Herr Rossi hat geschrieben: ↑10.08.2023, 06:14
Kleines Statusupdate zum vermeintlichen Niedergang Russlands, die Weltbank hat aktuelle Zahlen veröffentlicht:
[...]
Oder anders: Der PPP ist mehr wie eine Innenansicht und hier geht es in Russland aufwärts, für die Menschen ergibt sich ein Plus bei ihrer Kaufkraft, während es bei uns merklich abwärts geht. Und das angesichts eines Sanktionsregimes, wie wir es in dem Ausmaß wahrscheinlich noch nie hatten.
Ich halte da mal das hier dagegen:
Texas hat 115 Mio Einwohner WENIGER als Russland, aber 25% größeres GDP als Russland und ein 6,6x mal größeres GDP per Capita.
Unterm Strich heisst das auch, dass Russland zwar ein riesiges Potential hat, aber davon nichts bei der Bevölkerung ankommt und es weit (sehr weit) hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Und daran wird sich auch nichts ändern, solange die kleptokratischen Oligarchen an der Macht bleiben. Und selbst wenn die mal weg sind (und daran glaube ich nicht): Die russische Industrie ist in einem so desolaten Zustand, dass sie in kaum einem Bereich irgendwo konkurrenzfähig ist oder Exportmöglichkeiten für domestisch gefertigte Produkte hat. Russland lebt davon, Rohstoffe zu exportieren und Schrott zu verticken.
Herr Rossi hat geschrieben: ↑10.08.2023, 06:14
"Es ist 47 Jahre her, als Russland zum letzten Mal erfolgreich auf der Mondoberfläche gelandet ist. Damals war es die Mission Luna 24. In der Nacht zum Freitag, den 11. August 2023, soll die Mondmission Luna 25 um 1:10 Uhr (MESZ) in den Weltraum aufbrechen. Der Start wird von dem Kosmodrom Wostotschny im Osten Russlands erfolgen. "
Glaube ich erst, wenn ich es sehe. Die Russen kündigen viel an, aber es bleibt dann oft bei Potemkinschen Dörfern.
Zu russischen Neuentwicklungen mal kurz
diesen Tweet (mit Video). Die Russen haben mittlerweile rund 5000 Artillerie-Systeme in der Ukraine verloren. Deren PzH2000-Gegenstück war die
2S19 "Msta-S", die am Ende der Sowjet-Zeit vom Band rollte. Es wurden weniger als 2000 Stück davon bislang gebaut, aber es gingen auch einige in den Export, bzw. die Ukraine hatte zu Kriegsbeginn auch 40 davon und hat fast nochmal so viele davon erbeutet. Die Msta-S kann kein Multiple-Round-Simultaneous-Impact und kann generell weniger als die PzH2000 und selbst die K9 oder die polnische Krab sind sicherlich bessere Systeme. Jedenfalls: Die Russen haben Probleme, weitere Msta-S zu bauen, um die Verluste auszugleichen. Das Ding hat eben (wie auch die PzH2000) ein eigenes Panzer-Chassis. Basiert zwar auf dem T-80, ist aber stark modifiziert und der Motor ist vom T-72. Der T-80 wird seit 2001 nicht mehr gebaut und viel brauchbare Chassis davon hat man sicherlich auch keine mehr rumstehen. Bzw. wenn doch: Dann macht es mehr Sinn, die als Panzer wieder fit zu machen.
Lösung: Da sich der BMP-3 in der Ukraine als totaler Flop entpuppt hat, aber man die Produktionslinie und die Teile noch hat? Da hat man eben was gebastelt: Die 2A63 Haubitze aus dem Msta-B (das ist eine LKW-gezogene Haubitze auf Drehgestell) wurde in den Turm eines BMP-3 gequetscht und fertig ist die Msta-BMP3 Frankenstein-SPG.
Oberstleutnant Alfred Becker wäre begeistert.
Der Nutzen so einer Frankenstein-SPG im Ukraine-Krieg muss sich noch erweisen, aber man kann sich denken, dass es bescheiden sein wird: Der BMP-3 ist zu leicht und konstruktiv zu schwach, um der Haubitze beim Schuß groß was dagegen zu halten. Im "Kampfraum" des BMP ist auch so schon nich viel Platz und da dann noch groß Munition, Kartuschen zusätzliche Funkerei und anderen nötigen Kram unterzubringen? Schwierig. Wie gut der Drehkranz das Extra-Gewicht und die Belastung aushält? Kann man nur spekulieren. Und ohne Counter-Battery-Radare (hat Russland kaum noch) und bei der generell kürzeren Reichweite der russischen Arty werden sich die paar Sondermodelle sicherlich nicht lange halten, sofern sie sich nicht schon selbst zerlegen.
Ansonsten noch ein Meilenstein der Militärtechnik Russlands: Optiken, Thermalsicht-Geräte, Entfernungsmesser (Laser)? Konnten die nicht auf brauchbarem Niveau selbst herstellen. Oder (vor den Sanktionen) nur in homöopathischen Dosen in schlechter Qualität. Also hatte man in Frankreich bei Thales einen Großeinkauf gemacht und auch viel erhalten, aber die Quelle ist halt Tot und sanktioniert. Nordöstlich von Moskau in Sergiyev Posad ist die Firma Piro-Ross, die 1994 von vier Verteidigungsunternehmen gegründet wurde. Darunter dem Föderalen Staatlichen Einheitsunternehmen "KHZ (Krasnosawodsk)", sowie dem staatliche Forschungs- und Produktionszentrum NIIPH, Federal State Unitary Enterprise Signal (Tscheljabinsk) und FTsDT Soyuz (Dzerzhinsky).
Bloomberg hatte am Dienstag groß angekündigt, dass Piro-Ross in Kürze mit der Auslieferung eines neuen Thermalsicht-Geräts für Panzer- und Kampffahrzeuge Russlands beginnen würde und es sich dabei wohl um eine "Raubkopie" des Thales-Sichtgerätes handeln würde, die man mit zivilen Komponenten unter Unterlaufung der Sanktionen nachgebaut hätte. Gestern ist das Werk "ganz spontan"
in die Luft geflogen:
Hier noch
ein Video von der Explosion.
Das neulich angegriffene Landungsschiff Olenegorsky Gorny (Ropucha-Klasse) hat es inzwischen in Novorossiysk in eines der
wenigen Schwimmdocks geschafft, die Russland noch hat. Und da treffen dann zwei Dinge aufeinander, die Russland nicht hat: Maritime Infrastruktur und Produktionskapazität. Die PD-50 Schwimm-Docks sind 1965-1978 in Schweden gefertigt worden und die Schiffe der Ropucha-Klasse wurden in den 1970'ern in der Stocznia Północna Werft in Gdańsk (Polen) gebaut. Von ehemals 28 sind sind noch 15 über, aber drei davon sind von der Ukraine beschädigt worden.
So sieht das übrigens in Russland aus, wenn man große Töne spucken will, aber nicht das Zeugs dazu hat:
- Kusnezow im improvisierten Dock
Kein Trockendock groß genug? Dann buddeln wir halt im Dreck, schütten einen Wall auf und pumpen das Wasser ab. Im Vergleich dazu: So sieht das bei den Chinesen aus und das ist nur EINE (kleine) Werft für die Liaoning-Klasse:
- Ex-Varyag im Dock beim Umbau
Deren neuer ~90.000t Träger wird in einer anderen (größeren) Werft gebaut:
- China, Typ 003 im Bau
Selbst Indien ist in Sachen Trockendocks besser aufgestellt, als Russland:
- INS Vikramaditya in Cochin
Und es sind da nicht nur die Docks, an denen es Russland in Sachen Marine fehlt. Für alle größeren Marine-Einheiten (Kuznetsov, Kirov-Klasse, Slava-Klasse, die Udaloys und Sovremenny's) hat man keine domestische Produktion der Antriebsstränge und viel der verbauten Technik wurde im Ausland (auch Ukraine) gefertigt. Von der vier gebauten Kirovs hat man bereits die Admiral Ushakov und die Admiral Lazarev verschrottet. Die Admiral Nakhimov befand sich seit 2015 (!) in der Werft zur Modernisierung, aber das hat man jetzt aufgegeben und die geht auch in die Verschrottung. Bleibt also lediglich die Pyotr Velikiy, die man sicherlich so lange fahren wird, bis sie den Geist aufgibt und was kaputt geht, was man sowieso nicht mehr reparieren kann. Von den vier Slavas (Moskva, Marshal Ustinov, Varyag und der nie fertig gestellten Ukraina) sind nur noch anderthalb im Dienst. Die Marshal Ustinov in der Nordflotte und die Varyag (ex-Chervona Ukraina - wie ironisch!) mit reduzierter Besatzung in der Pazifik-Flotte. Verlässt kaum den Hafen, weil zu viel im Arsch ist.
Schon bei der "Moskva" hat man ja gesehen, dass der Lack bei den russischen Großkampfeinheiten komplett ab ist. Das Ding war PRÄDESTINIERT für die Luftabwehr. Beste Luftabwehr-Einheit der Schwarzmeer-Flotte. Ein S-300F (und SA-6, sowie 6x AK-630 "CIWS") mit Schwimmärmchen und +30 knoten Geschwindigkeit. Wurde von zwei quasi im Keller aus rostigen Teilen improvisierten Neptune-Schiffsabwehr-Raketen der Ukraine versenkt.
Und es ist egal, wo man bei den Russen hinschaut: Da ist alter Schrott im Einsatz, der längst in die Schrottpresse oder in die Modernisierung gehört hätte. aber dafür ist halt kein Geld da, weil die Kleptokraten das lieber in protzige Yachten und Paläste stecken.
Ich kann da nur noch mal in Erinnerung rufen, dass die kleine und ständig am Bankrott vorbeikratzende Türkei in den letzten drei Jahren mehr neue Waffensysteme aller Gattungen in Produktion gibt, als die Russen es in 35 Jahren geschafft haben: Kampfhubschrauber, Kampfflugzeug plus "unmanned Wingman", Drohnen aller Art, Anti-Schiff, Luft-Luft-, Luft-Boden, Boden-Luft-Raketen, eine SPG, ein MLRS-System ähnlich HIMARS (Rad und Kette), IFV, eigene Luftabwehr als Ersatz für S-400, neue Türme und neues Ausrüstungspaket für Kampfpanzer und vieles mehr.
Dann sind da die Polen, die alleine in Südkorea derzeit mit rund 49 Milliarden Euro in der Kreide stehen, weil sie denen alles vom Hof weg kaufen, was sich wegtragen lässt und "Bumm" macht - plus gleichzeitig in Polen die Industrie aufbaut, um in Zukunft (fast) alle in Korea gekauften Waffen entweder selbst in Lizenz zu bauen, oder sie zumindest mit domestisch produzierten Ersatzteilen versorgen können. Die Polen wollen sich ganz offensichtlich genug Material hinstellen, dass sie es alleine mit den Russen aufnehmen können und nicht auf die NATO angewiesen sind. Plus die Logistik dafür.
Und da komme ich wieder auf Russland zurück: Die haben lange von der Substanz gelebt und den Resten der Sowjet-Union, OBWOHL ihnen klar war, dass sie für viele der Großwaffensysteme zu Lande, zu Wasser und in der Luft nicht die Industrie haben, um alles selbst zu bauen. Nicht nur schlecht, in geringer Stückzahl oder minderwertiger Qualität, sondern in Teilen GAR NICHT. Und sie haben nichts dagegen getan. Oder die Maßnahmen sind (wie in Russland so üblich) gestorben, weil auf jeder Ebene vom Präsidenten-Schreibtisch bis runter zu den Schippenschwingern am Bauplatz jeder seinen Teil vom Kuchen geklaut hat.
Über Importe hat man sich lange irgendwie durchmogeln können. Und das klappt halt heute nur noch eingeschränkt und durch die üblichen Kriegsgewinnler beim Unterlaufen der Sanktionen. Da sind wir auch wieder als Exportweltmeister mit dabei:
- Yay! Exportweltmeister beim Sanktionsunterlaufen!
- exportweltmeister.jpeg (21.78 KiB) 637 mal betrachtet
Apropos unterlaufen (bzw. ignorieren) von Sanktionen: China hat angekündigt, bis 2025 einen Export-Stop für Drohnen und Drohnen-Komponenten einzuführen. Zum einen hindert man damit die Ukrainer, weiterhin den chinesischen Markt leerzukaufen. Und zum anderen hat man dann wieder genug Krempel, den man hintenrum den Russen "über den Zaun" werfen kann.
Und es ist nicht nur im militärischen Bereich so: Maschinen- und Anlagenbau, Chip-Produktion, Computer, Automobilbau, zivile Luftfahrt, Eisenbahn-Technik bis runter zu Unterhaltungs-Elektronik und Kinderspielzeug findest du keine Kernkompetenz oder Nische, in der die Russen irgendwo unter den ersten 50 Nationen der Welt angesiedelt sind oder nennenswerte Kapazitäten in halbwegs brauchbarer Qualität herstellen können. Die letzte Automobilmesse vor ein paar Wochen in Russland? Da ist man mit Technik aus den (frühen!) 70'er Jahren angetreten und hat den gefeiert, als ob ob VW den Tesla-Killer zum Preis eines Passat hingestellt hätte. Da ist einfach keine Substanz da, die man irgendwie aufwuchten kann.
Langfristig sehe ich für Russland nach wie vor keine Chance, sich selbst aus dem Dreck zu ziehen. Denn davon haben sie einfach genug und (außer Rohstoffen und Real-Estate wie z.B. Sibirien) haben sie nichts anzubieten. Apropos: Der Staatshaushalt von Russland sieht auch nicht mehr so toll aus. Von 7 Milliarden Überschuss ist man wohl mittlerweile auf dein Defizit von über 40 Milliarden gerutscht.
Ganz schön teurer Preis für einen "dreitägigen Polizeieinsatz" beim Nachbarn.