Ja, die haben da fast 1:1 eine Seite aus dem Handbuch der NATO genommen und das analog genau so umgesetzt, wie unsere Achse-des-Guten das bislang gemacht hat. Siehe Kosovo.Herr Rossi hat geschrieben: ↑22.02.2022, 09:19Wenn ich das nicht falsch verstanden habe, dann ist die russische Argumentationsleitlinie übrigens die einer "humanitären Intervention", weil sie einen vermeintlichen Genozid sehen. Das ist wohl nicht zufällig gewählt, denn seit den 90ern ist das eine der zentralen Argumentationsgrundlagen der USA/NATO für ihre unzähligen Angriffskriege und weshalb diese -vermeintlich- auch ohne ein Mandat des UN Sicherheitrates legitim sind. Völkerrechtlich bleiben das allerdings dennoch alles Angriffskriege.
"Wir" faseln ja immer was von "territoriale Integrität achten". Außer beim Kosovo, das von der Türkei besetzte Zypern, von der Türkei und/oder (damals) USA besetzte Nordsyrien, das von den USA (teil-)autonomisierte Kurdengebiet im Nordirak. Und wenn uns die "territoriale Integrität" mal nicht in den Kram passt, dann wird auf das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" hingewiesen. Nur halt nicht, wenn es Autonomie-Bewegungen sind, die wir nicht möchten. Wie die der Katalonen, oder die ab und zu mal leicht hochköchelnden Autonomiebestrebungen in Nord-Italien. Dann geht das natürlich nicht. Halt ganz so, wie es gerade in den Kram passt.
Kosovo war der Sündenfall und der hat die Russen mächtig angepisst und das haben sie sich wohl gemerkt. Wir haben da noch immer Besatzungstruppen, die seit 25 Jahren das Banditenkönigreich von Hashim Thaçi (und seiner Marionetten) aufrecht erhalten:
https://en.wikipedia.org/wiki/Hashim_Tha%C3%A7i
https://www.n-tv.de/politik/politik_kom ... 46066.html
Was für NOCH schlimmere Gestalten im Kosovo das Sagen hätten, wenn "wir" nicht "die Guten" wären? Man mag es sich nicht ausmalen wollen!
Die Russen werden sicherlich ähnliche Galgenvögel in Luhansk und Donezk installieren. Aber in der Russischen Kabinettssitzung von heute hat sich Putins Chef-Spion ja schon versprochen und (während er wie ein Schuljunge von Putin gemaßregelt wurde) hervorgestammelt, dass er dem Beitritt der "Republiken Donezk und Luhansk" zur Russischen Föderation zustimmt. Putin daraufhin: "So weit sind wir noch nicht. Hier geht es erst mal nur um deren Anerkennung!"
Aber es ist klar, wohin die Reise geht und dass das der Fahrplan zu sein scheint: Diplomatische Anerkennung, Besetzung ("auf Beistandsgesuchen reagiert"), total transparente (lol) Volksabstimmung und dann in Kürze "Beitritt zur Russischen Föderation". Wie gierig man da interpretiert, wo diese zwei "Republiken" aufhören und wo die Reste-Rampe ... äh ... Rest-Ukraine beginnt, ist noch offen.
Man hört dann aus verschiedenen Lagern auch, dass "die einzig richtige Antwort auf diese Aggression" wäre die "sofortige Aufnahme der Ukraine in die NATO" - ohne das sonstige Prozedere. Wie zum Beispiel, dass Länder, die derzeit in innere oder äußere Konflikte verwickelt sind, nicht aufgenommen werden dürfen. Aber DAS bekommen die halt auch nicht durch, denn es reicht, wenn ein einziges NATO-Mitglied dazu "Nein!" sagt.
Auf sich alleine gestellt und selbst mit massiven Waffenlieferungen wird die Ukraine nichts ausrichten können. Und solange die Russen keine Offensive auf Minsk starten, sondern "nur" (den Eindruck erzeugen), "defensiv ihre Volksgenossen beschützen", dann wird ein direktes Eingreifen des Westens nicht so leicht zu legitimieren sein, ohne selbst wieder ordentlich Porzellan zu zerschlagen. Die Risse im Putz sieht man ja schon jetzt deutlich in den sozialen Medien und es will keiner für die Ukraine über die Klinge springen.
Die NATO ist aber sicherlich bereit, jede Menge Ukrainer zu opfern. Thoughts and prayers, thoughts and prayers!
Ja, den Eindruck kann man durchaus bekommen. Der Westen hat sich immer nur so lange an Zusagen gehalten, wie es opportun war und dann wieder an der Eskalations-Spirale gedreht. Man erinnere sich an die AEGIS-Ashore-Batterien der USA in Polen und Rumänien?Herr Rossi hat geschrieben: ↑22.02.2022, 09:19Meine Interpretation daraus ist jedoch, dass die NATO hier ganz klar den Konflikt sucht, denn deren Strategen werden durchaus wissen, was sie damit herbeiführen und dass sie eine solche Aktion Russlands praktisch zwangsweise provozieren.
Die angeblich "zum Schutze Europas vor Iranischen Mittelstreckenraketen" installiert wurden?
Auf "The Warzone / The Drive" war vor einigen Jahren mal ein Artikel, der sich das genauer angesehen hat - unter Berücksichtigung russischer Kritiken an dem System. Und da wurde klar dargelegt: Die VLS-Schächte können alles aufnehmen, was ein US-Kriegsschiff sonst so mit sich führt. Von Anti-Air, Anti-Schiff bis hin zu Tomahawks und allem, an dem man sowieso arbeitet. Und die "reinen" Luftabwehr-Raketen vom Typ "Standard Missile" (SM-2 bis SM-6) sind alle dual-use und auch zum Angriff gegen Land- und Seeziele geeignet, sofern man damit leben kann, dass die nur kinetisch wirken oder verhältnismäßig weniger explosiv sind, als eine dedizierte Boden-Boden Waffe.
Die SM-6 hat von Polen und Rumänien aus Reichweite bis Moskau und könnte im Rahmen eines Erstschlages deren Kommando- und Kontroll-Strukturen aufs Korn nehmen und Radare oder wichtige Schlüsselstellen der Kommunikation zerdeppern.
Doch selbst wenn die bestehenden AEGIS-Ashore *derzeit* nur SM-2, SM-3, SM-4 und/oder SM-6 haben: Für den Verschuss von Tomahawks muss nur ein Modul in den Schaltschrank geklipst und die Software aktualisiert werden. Dann Tomahawks in die Schächte laden (gerne auch mit Atom-Sprengkopf) und ab geht die Luzie. Auch das war schon Kuba-Krise mit umgekehrten Vorzeichen, aber außer den Russen hat es niemanden interessiert.
Rechtfertigt all dies die nun laufenden Aktionen der Russen? Nö, sicherlich nicht. Wenn sie fertig sind (und es nicht NOCH weiter eskaliert), dann haben sie dennoch eine weitere direkte Grenze zur NATO mehr (wenn auch weiter westlich als vorher) und der Kalte Krieg und die Rüstungsspirale gehen in Neuauflage. Unterm Strich und auch wenn man es nicht gutheissen kann: Die Befindlichkeiten der Russen 20 Jahre lang zu ignorieren und "spiel nicht mit Schmuddelkindern" zu singen war möglicherweise nicht sonderlich clever.
Achtet mal darauf, was die Finnen und Schweden die nächsten Tage machen werden. Halten sie Wort und treten *jetzt* der NATO bei, oder war auch das nur heiße Luft? Auch interessant dürfte die Reaktionen der Visegrad-Staaten sein. Die baltischen Staaten und Polen (Ungarn eher weniger) dürften recht nervös reagieren. Kommt von der NATO kein Zeichen, dass man deren Existenzängste ernst genug nimmt, dann wird das Risse geben.