Herr Rossi hat geschrieben: ↑24.02.2022, 15:14
Edit: Gerade zu Ende gelesen. Krass und beängstigend, aber die Kritik, auf der es beruht, ist imo leider berechtigt.
Die Rede hat er rund 24h vorher aufgezeichnet (21. Feb). Wurde anhand seiner Kleidung, der Lokalität und der Metadaten des Videos so ermittelt. Und ja: Das was er da sagt, ist leider berechtigt, weitgehend richtig oder zumindest nahe genug an der Wahrheit. Es wurden schon wegen deutlich weniger "Grievances" Kriege vom Zaun gebrochen. Ich denke auch, dass dieser Konflikt bei der seit 20-30 Jahren vorhaltenden Politik des Westens unvermeidbar war. Es war ja nicht nur eine US-Administration oder eine Führungsriege in diesem oder jenem NATO-Land (oder NATO an sich), welche diesen Kurs gegen Russland gefahren hat. Wenn der militärische Konflikt unausweichlich ist, dann ist es halt manchmal für den Underdog besser, den Konflikt zu seinen eigenen Bedingungen zu beginnen. Ich denke, die Russen haben sich das lange und ausgiebig überlegt und sind zumindest zu diesem Schluss gekommen.
Die Nachrichten des heutigen Tages zu den Kampfhandlungen? Ich hab da das meiste ausgeblendet und weiter gewischt, bis ich wieder Tweets von Militärs oder Leuten vom Fach hatte. Die Reden nicht über wer jetzt angeblich welche Straßenkreuzung in der Ukraine hält (den Infos ist sowieso derzeit kaum zu trauen).
Daher verlinke ich nur eine Nachricht explizit, da sie bestätigt wurde: Snake Island ist eine kleine Insel im Schwarzen Meer, vor der Küste der Ukraine. Die Ukraine hatte da 13 Männer (und Frauen) der Grenztruppen und die wurden von einem russischen Kriegsschiff aufgefordert, sich zu ergeben. Deren Antwort: "Russian warship: Go fuck yourself!"
https://twitter.com/Osinttechnical/stat ... NOVQQ&s=19
Der Ukrainische Präsident Zelenskyy bestätigte, dass alle 13 getötet wurden.
Zurück zu dem, was deutsche Militärs heute so diskutierten: Die haben nicht unrecht, dass uns da 16 Jahre Merkel um die Ohren fliegen. An Merkels Veto ist 2008 die Aufnahme der Ukraine (und Georgiens) in die NATO gescheitert. Das kann man gut oder schlecht finden, denn möglicherweise wäre der jetzige offene Konflikt dann wohl früher ausgebrochen. Merkel hat auch aktiv an der Marginalisierung Russlands mitgearbeitet und es nicht geschafft oder gewollt, die Brücke zwischen Ost und West am Leben zu halten, die wir mal kurz im Rahmen der Wiedervereinigung darstellten. Währenddessen fuhren die Linksparteien (auch SPD) einen recht unkritischen Kuschelkurs mit Russland. Wir leisten uns ja noch immer einen Altbundeskanzler, der von Putin rundheraus gekauft wurde.
Carlo Masala (Direktor des Metis-Instituts, Militärhistoriker an der BW-Uni in München - Fefe hat den gefressen) dazu:
https://twitter.com/CarloMasala1/status ... VYPl3639Xg
Selbst beim Thema Sanktionen ist es Deutschland, was jetzt dagegen ist, dass Russland von SWIFT abgekoppelt wird. Weil die Russen dann ihre Schulden bei uns nicht bezahlen können und wir dann kein Gas und Öl mehr bei denen kaufen können. Andere merken an: Würde Russland von SWIFT abgekoppelt, haben die sicherlich mit den Chinesen (und anderen nicht pro-westlichen Staaten) zügig ein Parallel-System am Start, welches dann von "uns" nicht mehr zu kontrollieren und/oder zu beeinflussen ist.
Einer antwortete dem Carlo Masala auch so: "Das Land hat sich jahrelang mit Lastenrädern, Identitätstoiletten, der Implementierung neuer Sprachvorschriften und dem Aufspüren neuer Opfergruppen befasst, und sich zeitgleich innerlich und finanziell vom eigenen Heer und der Nato distanziert, weil wir das nicht mehr bräuchten."
Das ist sicherlich richtig. Deutschland hat sich mit dem Erfinden von Luxus-Problemen politisch, militärisch, wirtschaftlich und energiepolitisch ins Abseits katapultiert und man merkt im Ausland ganz deutlich, wie sehr das vielen nicht-Deutschen auf den Sack geht. Wir können zwar jubeln, dass wir DIESMAL nicht die Schurken sind, die diesen Weltkrieg (wird noch, abwarten!) angezettelt haben, aber wir haben ihn enorm begünstigt, da Windräder und korrektes Gendern halt wichtiger waren.
Aber ich lasse mal die Politik vor der Tür. Die Militärs (denen ich folge) hatten ein paar interessante Details:
1.) Nach westlicher Doktrin waren Luftlande-Operationen im großen Stil ein toter Hund. Die Landung von 1-2 russischen FSJ-Divisionen am Militärflugplatz Hostomel (NW unmittelbar vor Kiev!) nur Stunden nach Beginn der Offensive hat alle überrascht. Man hat das zunächst als Fake abgetan, weil ... wer macht den heutzutage sowas? Tja, die Russen halt!
Anscheinend wollte man den Flugplatz einnehmen, um dann fix weitere Truppen für einen Blitz-Angriff auf Kiev selbst per Luft ranzukarren. Über die Achse Chernobyl -> Prybirsk -> Dymer sollte aus Weißrussland kommend Entlastung auf dem Landwege antanzen, aber die sind noch nicht sonderlich weit gekommen. Es sieht wohl derzeit so aus, dass die Ukrainer die Fallschirmjäger geschlagen haben und derzeit wieder den Flugplatz halten.
https://twitter.com/ELINTNews/status/14 ... BULRU29p4w
Randnotiz: Die einzige Antonov An-225 "Mriya" (größtes Transportflugzeug der Welt) ist seit 5. Februar just auf diesem Flughafen Hostomel, der auch "Antonov-Flughafen" genannt wird, weil da das Werk von Antonov (Ukraine) ist. Was *jetzt* genau mit dem Flugzeug ist und ob es die Gefechte überstanden hat, ist unklar. Im Laufe des Tages meldete jedoch ein Antonov-Pilot, sie wäre da noch OK gewesen:
https://twitter.com/aviationbrk/status/ ... 9433404420
2.) Da sprach dann auch gleich jemand die Lufttransport-Situation der Rest-NATO (ohne USA) an. Ohne die Antonovs aus der Ukraine bekommt ja weder die Bundeswehr noch sonst ein nicht-USA NATO-Partner irgend etwas transportiert, was nicht in eine A400M oder Herkules passt. Die Engländer haben einige C-17, aber sonst sieht es mau aus. Die SALIS AG in Leipzig/Halle nutzt ja die Maschinen der Ukrainischen Antonov-Gesellschaft. Die 4-5, die noch in Leipzig/Halle stehen sind aber eher nicht flugfähig (fehlende Triebwerke und/oder Cowlings) und die restlichen fünf von elf der Ukrainer waren *alle* in Hostomel. Lediglich eine ist derzeit wohl noch in den USA und hat zuletzt was für die NASA geflogen. Jedenfalls hat die NATO gerade vermutlich einen beachtlichen Teil ihrer angeleasten Transportkapazität dauerhaft oder auf unabsehbare Zeit verloren.
Das wird dann noch lustig, wenn die BW aus Mali abzieht.
3.) Luftverteidigung: Wisst ihr, was die baltischen Staaten mit HANDKUSS derzeit haben wollen? Die rumänischen Gepards. Rumänien ist das einzige NATO-Land mit zuverlässig funktionierender SHORAD (Short-Range-Air-Defense), weil die unsere alten Gepards gekauft haben und die liebevoll gepflegt noch immer einen bombastischen Rundumschlag austeilen können. Bis zu 23km Höhe maximal (effektiv 10.5km) und 7.5km in der Horizontalen putzen die zuverlässig alles weg, was an Hubschraubern, Fliegern und sogar ein Drohnen ankommt (sogar Kleinst-Drohnen und Submunition). Wir haben? Vier Mantis, 9-13 Patriot-Batterien (unklar, ob noch 13 da sind, nachdem 2017 vier an Israel verkauft wurden) und 6 Ozelots (Wiesel 2) mit Stinger. Wisst ihr, was man gegen einen potentiellen Gegner, welcher über tausende Kampfflugzeuge und Hubschrauber verfügt (von Drohnen und Lenkflugkörpern mal nicht zu reden) ganz gut gebrauchen könnte? Eine funktionierende Luftabwehr wäre da nicht schlecht.
Die ukrainische Marine existiert nicht mehr (die beiden Schiffe wurden versenkt) und die ukrainische Luftwaffe wurde trotz beachtlicher Anzahl von vorhandenen eigenen Luftabwehrstellungen schon in den ersten 24h des Konfliktes so enorm dezimiert, dass sie keine größere Rolle mehr spielen dürfte.
Wenn das dabei bleibt und die Russen die Lufthoheit beibehalten, dann wird die heiße Phase dieses Konfliktes nicht mehr lange dauern.
4.) Der zukünftige Ex-Heeresinspekteur der Bundeswehr (Generalleutnant Alfons Mais) sagte es heute dann auch ganz deutlich: "Die Bundeswehr steht blank da."
https://www.n-tv.de/politik/Heeresinspe ... 50664.html
Dazu ließen sich dann auf Twitter einige BW'ler aus (teilweise verklausuliert), aber der Tenor ist auch klar: Wenn es knallt, sind wir schnell fertig, da die Munitionsdepots leer sind. Das was da ist, reicht bis Mittag des ersten Tages und danach sind die Depots sowieso platt, weil sie nicht verteidigt werden können. Gegen Iskander-Raketen (wie es der Ukraine mit Depots passierte) sowieso nicht.
Helmut Schmidt sagte mal: "Verhandlungen müssen immer den Vorrang haben. Aber man muss militärisch so stark sein, dass Nichtverhandeln für die andere Seite keine Option sein kann".
Mehr fällt mir gerade nicht ein, zumal die Frontberichte, Videos und "O-Töne" derzeit alle mit Vorsicht zu genießen sind. Stellt euch auf ein paar heiße Wochen ein - außer ihr habt Gasheizung. Und danach wird es richtig teuer, denn selbst eine Verdoppelung des Wehretats wird nicht ausreichen, um 30 Jahre "auf Kante genäht" wieder zur Bügelfalte zu machen. Und da wird der Weg wohl hingehen, sofern Russisch nicht die gewünschte zukünftige Amtssprache für Osteuropa ist.