern. Da nützt es dann auch nichts, dass russische Flugzeuge ggf. schneller oder wendiger sind, oder mehr Waffen tragen können. Denn diese Vorteile können sie nicht ausnutzen, wenn sie den Gegner nicht sehen können, selbst wenn der schon seine Waffen abgefeuert hat.
Technologisch haben die Russen 20-30 Jahre Rückstand und sind erst jetzt mit ihren ersten Gleitbomben und zugekauften Drohnen so langsam in isolierten TEILBEREICHEN zu dem aufgeschlossen, was die USA 1990 schon aus dem FF konnten. Und noch ein letzter Punkt: Zuverlässigkeit. Bei den 960 ausgelieferten F-35 gab es bislang 13 Unfälle in neun Jahren, mit 9 Totalverlusten und vier, die mit Beschädigung erhalten blieben. Zu beklagende Todesfälle: Bislang nur ein JSDF-Pilot, der 2019 umkam. Zum Vergleich: Bei den Russen fliegt zu Friedenszeiten deutlich weniger (an Stückzahl als auch was Flugstunden angeht!) und die verlieren dennoch mehr Maschinen UND Piloten. Und dabei haben die Russen doch an sich die "robustere" Technik und weniger Gimmicks, die kaputt gehen können.
Eines noch so als kurze Überlegung: Die ATACMS, auf welche die Ukraine so lange warten musste? Das ist in den USA ein alter Hut. Die Produktion ist schon seit Jahren eingestellt und der Nachfolger steht ins Haus. Was noch da ist, sind Restbestände. Was würden der Ukraine also diese Altertümchen nützen? Die ATACMS Block 1 und 1A hat
APAM-Clustermunition und verstreut 950 Einheiten Submunition auf ein Feld von 1km x 1km. Gib den Ukrainer 50-100 Stück davon und die putzen damit ALLE Flugabwehr der Russen in 300km Umkreis weg. Denn dafür sind die geradezu prädestiniert. Danach können sie dann bequem mit der eigenen Luftwaffe per JDAM jeden einzelnen Schützengraben der Länge nach in 50-Meter Abstand ausheben - aus +30.000 Fuß Höhe und 40-50km Entfernung unter Deckung der eigenen Flugabwehr.
Und gegen diesen quasi von den USA fast schon ausgemusterte Ladenhüter ist bei den Russen auch kein Kraut gewachsen, noch habe sie ein Analog dazu. An sich ist das alles unfassbar und da muss man sich schon an den Kopf fassen, dass die auch nach ständiger Demonstration ihrer militärischen Ohnmacht noch solche Töne spucken.