Ja, auf jeden Fall. Alles hinterfragen.Herr Rossi hat geschrieben:Und was bleibt da als Fazit: Alles hinterfragen oder?
Eigentlich eine Einstellung, die ich schon immer für richtig gehalten habe.
Was Filterblasen, Unterfütterung eigener und bereits vorhandener Vorurteile angeht: Klar, das geht heute viel einfacher und leichter. Aber ich denke, dass war auch vor dem Internet in der Berichterstattung nicht wirklich besser. Nur hat man es seltener bemerkt. Der "klassische Journalist" hat früher sicherlich öfter zum Telefon gegriffen, anstelle per Google, Twitter und Facebook zu recherchieren. Er dürfte aber genauso wenig raus sein, um "O-Töne" einzufangen.
Schau dir die Berichterstattung der Bild-Zeitung zum Bombenanschlag bei der Hagia Sofia an. Die Bilder der Opfer haben die bei Facebook abgegriffen. Die der Angehörigen anscheinend auch. Ob deswegen weniger Paparazzi bei denen im Vorgarten herumgelungert haben? Weiß man nicht. Hier haben sich dann nur die Werkzeuge geändert. Der Schmieren-Journalismus der Bild ist noch auf dem gleichen unterirdischen Niveau.
Denke ich auch. Heute bleibt ein Großereignis nicht lange in den Nachrichten und wenn sich kein Folge-Skandal auftut (oder eine sonstige dramatische Entwicklung), dann ist das Thema tot. Nur ein Beispiel: Der Germanwings-A320-Absturz in Südfrankreich im März 2015? Das Thema ist durch. Solange der Abschlussbericht (noch nicht veröffentlicht) nicht neue Fakten nachliefert, wird kein Medium das Thema nochmal anstoßen.Herr Rossi hat geschrieben:Der einzige wesentliche Unterschied dürfte gewesen sein, dass mehr Zeit für die Recherche blieb.
Aber lass uns mal einen Themenwechsel machen. Auch wenn du vielleicht schimpfst, dass ich das unter ein Thema packe, bei dem es um (vermeintliche) Verfehlungen von (vermeintlichen) Asylanten geht. Darum gehts mir weniger. Sondern (mal wieder) über die Berichterstattung zu einem Thema und wie diverse Medien das angehen. Also ... N-TV brachte die Tage folgendes:
Ich packe das mal bewusst hier mit rein, weil N-TV auch den Tiefschlag mit unterbringt, Merkel wäre für Köln verantwortlich und man hier ganz gezielt am Stuhl von "Honeckers Rache" sägt: "Verfassungskrise", "Integrität der Kanzlerin", "Zersetzung des Rechts in der Migrationsfrage" und "Tribunal der Macht" sind da ein paar schmissig eingefügte Worthülsen. Man kann den Zorn des Artikel-Schreibers quasi mit Händen greifen. Das wird wohl ein Idealist sein, der noch an Reste der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland glaubt. In der Sache (etwas freier von Emotionen und Polemik) gebe ich ihm allerdings weitgehend recht und denke: Dieser Rechtsbruch der Kanzlerin soll und darf nicht ohne Folgen bleiben. Denn wenn das geht, was kommt dann als nächstes?N-TV hat geschrieben: Angela Merkels radikale Grenzöffnung ist offenbar ein historischer Rechtsbruch. Das mit Spannung erwartete Gutachten des Verfassungsrechtlers Udo di Fabio erschüttert das politische Berlin. Ausgerechnet eine Regierungspartei weist der Regierung Verfassungsbruch nach.
Das Gutachten ist für Angela Merkel ein Donnerschlag. Der Verfassungsrechtler Udo di Fabio kommt nach juristischer Prüfung der aktuellen Migrationskrise zu einem erschütternden Befund: Die Bundesregierung bricht mit ihrer Weigerung, die Landesgrenzen umfassend zu kontrollieren, eindeutig Verfassungsrecht. In dem Gutachten heißt es: "Der Bund ist aus verfassungsrechtlichen Gründen (...) verpflichtet, wirksame Kontrollen der Bundesgrenzen wieder aufzunehmen, wenn das gemeinsame europäische Grenzsicherungs- und Einwanderungssystem vorübergehend oder dauerhaft gestört ist."
[...]
Mit dem Gutachten di Fabios wirkt Merkels Politik als fortdauernder Rechtsbruch. Die Kritik dürfte nun lauter werden an der Kanzlerin, die per Handstreich das geltende EU-Recht außer Kraft gesetzt und ihre eigenen Regeln der Moralität proklamiert hat. Insbesondere im europäischen Ausland, wo man sich über Merkels Sonderweg zusehends empört. Es werden nun diejenigen bestärkt, die Merkel vorwerfen, sie habe damit eine Krise der Rechtsstaatlichkeit ausgelöst, womöglich eine Kettenreaktion von Gesetzesbrüchen angestoßen, die schließlich in den Übergriffen von Köln kulminierten.
Quelle: http://www.n-tv.de/politik/politik_pers ... 46101.html
Die Berichterstattung zum selben Thema beim Spiegel liest sich dagegen wie glattgeschliffen und mit recht wenig Ecken und Kanten:
Das hätte die Bundespressestelle nicht besser formulieren können, oder?Der Spiegel hat geschrieben: Di Fabio vertrete die Auffassung, dass der Bund derzeit zu wenig unternehme, um auf den anhaltenden Zuzug von Flüchtlingen zu reagieren, erfuhr SPIEGEL ONLINE aus bayerischen Regierungskreisen. Der 61-jährige Jurist argumentiert demnach, dass der Bund verpflichtet sei, seinen Kompetenzen in einer Weise gerecht zu werden, die die Interessen der Bundesländer berücksichtige. Dies gelte in besonderem Maße bei der Aufgabe, die Grenzen vor unkontrollierter Einreise zu schützen.
[...]
Dem Bund bleiben dem Gutachten zufolge nur zwei Möglichkeiten: Er könne entweder das individuelle Recht auf Asyl zum Maßstab nehmen, dies setze aber eine Einzelfallprüfung bei Flüchtlingen voraus. Außerdem müsse dann die Drittstaatenregelung gelten: Sie sieht vor, dass Personen, die über einen sicheren Drittstaat einreisen, kein Recht auf Asyl geltend machen können, auch wenn sie in ihrer Heimat politisch verfolgt werden.
Alternativ, so das Gutachten, könne der Bund einen weiten internationalen Flüchtlingsbegriff zugrunde legen. Dann sei er aber zu einer Kontingentierung und Kapazitätsgrenzen verpflichtet.
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 71532.html
Die FAZ hat sich einen Tag länger Zeit gelassen, als N-TV und Spiegel. Der Artikel geht dann über zwei Seiten und die erste halbe Seite ist fluffiger Füllstoff bis es zum Ende mal etwas unangenehmer für die Bundesregierung wird. Erst die zweite Seite hat dann die härteren Aussagen von di Fabio. Geschickt gemacht, denn so blättern nur jene bis zum Ende, die das Thema sowieso interessiert und welche bis dahin nicht eingeschlafen sind. Siehe: http://www.faz.net/aktuell/politik/flue ... 10809.html
An sich hätte ich eher damit gerechnet, dass ein aus berufenem Munde beschiedener und ganz eindeutiger Verfassungsbruch der Kanzlerin auf weniger Gnade bei der Presse fallen würde. Jeder andere Kanzler vor ihr hätte schon längst ein Misstrauensvotum an der Backe. Aber so kann man sich täuschen. Auch das wird wohl an der Teflon-Tussi abflutschen wie sonst alles andere auch.
Und die "vierte Gewalt" im Staate hilft ihr auch noch dabei.
Da schmeiß ich dann mal die Flinte ins Korn. "Lügenpresse" ist noch zu nett. Das sind ausgelagerte Werkbänke des Propaganda-Ministeriums des 4. Reiches.